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Schneeballschlacht (aus päd. Gründen)

IMAG0114Als Lehrer Mensch stehe ich regelmäßig vor einem Dilemma: Schneeballschlachten sind an der Schule verboten. Wie ich finde: Leider.
Denn natürlich sind Schneebälle gefährlich. Und vom Boden aufgekratzter Schnee ist nicht selten mit Steinen versehen und wird bei einigen Rabauken zu Eisbällen. Alle Winter wieder geht so etwas wortwörtlich ins Auge.

Wenn an einer Schule etwas Schlimmes geschieht (wie z.B. ein Unfall), dann wird automatisch die Suche nach dem Schuldigen angeworfen. Ist der Verantwortliche gefunden, untersucht man im nächsten Schritt, welches “Maß an Schuld” ihn trifft. Das ist deswegen wichtig, weil das Land für etwaige Schäden haftet. Als ich mir vor einem halben Jahr an der Tafel die Hand aufgerissen habe, wurde anschließend geschaut, ob ich noch alle Tassen im Schrank hätte wie so etwas Lächerliches passieren konnte.
Wenn aber die Zeit der Schneebälle gekommen ist, fühle ich mir regelmäßig schlecht: Ja, sie sind gefährlich. Ja, das kann zu schmerzhaften blauen Flecken führen und selten zu dauerhaften Verletzungen.

Aber…

Aber!

IMG_0200Aus pädagogischer Sicht gibt es für einen Haufen Kinder nicht viel Besseres, als die Lehrer mit Schneebällen zu malträtieren. Und für uns Lehrer… wenn ich da an den ein oder anderen Schüler denke… Zwinkerndes Smiley
Pädagogisch kann eine Schneeballschlacht sicherlich das soziale Klima verbessern, denn Lehrerarbeit ist immer auch Beziehungsarbeit.

Wenn da nicht die Verletzungen wären. Und die Frage nach der Haftbarkeit.
Denn wenn ich als Lehrer Schneeballschlachten toleriere, dann handle ich grob fahrlässig. (Als Faustformel gilt: Wann immer ich denke “wird schon nichts passieren” ist das grob fahrlässig.) Das bedeutet, das Land haftet nicht für mich. Und wenn ein Schüler durch meine Fahrlässigkeit ein Auge verliert, dann kostet mich das um die 60.000 € aufwärts1.

Wirklich spannend ist aber, dass das Verwaltungsgericht Freiburg heute (07.01.2013) anders entschied. Ein Lehrer nahm an einer Schneeballschlacht teil und wurde am Auge verletzt. Während die Schulbehörde dies nicht als Dienstunfall anerkannte, widersprach das Verwaltungsgericht. Die Teilnahme an der Schneeballschlacht sei in “Ausübung des Dienstes” geschehen. Ein besonderer Fokus des Gerichts liegt auf der pädagogischen Situation. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig.

Ich werde wohl auch in Zukunft mit einem lachenden und einem weinenden Auge jeden Schneeballwerfer ermahnen. Aber wie man sieht – ganz so einfach ist die Situation nicht.

1: Wie immer, wenn es um Rechtsfragen geht: Hoegg – Schulrecht. Dringende Empfehlung!

13 Gedanken zu „Schneeballschlacht (aus päd. Gründen)“

  1. Pingback: Lehrerzimmer » Archiv » Erste Tage 2013

  2. Ja, traurig, ne? Ich mache aktuell an fünf Tagen pro Woche Frühaufsicht, und wenn es geschneit hat, werde ich zu einer „Keine Schneeballschlachten hier!“-rufenden Maschine. Nicht mal Schneemänner sind erlaubt, habe ich gelernt – denn eine große Schneekugel beginnt bekanntlich mit einer kleinen, die ein Schneeball ist, der geworfen werden könnte. Hier trifft gesunder Menschenverstand auf Versicherungs- und Behördenlogik.

    Lernt man das eigentlich irgendwann? Den Behördenwahnsinn mit einer Mischung aus dem eigenen Verstand und einer Prise Verrücktheit zu überlisten, um sinnvolle Arbeit zu leisten?

      1. Ich hab in den letzten Monaten jedenfalls gemerkt, dass es (bestimmt nicht nur mir?) schnell passiert, dass mein Handeln stark von irgendwelchen Super-GAUs und der Angst vor Versicherungen und Haftung und überhaupt bestimmt wird. Das kann’s aber an der Schule auch nicht sein. (Immerhin: Bewusstheit ist der erste Schritt.)

  3. Wir haben auch noch einen schönen Hang zwischen Turnhalle und Schulhof, auf dem man wunderbar runterrutschen kann…
    Mein Standardsatz bei der Aufsicht ist: „Alles, was Spaß macht, ist verboten!“

  4. Da merkt man wieder, das ich von einer Hauptschule komme (ohne gegen Hauptschulen wettern zu möchten) die Lehrer haben zwar immer gesagt: „Keine Schneeballschlachten!“ und es hat keinen interessiert. „Nicht auf dem vereisten Teich laufen!“ das erste was war: die ganze Klasse 8a stand auf der Eisdecke und rutschte umher. „Keine Schlitterbahnen auf dem Hof machen! Das ist verboten!“ und wir hatten dennoch unsere inoffizielle Schlittermeisterschaft. Im Sommer: „Ey, keine Wasserbomben werfen.“ und da waren wir schon nass (was nicht schön ist, wenn man als junges Mädchen n weißes T-Shirt an hat. ) (es erinnert mich an die Begebenheit, wo wir ein Kondom mit Wasser gefüllt haben. bei 2 l haben wir aufgehört. Es zugebunden, und aus dem Fenster geschmissen. Es war wirklich nicht unsere Absicht jemanden zu treffen, aber danach war unser neuer Ref. von oben bis unten Nass) Für die unteren Klassen (6 – 8) war es verboten während der pausen vom Hof zu gehen. Zur Pause waren alle beim Kiosk an der Ecke. Rauchen war sowie so verboten, aber mich hat mal ein Lehrer (besagter Ref.) mit einer Zigarette im Mund gesagt, das ich nicht rauchen darf. Wie soll man das dann ernst nehmen? Und zu den Abschlussarbeiten (da war das rauchen schon ab 18, wir aber 16) waren wir alle früh fertig, und sind mit unseren Lehrern (Die Prüfungslehrer die unsere Klasse hatten waren alle Raucher!“ eine Rauchen gegangen. Ich glaube man kann als Lehrer machen was man will, wenn die Schüler wirklich Mist bauen möchten, machen sie es trotzdem. Ich würde eher sagen, man sollte manche gefährlichen Sachen ausdrücklich erlauben, damit dieses dann nicht gemacht werden (man will ja gerne als Jugendlicher ärgern und grenzen austesten. An Sachen die erlaubt sind, verliert man schnell das Interesse)

    Das war das gute an der Berufsschule: Da wurde nicht gesagt, das man diesen und jenen Mist nicht machen darf, da haben sie es nicht gemacht. (außer beim Sturmtag im Flur Wasserbomben werfen)

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