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Kraftwerk? Ich bin auf jeden Fall dagegen.

Durch die entsetzlichen Geschehnisse der letzten Tage ist die Diskussion um die Atomkraftwerke neu entflammt. Und während ich meinem Physikkurs alltagsbezogene Fragen auch am Wochenende zumaile (“Was hat es mit den Jod-Tabletten auf sich, die ständig erwähnt werden?”), beobachte ich besorgt die neu aufkommende Diskussion über das Für und Wider von Atomkraft.

Viele Menschen sind gestorben. In Tschernobyl. Nun in Fukushima. Und viele Menschen sind krank geworden. Durch Tschernobyl. Und vermutlich auch in den nächsten Jahren durch Fukushima.

Kraftwerk? Ich bin auf jeden Fall dagegen. 1Oft vergessen wird aber, dass auch durch Kohlekraft Menschen sterben. Eine Menge Menschen. Nur in China sind das rund 6000 Bergleute pro Jahr. Seit 1949 sind dort über 250000 Tote Bergleute verzeichnet. Die Dunkelziffer dürfte höher liegen. Dazu kommen Folgeschäden durch Kohlebrände, Smog etc.
In der Ukraine sind seit 1991 knapp 4000 Bergleute gestorben. Indien? Sibirien? Kolumbien? Keine Orte, an denen ich gerne Bergmann wäre.

Als Physiker bin ich ein Anhänger der Kernfusion – allerdings bemühen sich die Grünen gerade, diese Technologie zu begraben. Es seien bis 2020 schließlich schon 6 Milliarden Euro in die Forschung und Entwicklung geflossen – ein “Milliardengrab”.
(Um die Kosten besser einzuschätzen: Über 1 Milliarde Euro haben die Eurofighter gekostet; etwa 36 Milliarden Euro kostet der Krieg ‘kriegsähnliche Zustand’ in Afghanistan. 7,6 Milliarden Euro kassierte die GEZ im Jahr 2009. Flappsig formuliert: Wir könnten uns zehn Jahre intensive Kernfusionsforschung leisten, wenn wir ein Jahr auf das “Musikantenstadl” und “Wetten Das…!?” verzichten würden…)

Mir fällt vor allem eines auf: Diese Diskussion ist weit, weit größer, als das ich mit meinem Sachverstand ein vernünftiges Urteil abzugeben imstande wäre. Leider fehlt mir im Moment jedoch das Vertrauen, um die Ratschläge und Argumente einzelner Politiker/Gruppen/Parteien wirklich ernst zu nehmen.

Geht das nur mir so?

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8 Gedanken zu „Kraftwerk? Ich bin auf jeden Fall dagegen.“

  1. ich bin auf jeden fall dagegen? Warum weiss ich nicht. Ich bin Geisteswissenschaftler (Nichtswisser und daher auch nie Telefonjoker) und argumentiere also diffus… und es wuerde mich brennend interessieren, das physikalisch besser zu verstehen, aber in Physik hatte ich (fast) ne 5…

    Also: Ich finde eine Technologie fragwuerdig, deren Folgen nicht absehbar ist. Ja, das gilt fuer eine Menge (vielleicht jede) Forschung und ist daher zu pauschal. Aber etwas positiv (fuer Energie) zu nutzen, was andere als Bombe gebrauchen koennten ist doch sehr fragwuerdig. Und sind deine Beispiele (Kohle) nicht ganz einfach zu aendern, in dem man Arbeitsbedingungen schafft, die sicher und sauber sind (soweit moeglich)?

    Auf jeden Fall geht diese Diskussion nicht an Profitgier und Verzicht vorbei… wir sollten uns beschraenken, was unseren Stromverbrauch angeht. Wir sollten uns Sicherheit und Nachhaltigkeit etwas kosten lassen und Wetten Dass dafuer gerne abschalten. Dabei ist ein Beitrag der Kernphysik erwuenscht, wenn moeglich…

    Und zu Herrn Bell: Ich bin defnitiv auch Belljuenger. In dem Clip wirft er fuer mich nur Fragen auf, die wir uns dringend stellen muessen. Ich finde das nicht schlimm. Alles was ich bisher von ihm gelesen habe ist besser als manch anderes auf dem frommen Markt. Ich bin mir sehr sicher: Der Dalai Lama wird in den Himmel kommen. Bin ich Allversoehner? Vielleicht – jedenfalls finde ich den Gedanken einer umfassenden Versoehnung inspierirend und keinesfalls billig! (Ganz im Gegenteil)

