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imageWeil meine alte Brille mir unangenehme Kopfschmerzen verursachte, habe ich eine neue Brille bekommen – eine mit gelben Gläsern. Und bis auf Bono von U2 und Michael Fisher von Pocketnow.com gibt es wohl niemanden, der gelbe Gläser cool findet. Vielleicht noch Christian Spannagel, der sich als arbeitsloser Rocker oder langhaariger Bombenleger Professor für Mathematik gerade erst mit dem Thema „Erscheinungsbild eines Lehrers“ auseinandergesetzt hat. Zum Leidwesen meiner Frau bereitet mir die Brille viel Freude und insbesondere meinem Kopf geht es deutlich besser.

Auch meine Schüler begegnen den gelben Gläsern mit Argwohn. “Herr Klinge…?”, fragt mich Lucia aus der Klasse 5. “Warum ist Ihre Brille so komisch?” Verschwörerisch blicke ich mich nach rechts und links um, bevor ich ihr und ihren Freundinnen zuraune: “Das ist eine Röntgenbrille! Damit kann ich direkt eure Knochen sehen!”

Lucia ist erstaunt. “Sie können sehen, dass ich mir meinen Arm hier gebrochen habe?” Ihre Freundinnen sind skeptischer. “Das geht gar nicht, Herr Klinge!”

Aufmerksam sehe ich mir Lucias Arm an. “HmmHmmm. Soso. Ich sehe, dass du dir nur die Elle gebrochen hast, aber nicht die Speiche!” Ich rate ins Blaue. Ich könnte Elle und Speiche nicht mal voneinander unterscheiden, wenn sie vor mir lägen. Doch Lucias Mimik verrät, dass ich richtig liege. “Das ist ja… unglaublich!”
Aufgeregt erzählt sie links und rechts, was für eine unglaubliche Brille ich besitze. Das ich den Bruch ihres Armes gesehen hätte und (!) auch noch, welcher Knochen genau gebrochen sei. Einige wollen wissen, ob ich eigentlich nur eine Klasse voller Skelette vor mir sähe (“Natürlich!”) und wo ich so eine unglaubliche Brille herhabe (“Gibt es die bei Fielmann?”), andere wenden sich an den Klassenlehrer, in der Hoffnung, den Schwindel aufzudecken.
Der schüttelt jedoch den Kopf. “Der Herr Klinge kann sogar in eure Gehirne sehen und weiß, ob ihr auch mitdenkt!”

Darf man als Lehrer seine Schüler so auf den Arm nehmen?
Ich denke schon. Oder, wie der Komiker George Carlin es ausdrückte: “Don’t just teach your children to read… teach them to question what they read. Teach them to question everything.” [Übers.: Lehrt eure Kinder nicht nur zu lesen… lehrt sie in Frage zu stellen, was sie da lesen. Lehrt sie, alles in Frage zu stellen.]

10 Gedanken zu „Röntgenbrille im Unterricht“

  1. Ja verdammt, man darf und soll auch! Ich mache das vereinzelt auch und meinst versteht meine zweite !! Klasse meine Ironie, auch wenn es ein langer Weg bis dahin war. Aber dadurch denken sie mehr mit!

  2. Stört das denn nicht beim Autofahren?So als Physiklehrer ist man dann doch bestimmt von der ganzen offenbarten Mechanik um einen rum voll abgelenkt!

  3. Das erinnert mich daran, wie meine Mutter (Hat n Grauen Star) heute ihre ganz alte Brille (so eine aus den Anfang 80er) aufgesetzt hat, und weder sehen kann.

  4. Pingback: Gespenstermotten (mit Glasknochen) - ...ein Halbtagsblog...

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