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“Lerntheke spielen”

Wann immer ich etwas zur Ruhe komme, wird mein Geist kreativ. Ich suche mir Projekte, auf die ich mich stürzen und in denen ich mich austoben kann. Früher sind das Hörspiele gewesen, die ich mit Freunden zusammen produziert habe. Inzwischen liegt der Fokus mehr auf Schule und Unterricht. Aber ich will am Anfang beginnen.

Ein sehr großer Teil meines Unterrichts wird durch sogenannte Lerntheken begleitet. Dabei stelle ich den Schülern eine Umgebung zur Verfügung, in der sie unterschiedliche Aufgaben vorfinden, um ihre Fähigkeiten zu erweitern oder zu verbessern. Unterschiedliche Niveaus. “Lerntheke spielen” 1Unterschiedliche Sinne und unterschiedliche Kompetenzen werden dabei angesprochen. Die Aufgaben sind meist in Form von A5-Karteikarten zu finden, auf denen Instruktionen, Schwierigkeitsgrad etc. zu finden ist.
Das klappt außergewöhnlich gut – und den allermeisten Schülern gefällt diese Form des Arbeitens sehr. Sie arbeiten sich durch die Stationen (Lösungen sind meist auf der Rückseite zu finden) und wissen sich gut vorbereitet – meine Aufgabe als Lehrer besteht nur noch darin, Hilfestellungen zu geben und für Ruhe zu sorgen.
Ein Merkmal guten Unterrichts ist ein hoher Grad an Schüleraktivität. Platt gesagt: Wie viel Prozent der Schüler schlafen?
Und tatsächlich ist der Grad der Schüleraktivität bei der Arbeit mit Lerntheken enorm hoch. Obwohl ich mich für einen großartigen und lustigen Redner halte, merke ich sofort, dass knapp ein Drittel der Schüler einem klassischen Lehrervortrag nicht länger als zwei Minuten folgen will oder kann. Also nehme ich mich mehr und mehr zurück und lasse die Schüler arbeiten.

Soviel zum Unterricht.

Obwohl ich Gesellschaftsspiele hasse, habe ich in meiner Jugend viele Erfahrungen u.a. mit dem Sammeln von Kartenspielen gemacht. Und was fällt auf?
imageGenau – die Karten ähneln meinen Lerntheken sehr und haben dazu ein themenzentriertes Design. Die X-Files-Karten sehen aus wie Fallakten des FBI, Star Trek Karten sind eher technisch angehaucht, die vom Herrn der Ringe eher mit Fantasyornamenten verziert.
Es gibt Symbol und Titel oben, ein Bild und Text darunter – dazu irgendwelche Werte am Fuß der Karte. Nun…

Könnte..?

Ich meine..?!
Ich bekomme den Gedanken nicht aus dem Kopf, meine Lerntheken um ein spielerisches Element zu erweitern. imageEinfach.. aus Spaß. Vielleicht um eine Geschichte zu erzählen? Oder um den Sammeltrieb anzufachen?
Millionen Menschen spielen FarmVille oder die Sims oder ähnliche Aufbauspiele – und mir gefällt der Aspekt des Sammelns.
Statt den “Pflichtstationen 1-15” könnte man zur Aufgabe machen, Punkte zu sammeln. Einfache Karten geben weniger Punkte als schwere.
Und obwohl ich sicher bin, dass die meisten meiner Leser meinen Georg Simon Ohm auf der Karte erkannt haben (ich hatte in Kunst immer ein “hat sich bemüht”)  – vielleicht besser gezeichnete  themenorientierte Bilder? Info-Karten mit einem jeweils anderen Bild als mathematische Karten oder Experimentier-Stationen. Die Lösungen in Form von QR-Codes als technischer Spielerei. Vielleicht bieten die QR-Codes auch Schnipsel oder Passworte um auf einer Webseite wer-weiß-was zu entdecken?
Aber mir fehlt noch die letzte Idee, wie man daraus ein Spiel machen kann. Vielleicht nicht für alle – aber für jene, die es wollen.

Über Ideen, Anregungen und Perspektiven freue ich mich in den Kommentaren.

27 Gedanken zu „“Lerntheke spielen”“

  1. Da ich ja im Sammelkartengroßhandel arbeite, würd ich mich um den Vertrieb kümmern B-)
    Aber klingt wirklich cool – das hat ja auch Wiedererkennungswert, da nachwievor viele Jugendliche Trading Card Games spielen oder zumindest kennen.

  2. Hi,

    Da muss ich grad an mein Bücherregal denken – meine Bücher haben zwar nix mit Schule zu tun, aber schon mal „Training from the back of the room“ gelesen? Und bezüglich der Karten und Spieleelemente – das ist im Moment ja furchtbar in, das Stichwort „Gamification“ bringt beim googlemail eine Menge spannender Seiten zum Vorschein.

