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Urlaubslektüre

imageVon meinem neuen eReader bin ich immer noch begeistert. Seit einigen Tagen lese ich – zwar kein brandneues, aber sehr lustiges – Buch, dass dem ein oder anderen sicher bekannt sein dürfte: “Frühstück mit Kängurus” von Bill Bryson.
Der Autor dürfte vielen durch sein Buch “Eine kurze Geschichte von fast allem” bekannt sein – wer es nicht kennt: Unbedingte Kaufempfehlung!

“Frühstück mit Kängurus” beschreibt die Reise Brysons durch Australien und es macht so richtig Lust, das Land mal zu besuchen. Es strahlt Urlaub aus. All die Geschichten, Anekdoten und Begebenheiten Australiens  laden zu Mehr ein. Natürlich ist vieles überspitzt und völlig subjektiv beschrieben – damit muss man dann umgehen können. Das Buch entspricht mehr dem Reisebericht eines Bekannten, als einem objektiven Reiseführer.

Dazu kommt, dass das Buch irrsinnig komisch geschrieben ist. Der Autor pflegt einen recht trockenen Humor und ist nicht nur in der Lage, über sich selbst zu lachen, sondern sich in den abstrusesten Situationen plakativ als Lachnummer darzustellen. Und so etwas kann ich bei Menschen wirklich gut leiden!

Ein Beispiel: Bryson beschreibt, wie er nach langem Flug völlig erschöpft in Australien ankommt. [Und kurze Warnung: Nicht in der Öffentlichkeit lesen Winking smile]

Ein freundlicher Vertreter meines australischen Verlages machte mit mir, seiner Frau und seinen beiden kleinen Töchtern einen Tagesausflug mit dem Auto. Ich saß vorn auf dem Beifahrersitz und blamierte mich bis auf die Knochen.
Denn ich schlief ein. Glauben Sie mir, nicht aus Desinteresse oder mangelnder Wertschätzung, sondern weil der Tag warm und ich gerade erst angekommen war und mich zu einem unglücklichen und reichlich frühen Zeitpunkt der Jetlag übermannte. Hilflos sank ich in ein Koma.
Leider bin ich kein diskreter, reizender Schläfer. Die meisten Leute, die einnicken, sehen aus, als könnten sie eine Decke gebrauchen; ich, als brauchte ich ärztlichen Beistand. Als hätte man mir aus Experimentiergründen ein starkes, Muskel entspannendes Mittel gespritzt, fallen meine Beine in einer grotesk einladenden Weise auseinander; meine Arme hängen affenartig bis zum Boden. Alles, was in mir ist – Zunge, feuchte Luftbläschen aus meinem Darm –, beschließt zu entweichen. Wie bei einem Wackeldackel kippt mein Kopf von Zeit zu Zeit nach vorn, ein Viertelliter zähflüssigen Sabbers ergießt
sich auf meinen Schoß, dann fällt mein Kopf wieder nach hinten, und ich lade mich geräuschvoll auf wie ein Klo-Spülkasten. Dazu – ich kann nicht anders – schnarche ich lautstark wie eine Trickfilmfigur und stoße aus gummiartig flappenden Lippen ausgiebig Dampf aus.
Lange Phasen bleibe ich unnatürlich ruhig, sodass die Zuschauer sich besorgte Blicke zuwerfen und über mich beugen, dann versteife ich mich dramatisch und beginne nach einer schier endlosen quälenden Pause mit dem ganzen Körper zu zucken und zu zappeln, als läge ich auf dem elektrischen Stuhl, kurz nachdem der Schalter umgelegt worden ist. Zum Schluss kreische ich ein-, zweimal gellend und tuntig und wache auf. Nur um festzustellen, dass in einem Umkreis von einhundert undfünfzig Metern alles menschliche Treiben zum Erliegen gekommen ist und sich sämtliche Kinder unter acht an die Rocksäume ihrer Mütter klammern. Es ist ein schweres Los.
Ich habe nie erfahren, wie lange ich damals in dem Auto geschlafen habe, aber kurz war es nicht. Ich weiß nur, dass ein bleiernes Schweigen in der Luft hing, als ich wieder zu mir kam – eben die Art Schweigen, das Menschen überkommt, die in ihrer Heimatstadt einen zusammengesackten, zuckenden Haufen von einer Sehenswürdigkeit zur anderen karren und er sie keines Blickes würdigt.
Einen Moment völlig unsicher, wer diese Leute waren, glotzte ich in die Runde, räusperte mich und hievte mich in eine aufrechtere Haltung.
»Wir haben gedacht, dass Sie vielleicht ein wenig zu Mittag essen wollen«, sagte mein Stadtführer leise, als er sah, dass ich fürs Erste meine dringenden Ambitionen aufgegeben hatte, seinen Wagen mit Spucke zu überschwemmen.
»Das wäre sehr schön«, erwiderte ich mit dünnem, demütigem Stimmchen und entdeckte zugleich mit einem mir vertrauten inneren Entsetzen, dass sich, während ich geschlummert hatte, offenbar eine Vierhundertpfundfliege über mir erbrochen hatte. In dem Versuch, die Aufmerksamkeit von dem unnatürlich feuchten Glanz auf mir abzulenken und gleichzeitig mein Interesse an der Stadtrundfahrt wieder kundzutun, fügte ich fröhlicher hinzu: »Ist das immer noch die Neutral Bay?«
Ich vernahm einen unwillkürlichen kurzen Japslaut, wie er einem entfährt, wenn ein Getränk den falschen Weg nimmt, und dann mit einer gewissen gezwungenen Artikuliertheit: »Nein, das ist Dover Heights. In Neutral Bay waren wir –« Eine Sekunde Pause, damit mir die Bedeutung dieser Aussage auch ganz klar war: »Vor einer ganzen Weile.«

Ein tolles Buch – und genau richtig vor dem Hochsommer!
Nächstes Jahr will ich nach Australien Smile

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5 Gedanken zu „Urlaubslektüre“

  1. 🙂 Ich liebe Bill Bryson.
    Ich muss unbedingt dieses Buch lesen. Übrigens wollten wir noch eine Rezension schreiben über ein wahnsinnig tolles Buch von ihm 🙂 Ich hoffe du erinnerst dich ^^

  2. Lese immer mal wieder sporadisch hier rein, da ich Lehrerblogs sehr unterhaltsam finde ( a) sie erinnern mich an die eigentlich doch ganz gute Schulzeit, b) sie bestätigen mich darin, kein Lehrer geworden zu sein *g*), aber jetzt muss ich doch mal kurz einen Kommentar hinterlassen. 🙂

    Bryson ist ein großartiger Autor. „Frühstück mit Känguruhs“ halte ich für eins seiner besten Bücher – wie schon gesagt ist es kein objektiver Reisebericht, aber es unterhält und ist urkomisch. Nicht nur die zitierte Passage, auch die ganzen Anekdoten und historischen Ereignisse sind wunderbar (ich habe ja ein Faible für die Urameisen-Geschichte und die diversen Erlebnisse im Outback auf den ewig geradeaus führenden Straßen).

    Definitiv auch zu empfehlen ist natürlich „Reif für die Insel“ (hach ja, die Engländer) und das Buch über Shakespeare (von mir bereits mehrmals verschlungen, da es nicht vorgibt, mehr über Shakespeare zu wissen als eigentlich möglich, dafür aber dessen Zeit sehr schön beleuchtet). Ausgerechnet „Eine kurze Geschichte von fast allem“ hab ich noch nicht gelesen, aber kommt noch. 🙂

    Ähm ja, schön, dass Bryson hier in D auch mal etwas Liebe bekommt!^^

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