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„Zwischen Lückentexten und Lernspielen” – Ein Kommentar

Die “Welt” zog gestern ein Fazit unter die didacta und den Stellwert der Lehrer heute – ich empfehle den Artikel in voller Länge.

“Kläglich, ja beinahe bemitleidenswert…”

So beschreibt die “Welt” die Lehrer und hängt gleichsam betroffen den “Goldenen Zeiten” nach, als Lehrer noch in einem Atemzug mit dem Dorfpfarrer genannt wurden. Als würde sie nicht selbst an dem Bild feilen, dass sie so entsetzt beschreibt.

Die Welt nun echauffiert lästert kritisiert informiert über neue Lernmethoden und das gewohnt subjektiv objektiv.

Klar, mich hat die didacta auch nicht zu Freudensprüngen angeregt – zu kommerzialisiert und zu sehr von der Wirtschaft geprägt.

Aber – und da darf ich in einem Kommentar völlig subjektiv bleiben – mich nerven die Belehrungsversuche von Nicht-Lehrern über den Beruf ungemein. Wir sind nicht nur ein Land mit 82 Millionen Bundestrainern, sondern auch ein Land mit 82 Millionen Lehrern. Jeder war mal in der Schule, also weiß auch jeder wie es geht.

“Tauschen würde ich nicht wollen” bekomme ich häufig zu hören. Direkt gefolgt von einem Statement, wieso Lehrersein trotzdem überbezahlt, überprivilegiert und überhaupt total einfach sei. Ein Halbtagsjob eben.

Dabei muss man den Text der Welt nur zwei Minuten überschlagen, um sofort über den Unsinn zu stolpern:

Auf die Authentizität des Lehrers kommt es an, sein Rückgrat, seine Begeisterungsfähigkeit, nicht auf ein Sammelsurium vermeintlicher Innovationen.

Ohne Zweifel sind die genannten Aspekte wichtig. Ein Gegenbeispiel sei jedoch erlaubt:

Jürgen Klopp gilt ja gemeinhin als Meister der Motivation und Begeisterungsfähigkeit in Sachen Fußball – und gut aussehen tut er obendrein. Wir hingen während der WM 2006 an seinen Lippen und dachten alle: “Ja, so muss es mal einer erklären!” Nicht alle. Denn sein ehemaliger Spieler Michael Thurk schien irgendwann die Schnauze voll genug zu haben:

„Ach, dieses ständige Fröhlichsein, immer einen flotten Spruch draufhaben. Oder was er so in Mannschaftssitzungen sagt, die Art, wie er motiviert. Da schalte ich ab, weil ich das alles schon tausendmal gehört habe. Es hat sich abgenutzt“, sagte der Angreifer und betonte: „Vieles von dem, was er sagt, kann ich einfach nicht mehr hören.“

Und – ich bitte die ‚”Welt” um Verzeihung – ich muss nicht zum Fussballspielen motivieren, sondern zum Bruchrechnen, zu Stochastik und kinetischer Energie. Begeisterungsstürme sind da eher selten zu hören. Was den einen mitreißt und begeistert, empfindet der Nächste als ätzend. Und jeder Lehrer weiß, dass gerade die “Motivation” nur einen verschwindend geringen Einfluss auf den Lernerfolg der Schüler hat.

Die “vermeintlichen Innovationen” sind meines Erachtens notwendig. Wir können die nächsten Jahrzehnte Schule nicht mit einem Stück Kreide und einer Tafel planen und davon ausgehen, dass das schon passt. Einer der innovativsten Lehrer/Dozenten Deutschlands ist mit Sicherheit Christian Spannagel der zuletzt mit einem Vortrag über Methodenvielfalt zu beeindrucken wusste (unbedingt lesen!). So kann (Hoch-)Schule aussehen.

Gernot Herz hat sich dieses Artikels ebenfalls angenommen.

Abschließend passt wohl Herr Raus Kommentar am besten:

Tja, wie man’s macht, macht man es verkehrt.

Vorbei also die Goldenen Zeit. Obwohl: Heute werden Lehrer ja wieder gleichsam mit dem Dorfpfarrer genannt – und die tägliche Berichterstattung sagt uns einiges über diese “Goldenen Zeiten”.

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