    Gruß, Juliane

  3. Hallo Jan-Martin,
    zuerst mal: deine Lerntheken klingen spitze und sehen toll aus! Ich hab mir sofort deine Vorlage kopiert. Danke fürs Onlinestellen!
    Mit der Idee, sie noch spielerischer zu verwenden, liegst du ja auch voll im Trend – Stichwort „gamification“. Ich probiere auch gerade öfter mal so was aus. Verblüffend gut funktioniert hat vor kurzem mal die einfache Idee, die Aufgaben höherer Schwierigkeit erst nach und nach rauszurücken, nämlich wenn die Schüler „das vorige Level geschafft“ hatten. Allein diese Spiele-Terminologie und die Neugier auf das nächste „Level“ hat bei vielen Schülern die Motivation erhöht, war mein Eindruck.
    QR-Codes habe ich im Unterricht noch nicht eingesetzt, aber schon privat bei einer Weihnachtsschatzsuche für meine Frau. Kam sehr gut an – und bei Schülern sicher auch. Kann man sich heutzutage schon darauf verlassen, dass die alle Smartphones mit entsprechender App haben?
    Übrigens hatte ich genau die selbe Idee mit unterschiedlichen Punktzahlen für unterschiedliche Aufgaben, habe sie dann aber erstmal wieder verworfen. Ich habe Angst, dass das in eine Phase, die noch zum Lernen und Üben gedacht ist, zu viel Leistungsmessung und Kompetitivät reinbringen könnte. Oder was meinst du?

    1. Hallo,
      freut mich, dass dir das Design zusagt 🙂
      Die Idee mit dem „nach-und-nach“ klingt einleuchtend, hat jedoch leider einen gravierenden Nachteil: Ich brauche deutlich mehr Material. Bisher verteilen sich 30 Kinder auf alle Stationen gleichermaßen – die leistungsstarken nehmen oft sofort die schwierigen Aufgaben. Wenn ich einem ‚aufleveln‘ folge, muss ich eine sehr breite Basis bilden, die sich nach oben hin verjüngt.
      Aber vielleicht könnte man beides miteinander kombinieren und noch außerhalb der bestehenden Reihe ganz besondere Stationen/Belohnungen erschaffen? Erst, wenn man soundsoviele Punkte gesammelt hat, gibt es eine Belohnung/diese Bonuskarten/…ja, was eigentlich??

      Zumindest in meinen Klassen sind iPod Touch bzw. Android-Handy sehr verbreitet. Muss ja auch nicht jeder haben, zur Not habe ich es als Lehrer. Das Handy könnte ablenken, vielleicht lernen die Schüler aber auch, das Gerät als Werkzeug zu betrachten.

      Die Leistungsmessung erachte ich (bei mir) nicht so sehr als Problem. Ich lasse meinen Schülern weitestgehend freie Hand beim Erarbeiten der Lerntheken. Ich überprüfe nicht, wer was in welcher Zeit geschafft hat – die Motivation zum arbeiten muss von ihnen selbst kommen – und bei den allermeisten klappt das auch. Entsprechend würde ich solche „Belohnungsstationen“ auch rein optional halten: Wer keinen Bock auf „spielen“ hat und nur die Stationen durchpauken möchte, der soll das gerne tun.

  4. Ich finde die Idee richtig witzig. Das mit dem Punkte-sammeln ist halt für physikalische Nieten wie mich nicht gerade anziehend, denn wer will auf der High-Score schon hinten sein?
    Bei meinen Quartetts gab es früher immer eine Trumpfkarte, noch so als Anregung.

    Aber vllt. bieten sich die QR-Codes an, um Lösungstipps oder Anekdoten etc. zu verbraten. Geschichten helfen ja auch oft, sich andere Zusammenhänge besser merken zu können.

    Ich bin gespannt, was daraus wird.
    Da bräuchte ich als Lehrer natürlich auch noch ein neues Handy 😉

    1. 🙂
      Eine „öffentliche“ Rangliste würde es – aus den genannten Gründen – tatsächlich nicht geben.
      Ich hatte schon überlegt, die Übersichtstabelle (Welche Station hast du schon geschafft) in eine neue Form zu bringen. Vielleicht eine Art „Malen nach Zahlen“. Für Jede Station darf man einen Teil des Bildes ausmalen – das könnte in den unteren Klassen ganz gut sein.

