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Die guten Lehrer 2/2

In Schweden wurde unlängst ein spannendes TV-Experiment durchgeführt: Acht Superpädagogen haben sich aufgemacht, eine der schwächsten Klassen des Landes fünf Monate zu unterrichten.

Der Auftrag an die Lehrerstars lautet, die 9a zu einer der drei besten Klassen des Landes zu machen. Innerhalb von fünf Monaten. Und mit nichts als pädagogischem Geschick. Die Lehrer erhalten keinen Cent zusätzlich, keine besseren Arbeitsbedingungen. Im Gegenteil: Ein Fernsehteam dokumentiert ihren Erfolg. Oder ihr Scheitern.

imageWenn ich an meine eigene Schulzeit auf dem ehrwürdigen Kaiser-Karls-Gymnasium zurückdenke, sind mir eine ganze Menge Lehrer in guter Erinnerung geblieben.

Mein Bio-Lehrer zum Beispiel fragte uns regelmäßig vor den Zeugnissen, welche Note wir uns selbst geben würden. Und warum. Diese Art der Selbsteinschätzung mochte ich sehr. Bei meinem Physiklehrer habe ich nie den Eindruck gehabt, wir hätten Unterricht gemacht. Ich kann mich kaum daran erinnern, dass wir überhaupt etwas gemacht haben. Und trotzdem weiß ich noch wahnsinnig viel. Wir haben viel gelernt, geforscht, experimentiert. Aber was das für eine Art Unterricht war ist mir bis heute ein Rätsel. Als ob er uns heimlich etwas beigebracht hätte, während er vorne nur Geschichten erzählt hat. Oder so.

Am intensivsten erinnere ich mich noch an meinen Deutschlehrer. Als ich vor den Sommerferien erfuhr, dass wir ihn als neuen Lehrer bekommen würden, waren die Ferien im Eimer. Angeblich war er total streng und niemand mochte ihn augenscheinlich. Er führte ein System vom mündlichen Noten ein, die wir Monat für Monat bekamen. Nie habe ich einen Lehrer gehabt, der so transparent und so energisch Schüler gepusht hat. Wirklich toll.

Der Weg für die schwedischen Schüler war hart:

Eltern begehren auf, die Anforderungen seien zu hart – Schüler schluchzen und Lehrer blicken in Bagründe des Nichtwissens, der Mutlosigkeit. Wochenlang kämpfen die Superlehrer gegen die Überzeugung, dass die Schüler der 9a niemals etwas anderes sein können als Verlierer.

[…]

Vor Weihnachten schließlich die großen landesweiten Tests, die Entscheidung über das Experiment. Es herrscht Fassungslosigkeit: Die 9a hat sich tatsächlich zur drittbesten Klasse des Landes emporgekämpft. Stavros Luca hat sie gar mit Abstand zur besten Mathematik-Truppe ganz Schwedens gemacht.

Die guten Lehrer 2/2 1Das beeindruckt. Und weckt in mir den Hunger nach mehr. Ich will mehr sein, als nur der “erinnerst du dich noch an den Klinge damals?”, mehr sein, als einer jener Lehrertypen, die der SPIEGEL oder die BRAVO Jahr für Jahr karrikieren.

Ich will inspirieren. Fachwissen vermitteln. Mit verschiedenen Methoden den Unterricht abwechslungsreich gestalten. Den Stoff didaktisch aufbereiten. Transparent sein. Streng sein. Gerecht sein. Nett sein. Vorbild sein. Beraten. Motivieren. Spaß haben. Ergeiz wecken. Das Beste aus den Schülern rausholen. Lehrer sein.

Aber was ist am Ende wirklich relevant? Und vor allem – was ist mein Ziel?

Will ich maximale Ergebnisse haben? Will ich erreichen, dass die Schülerinnen und Schüler zu mündigen Bürgern werden? Sollen sie “ihren Weg finden” können?

Dabei ist ganz spannend, dass der Artikel in der GEO auch durch seine differenzierte Betrachtungsweise gefällt. Es wird fundiert dargelegt, dass viele Forderungen nach einer Verbesserung des Bildungssystems nur wenig Einfluss auf die Leistung haben. Ob Geld, kleinere Klassen oder Schulform. Nichts ist so einfach, dass es in einen BILD-Artikel passen würde.

Schon gar nicht die Frage: Was ist ein guter Lehrer?

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5 Gedanken zu „Die guten Lehrer 2/2“

  1. Das mit deinem Physiklehrer finde ich spannend, da will ich nochmals nachfragen: Was hat er denn nun anders gemacht: Viel experimentieren lassen, oder nur gut strukuriert? Wie war sein Unterricht? (Bin nicht ganz uneigennützig in meiner Frage, bin ja selbst Physiklehrer.)

    Und die Geo-Ausgabe habe ich mir auch gekauft. Wirklich beeindruckend.
    LG Martin

    1. Das ist ja das schlimme: Ich kann mich kaum erinnern. Das war aber schon direkt nach dem Abitur so – und ging auch meinen Mitschülern ähnlich. Irgendwie wußte keiner so genau, was wir da eigentlich die ganze Zeit taten – aber ich weiß, dass wir schließlich in der Quantenphysik gelandet sind, also werden wir schon ordentlich gearbeitet haben… *g*

      Ich werde mal versuchen, ob ich ihn irgendwann interviewe 🙂

  2. Pingback: the good, the bad and the ugly… | gleich8

  3. „Ich will inspirieren. Fachwissen vermitteln. Mit verschiedenen Methoden den Unterricht abwechslungsreich gestalten. Den Stoff didaktisch aufbereiten. Transparent sein. Streng sein. Gerecht sein. Nett sein. Vorbild sein. Beraten. Motivieren. Spaß haben. Ergeiz wecken. Das Beste aus den Schülern rausholen. Lehrer sein.“ (Zitat aus deinem Beitrag)

    Vielen Dank für diese super Zusammenfassung, da kann ich dir nur 100%ig zustimmen! Nur leider konnte ich das bisher nicht so genau formulieren und fand, dass ist einfach zu unstrukturiert gesagt, wenn ich das so überlegte..
    Problem ist nur, wie du ja sagtest… was ist das Ziel, auf dass man hinarbeitet?
    Wie kann ich meine Vorstellungen erreichen, ohne im Burn-out zu landen?
    Schade, dass ich den Geo-artikel nicht gelesen habe.

  4. Ein Advocatus Diaboli könnte an dieser Stelle die Frage formulieren: Was ist das Motiv, solch ein inspirierender, begeisterungswürdiger Superlehrer sein wollen? (Oder präziser formuliert das Motiv hinter dem vordergründigen Motiv.) Wer von den Beteiligten hätte davon den größeren Nutzen?

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