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imageGestern haben wir eine Exkursion gemacht. Eine Kollegin wollte mit ihrer 5 (der Klasse mit der Röntgenbrille) auf irgendwelche Wiesen pilgern, in der Gespinstermotten ganze Bäume eingesponnen haben. Passte weder bei ihr, noch bei mir gerade ins Thema – aber um die Zeit nimmt man jede Exkursion mit, die sich gerade anbietet. Zumal Exkursionen ins Umfeld der Schule einfach grundsätzlich schön sind.

Mit meinen Glasknochen-Kindern ist so etwas immer etwas umständlicher, als im Normalfall – aber nichts, wovon ich mich abhalten ließe. Über die Gespenstermotte erzählte ich meiner Klasse, dass ihre Larven sich unter die Haut bohren und das Gehirn aussaugten dass sie sich am besten an die Biokollegin wenden sollten.

Bei einer Exkursion mit 60 wilden Kindern durch die Großbaustelle Siegen ist (für mich) diszipliniertes Verhalten elementar. Meine Schüler wissen das. Sie wissen auch, dass ich sofort jeden nach Hause schicke, der sich nicht benimmt. Ich würde das gar nicht schreiben, wenn ich in diesen Tagen nicht wieder merken würde, wie wichtig das für den Lehrerberuf ist: Ohne Disziplin ist es völlig egal, welche Methoden und Fachkenntnisse ich habe, weil es die Schüler schlichtweg nicht interessiert. (Ich denke manchmal, an der Uni sollte mehr “Persönlichkeitsbildung” oder “Selbstbewußtsein” geschult werden und weniger “Geschichte der Pädagogik unter Commenius” – aber das ist ein anderes Thema).

2013-07-04 08.16.20Aber: Beide Klassen benahmen sich anstandslos. Es wurde kein Unfug getrieben, keine Hunde gestreichelt, Baustellen und Straßen zügig passiert und die geduldigen Eiserfelder Autofahrer – die seit Jahr und Tag unter einer gigantischen Baustelle zu leiden haben – ertrugen auf die Verzögerung durch zwei Schulklassen mit einem erzwungenen Lächeln. Wunderbar – und irgendwie gehört das zu einem Ausflug dazu: Wir hatten gerade das Gelände der Schule verlassen, als dem ersten Schüler die Fantaflasche (1,5 Liter. Natürlich.) im Rucksack auslief. NW-Mappe und Mäppchen schwammen in gelb-blauem Saft, denn eine große Lamypatrone hatte es sich nicht nehmen lassen, ihren bescheidenen Anteil an der Sauerei beizutragen.

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Die Zwillinge wurden in speziellen “Kinderwagen” geschoben. Mit den Rollstühlen wäre der Weg unmöglich zu schaffen gewesen – so aber hatte die Klasse großen Spaß die Mädchen abwechselnd zu schieben (wobei die Jungs keine Pfütze ausließen).

2013-07-04 08.41.16Die komplett eingesponnenen Bäume sahen sehr beeindruckend aus – verbunden mit den zahlreichen Motten und Raupen an den Bäumen hatte man stets ein diffus, unangenehmes Jucken am ganzen Körper und jeder verspürte den starken Drang, sich zu kratzen. Das ständig weiße Motten vom Himmel herunterregneten, machte die Sache nicht besser.
Wie auch andere Kollegen schon anmerkten – ein großer Teil der Unterrichtsstörungen wird durch einen selbst verursacht. “Kennt ihr dass…,”, fragte ich also einige Schüler auf dem Rückweg, “…wenn man im Winter an einem Ast zieht, und sich eine Wolke aus Schnee  auf die Nachfolgenden ergießt?” Sie nickten fröhlich und setzten schon zu spannenden Erzählungen an. Ich grinste – zog an einem Ast über mir und sprang nach vorne, während sich hinter mir eine Wolke von weißen Motten erhob und die Schar wißbegieriger Eleven hinter mir einhüllte. Großes Gekreische und hämisches Gelächter. Ich liebe meinen Beruf.

8 Gedanken zu „Gespenstermotten (mit Glasknochen)“

  1. Ich denke manchmal, an der Uni sollte mehr “Persönlichkeitsbildung” oder “Selbstbewußtsein” geschult werden und weniger “Geschichte der Pädagogik unter Commenius” – aber das ist ein anderes Thema

    –> JA! Bitte 🙂

  2. Pingback: Jungs-Mädchen-Tag - ...ein Halbtagsblog...

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