    Gestern eine spannende Zeile gelesen (in den Phoenix Affirmations) – sinngemaess heisst es da: Wir bitten um Vergebung fuer jede Begegnung wo wir es nicht geschafft haben Gottes Liebe und Gnade zu vermitteln und stattdessen mit Gericht oder Hoelle drohen…

    Ich frage mit Bell: Warum kriegen wir die Liebe nicht vermittelt? Und ich freue mich, dass er es versucht!
    Matze

  2. Wenn Julius Cäsar Kernkraftwerke gehabt hätte, um Licht, Heizung und andere Dinge elektrisch zu betrieben, müssten wir heute immer noch seine Endlager mit hochstrahlendem Müll beaufsichtigen.
    Tolle Technologie. Ich bin Dipl.-Ing. und mir ist das Risiko zu hoch. Wenn ich mir anschaue, was in Japan passiert, ist mein Eindruck, dass die Risiken systematisch ausgeblendet worden sind – ist ja nichts passiert, was regen sich die Leute so auf. Jetzt passiert etwas. Was sagt Rüttgers – der für Reaktorsicherheit zuständige Bundesminister: das mit dem Restrisiko scheint irgendwie ganz anders zu sein, als er das bisher wahrgenommen hat.
    Ich wohne in Philippsburg. Hier hat die EnBW jahrelang gegen die Betreiberrichtlinien verstoßen, um ein paar Tausender zu sparen. Im Notfall hätte die Kühlung dadurch nicht ganz so effektiv funktioniert. Was sagte der damalige EnBW-Chef: Ist ja nichts passiert – was regen sich die Leute so auf.
    Wenn Philippsburg I von einer unbewaffneten Cessna getroffen wird (die Einflugschneise des Speyerer Flughafens liegt gleich nebenan) wird das Kraftwerk evtl. undicht. Heidelberg, Mannheim, Ludwigshafen und Karlsruhe liegen in der Nähe. Diese Städte werden nicht mal eben evakuiert werden können.
    Bergwerke in der Ukraine könnten prinzipiell sicherer gestaltet werden. Kernkraftwerke sind komplexe großtechnische Anlagen, die immer ein gewisses Restrisiko beinhalten werden. ‚Natürliche‘ Einflüsse kommen erschwerend hinzu.

    1. Kein Widerspruch.
      Vielleicht ist es nur mein Empfinden, aber mir wird die Kohlekraft in den Medien zu fröhlich dargestellt. Allein durch den CO2-Ausstoß und die damit verbundene Klimaerwärmung sorgen wir für Naturkatastrophen, Dürreperioden und Hungersnöte ungeahnten Ausmaßes.
      Wir haben doch hier im Grunde nur ein Problem: Wir wollen nicht auf unseren Lebensstandard verzichten. Und da kümmern uns weder unsere eigenen Nachfahren, noch die Menschen in Afrika/Südamerika/Asien.

  3. Ich glaube, dass die Frage nach der Atomenergie weder eine technische noch eine betriebswirtschaftliche ist. Die Frage ist also weder „Ist es machbar (was es ist)?“ noch „Ist der Ausstieg finanzierbar und betriebswirtschaftlich sinnvoll (ersteres vermutlich, letzteres weiß ich nicht)?“… er beschränkt sich für mich auf die ethische Frage: Dürfen wir bei einer Technologie, die nicht nur uns selbst um die Ohren fliegen kann (wie jedes andere Kraftwerk auch) auch nur das geringste Risiko dulden?

    Ich meine eher nein, da Strahlung auch Generationen später Auswirkungen hat. Und da wird’s ganz vertragt: Dürfen wir den – noch nicht mal in Entstehung begriffenen – Kindern das antun? Und diese Frage kann ich für mich nur mit Nein beantworten.

    Aber auch ich bin ein Fan der Kernfusion und halte sie für finanzierbar. Und auch ich stehe der Debatte mit sehr gemischten Gefühlen gegenüber und weiß nicht Recht, ob ich mich freuen oder heulen soll angesichts eines „Moratoriums für die Laufzeitverlängerung“, obwohl unsere Kraftwerke doch im letzten HErbst noch „sicher“ waren. Hat das Erdbeben also nicht nur zu einer Verschiebung von Japan (um 2 m), sondern auch zu einer Verschiebung der politischen Maßstäbe geführt?

  4. „Als Physiker bin ich ein Anhänger der Kernfusion“

    Wieso muss man als Physiker anhänger der Kernfusion sein?
    Ich bin Biologie, muss ich deshalb Gentechnik gutfinden?
    Das versteh ich nicht. Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun.

    Gruß,
    Winni.

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