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Darf man als Lehrer auch Mensch sein?

Darf man als Lehrer auch Mensch sein?
Diese Frage stelle ich mir manchmal. Zum Beispiel wissen fast alle meine Schüler, dass ich Fan von Borussia Dortmund bin. Und schon fast traditionell trage ich nach dem Gewinn der Meisterschaft einige Tage das BVB-Trikot über unter meinem weißen Hemd. Das freut einige Schüler, andere regt es auf. Ganz sicher ist es eine kleine Ablenkung vom Unterricht.

Außerdem trage ich hin und wieder Nerd-Shirts, also T-Shirts mit abgedrehten Anspielungen, unverständlichen Scherzen und dergleichen. Mittwochs ist mein Nerd-Tag. Auch dies sorgt mancherorts für Freude, auf jeden Fall aber für leichtes (besorgtes?) Grübeln.

2012-04-23 15.13.34

In meinen klaren Momenten zwischendurch frage ich mich, welche Wirkung das auf die Schülerinnen und Schüler macht. Wenn ich an meine ehemaligen Lehrer denke, dann erinnere ich mich tatsächlich vor allem an jene Lehrer, mit denen ich irgendeine Geschichte verbinde. Mein Englisch-Lehrer in der Unterstufe zum Beispiel war Mönchengladbach-Fan, an seinen Namen kann ich mich dagegen nicht mehr erinnern.

Als negativ ist sicher zu nennen:

  • Diskussionen über das Pro und Contra von Borussia Dortmund bzw. dem Witz des T-Shirts
  • ganz allgemein eine Ablenkung vom Unterricht
  • …?

 

Positiv fiele mir ein:

  • die Schüler lernen mich als Menschen kennen, nicht als Roboter, der nur in der Schule lebt und arbeitet
  • eine Horizonterweiterung, wenn man plötzlich über den Doppler-Effekt oder Schrödingers Katze spricht
  • mehr BVB-Fans in der Welt: Denn was ich geil finde, müssen die Schüler natürlich auch geil finden 😀
  • …?

 

Wie handhabt ihr das? Dürfen alltägliche Spleens bei euch in den Unterricht? Oder anders: Empfindet ihr Lehrer als positiver, wenn sie sich mit ihren Hobbies zurückhalten?

 

[Das T-Shirt übrigens ist eine Anlehnung an die Serie “The Big Bang Theorie”, in der von den Hauptfiguren (genialen Physikern und Star-Trek-Fans) eine Abwandlung von Stein, Schere, Papier gespielt wird: ‘Stein, Schere, Papier, Echse, Spock’. Dabei gilt:
”Schere schneidet Papier, Papier bedeckt Stein, Stein zerquetscht Echse, Echse vergiftet Spock, Spock zertrümmert Schere, Schere köpft Echse, Echse frisst Papier, Papier widerlegt Spock, Spock verdampft Stein und wie gewöhnlich: Stein schleift Schere.”]

8 Gedanken zu „Darf man als Lehrer auch Mensch sein?“

  1. Natürlich muss der Lehrer Mensch sein, da sonst die Beziehungsebene nicht erreicht wird.
    Ich meine damit nicht, dass die Kids wegen der Lehrkraft lernen. Vielmehr müssen sie erfahren, dass die LehrerInnen durchaus Menschen sind und auch menschlich reagieren, nicht nur objektiv, bei allem Bemühen. Bei mir geht das nicht über BVB oder FCB, es geht über Fahrrad und Umweltschutz.

    1. Ja, diese Einsicht teile ich.
      Vielleicht gehört dazu auch die Erfahrung seitens der SchülerInnen, dass – bei aller Liebe zum Fach – zwischendurch auch Platz für andere Dinge ist. Nicht ständig, aber hin und wieder.

      1. Der Lehrerberuf hat sich immens verändert. Ich kann das nach 40 Jahren Arbeit sagen.
        Lehrer, die als Menschen nicht greifbar sind, die nur Wissen vermitteln und qua Noten Druck ausüben, sind mittlerweile langfristig zum beruflichen Scheitern verurteilt. Wie immer sich das auch manifestieren mag.

  2. In der ersten Stunde zum Thema „Flächenberechnung am Kreis“ in der 9. Klasse trug ich das Pi-Shirt aus dem Mathematikum. Am Ende der Stunde fragte ein Schüler vorsichtig, ob ich das Shirt absichtlich heute tragen würde. Als ich in der darauffolgenden Stunde mit der Pizza-Formel (pi*z*z=A) startete, hielt er mich dann wohl für komplett verrückt. 😉
    Ich finde, als Lehrer kann man gelegentlich solche T-Shirts tragen, denn sie zeigen, dass man auch Spaß an seinem Fach und darüber hinaus hat. Ab und zu tragen Schüler auch ganz interessante Shirts („Ich hasse Hausaufgaben“ war das direkteste…), die ich als Aufhänger für meinen Unterricht nehme (Wer von euch ist der gleichen Meinung? Wie viel Prozent sind das?…).

  3. Ich selbst bin kein Lehrer, sondern selber noch Schüler.
    Aber aus meiner Erfahrung kann ich nur sagen, dass der Unterricht mit Lehrern, die auch mal ihre Hobbys durchscheinen lassen, meist bedeutend angenehmer ist. Das hat nicht unbedingt mit den Hobbys zu tun, sondern einfach, dass diese Lehrer meist auch in anderen Hinsichten menschlicher wirken. Es macht mehr Freude, in einer angenehmen Atmosphäre zu lernen und zu denken und man fühlt sich wohler, wenn die andere Seite auch wie ein Mensch wirkt und auch mal Spaß macht 😉

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