  5. Ich finde die Idee super. Allerdings solltest du bei den QR-Codes eine Alternative für die Schüler in der Hinterhand haben, die doch noch kein Smartphone haben, um diesen auch einen Anreiz zu bieten.
    Ein Vorschlag als komplette alternative zu den Codes: Wer eine gewisse (nicht allzu niedrige, aber doch erreichbare) Punktzahl gesammelt hat, bekommt einen Hausaufgabengutschein für dein Fach. Keine Hausaufgaben machen zu müssen, ist immer ein guter Anreiz und wer eine gewisse Punktzahl erreicht hat, ist in dem Themengebiet so sicher, dass er vielleicht auch einmal auf die Hausaufgaben verzichten kann, ohne in ein Leistungsdefizit zu geraten.

    1. In den unteren Klassen hast du sicher recht – bisher drucke ich die Lösung einfach auf die Rückseite, das klappt auch recht gut (ist aber nicht so geheimnisvoll).

      Das mit den Hausaufgaben ist grundsätzlich eine gute Idee – funktioniert nur bei mir nicht, weil ich keine Hausaufgaben aufgebe. 🙂
      (Vielleicht blogge ich mal über den Sinn und Unsinn von Hausaufgaben..)

  6. Hey,

    im Kopf habe ich schon ein ziemlich cooles Spielkonzept. Das tipp ich mal runter und poste es hier wenn ich dafür Zeit finde (Wahrscheinlich am Wochenende).

    Grüße

  7. Hi Jan-Martin,

    deine Lerntheken mit spielerischem Element klingen wirklich sehr ansprechend und motivierend! Den Begriff ‚Gamification‘ hab ich bis dato übrigens auch noch nicht gekannt. Deine (weitere) Idee, die Theke in eine Geschichte einzubauen kann ich nur bekräftigen: Anhand eines simplen Laufzettels können die ‚Stationen der erzählten Geschichte‘ kapitelweise zu der nächsten Aufgabe führen. Mithin können auch einfach fächerverbindende Komponenten eingegliedert werden, beispielsweise topographisches Grundwissen bei einer Jagd/Flucht durch Europa. Spielerische Elemente fallen bei dieser Variante jedoch weg. Die richtige Wahl der Thekengestaltung ist wohl auch von der Jahrgangsstufe abhängig. Knapp gesagt: Lerntheken od. lineare Stationen find ich aufgrund hoher Schüleraktivität und Förderung der Eigenständigkeit ebenfalls ein klasse Unterrichtskonzept! Zudem kann man in dieser Unterrichtsstunde selbst mal durchatmen. Ich schau mir jetzt in Ruhe mal deine Lerntheken an )

  8. Hallo!
    Während ich auf der Suche nach einem Thema für meine Masterarbeit war, habe ich das hier gelesen. Die Idee fand ich sofort super. Heute habe ich dann mit meinem betreuendem Prof gesprochen und der findet es auch gut. Und so werde ich für meine Masterarbeit eine gamifizierte Lerntheke erarbeiten und dann auch einmal in irgendeiner Schule ausprobieren. Vielen Dank also für diesen Blogeintrag!

    1. Hi Jana,

      ich finde die Idee auch klasse! Aus praktischer Hinsicht sowieso und bzgl. der Theorie könntest du auf die Vorteile von Lerntheken im Allgemeinen und die damit verbundenen Bildungs- + Erziehungsziele eingehen. Ob das für eine (wahrscheinlich) 80(+)seitige MA_Arbeit, die Theorie und mithin Literatur betreffend, ausreicht kann dir sicherlich dein Prof. sagen. Viel Erfolg beim Thema austüfteln!

      cheers aus Oberbayern
      Rupert

      1. Hi Rupert,
        Vielen Dank für deine Ideen!
        Mein Prof. ist zum Glück immer sehr konkret und gibt gute Hilfestellungen.
        Meine Masterarbeit ist übrigens auf 50-70 Seiten beschränkt.
        Falls jemand Literaturtipps für mich hat, sind die natürlich immer gerne willkommen 😉
        Alles Liebe
        Jana

        1. Hi Jana,

          MA_Arbeitsumfang und kompetenter Prof. hört sich gut! Welcher Fachbereich wäre denn das? Didaktik_xy oder Päd.? Falls mir bzgl. Literatur etwas passendes in die Hände fällt, geb ich die Info weiter…aber ohne Bib vor der Haustür eher schwierig. Ich freu mich jetzt erstmal auf Ferienzeit )
          Weiterhin viel Erfolg beim Thema austüfteln.

          cheers r

  9. Hallo!
    Ich finde das Lernthenken super. Allerdings frage ich mich, wieviel Zeit sie in der Vorbereitung brauchen. Oder hast du sie so „über die Jahre“ nach und nach erarbeitet?
    Außerdem bin ich sehr gespannt, ob Jana die Masterarbeit wirklich wie geplant geschrieben hat und man evtl. die entwickelten „gamifizierten“ Lernthekenkarten bekommen könnte.
    Grüße in die Runde

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