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Odysseum, Bestechung & Brennball

ZOE_0008-55FF2CBD_6-31940754Donnerstag sind wir in Köln, im Odysseum gewesen. Solche Ausflüge sind auch mit Rollstuhl-Kindern eigentlich kein Problem, die Kombination mit den Glasknochen und 26 zu beaufsichtigenden weiteren Kindern macht die Sache aber etwas heikel.
Trotzdem ist natürlich alles gut gegangen.  Es zahlt sich aus, über Monate hinweg auf Disziplin und so Dinge wie Zweierreihen (“Wir sind doch nicht in der Grundschule, Herr Klinge!” – “Ist mir doch egal!”) zu achten. An den Bahnhöfen mussten einige Treppen überwunden werden – aber nichts, was man mit vier Erwachsenen nicht hinbekommt. Überraschend für mich: Die Bahn möchte, dass Schulklassen sich 14 Tage vorher anmelden, damit sie Zug und Zeit (!) zugewiesen bekommen. Habe ich nicht gewusst.

Das Odysseum ist eine Art Abenteuermuseum, bei dem die Kinder mit Scannern zwischen den Ausstellungsstücken herumlaufen, Aufgaben lösen und Punkte sammeln.

Für die Kinder war es aufregend und in der Feedbackrunde meldeten sich 28 von 28 Schülern, dass sie gerne nochmal dorthin wollten.
Mir hat es dagegen nicht besonders gefallen. Vielleicht hing es damit zusammen, dass ich schon in den zwei Stunden Anreise ständig aufmerksam und angespannt war – jedenfalls erlebte ich eine Überforderung der Sinne: Überall blinkte und leuchtete es. Computermonitore hier, LEDs da, Knöpfe dort, Geräusche da hinten und ein Video da vorne. Too much information! Und während das Herumlaufen mit den Scannern und der rote Faden im Museum (“Rettet die Welt, Kinder!”) sich durchaus an Schüler der Unterstufe richtet, waren viele Aufgaben und Exponate im Museum z.T. so anspruchsvoll, dass auch meine Oberstufen-Schüler daran ihren Spaß hätten. Meiner Co ging es ähnlich und nachdem wir 5 Euro auf dem Boden fanden, flohen wir zügig in die Cafeteria.

Ruhe.

Großartig.

Dort gesellten sich die Kollegen der Parallelklasse (genau: diese Parallelklasse) zu uns und wir genossen die Zeit. Irgendwann stand ein Schüler jener Klasse vor uns – er habe 5 Euro verloren. Ich deutete achselzuckend auf seinen Klassenlehrer: “Oh man.. davon hat sich der Herr Müller gerade sein Essen gekauft!” Herr Müller blickte auf seinen Teller und entschuldigte sich: “Oh Jonathan… ich war einfach so hungrig… Tut mir leid!”
Eine Sekunde starrte Jonathan uns hilflos an, da brach ich das Schweigen: “Hier, du bekommst von mir 5 Euro.. aber dafür.. morgen beim Sportturnier..” Ich zwinkerte ihm zu. “…verpasst du den ein oder anderen Ball, hm?” Der Schüler nickte. “Vielleicht habe ich ja eine Zerrung oder so…” Er grinste schelmisch, woraufhin der Kollege ihm hinterherrief, er solle sich doch nicht kaufen lassen, dass hätte ein Nachspiel.

Auch die Rückfahrt war völlig in Ordnung – wenn auch anstrengender.

ZOE_0010-8E170419_11-29909091Freitag gab es dann vor dem Brennballturnier noch gemeinsames Frühstück und ich konnte einen weiteren Entwicklungsschritt in der Klasse beobachten: Als ich reinkam, waren Tische und Stühle schon so gestellt, dass wir loslegen konnten und auch das Aufräumen im Anschluss dauerte keine 5 Minuten und erfolgte ohne weitere Anweisungen.

Vor dem Turnier erinnerte ich Jonathan nochmal an unsere Abmachung und der Wettkampf zwischen unser beider Klassen nahm einen so skurrilen Verlauf, dass mir das ohnehin niemand glauben würde: Wir gewannen mit einem Punkt Vorsprung. Danke, Jonathan Zwinkerndes Smiley. Zum Turniersieg reichte es dann nicht ganz, aber das spielte keine Rolle. Die Woche ist endlich rum.
Ab Montag sind alle Klassen und Lehrer wieder da, der normale Stundenplan setzt ein und wir können anfangen, richtig zu arbeiten.

Damit meine Schüler auch ihre Eltern ein Stück weit an der Woche teilhaben lassen können, habe ich hat mein Handy einen jener 30-sekündigen Video-Clips erstellt, die ich hier und da schonmal zum Einsatz brachte.

Also.. unsere Woche in 30 Sekunden: Smiley

Fahrtenwoche 2013

7 Gedanken zu „Odysseum, Bestechung & Brennball“

  1. Das mit der Vorankündigung ist wahrscheinlich neu, wundert mich aber ehrlich gesagt nicht. Bist du mal unmittelbar vor den großen Ferien oder in der Weihnachtsmarktsaison mit Regionalzügen mit 8Uhr-Zügen in Richtung Ballungsgebiete gefahren? Vor ein paar Jahren wurde das richtig schlimm, als die Lehrer rausgekriegt haben, dass sie mit den Ländertickets wesentlich preisgünstiger fahren als mit dem Bus und sich zudem das Gezerre mit dem Angeboteeinholen sparen. So dass man auf der Strecke plötzlich an jeder Station gut 3 Schulklassen in den Zug verfrachten wollte, das war gelinde gesagt je nach aufsichtführendem Lehrer eine Zumutung/Frechheit für/gegenüber die/den anderen Fahrgäste bzw. sahen die Waggons anschließend auch entsprechend vermüllt aus, sieht von dem penetranten Deogeruch ab, weil Schüler es offenbar rasend komisch finden, sich gegenseitig damit einzusprühen, getreu dem Motto „Erstunken ist noch keiner“. Ich sitze immer staunend daneben, wenn die zukünftigen Kollegen erstmal entspannt in die Vollkornstulle beißen, während hinter ihnen der Fetz abgeht. Der erste, der bei mir zur Deodose in zweckwidriger Weise greift, bleibt beim nächsten Mal daheim, soviel steht fest.

  2. Wie wirkt sich dieses dauernde Weltrettenmüssen eigentlich auf die Kinder aus? Mit ist das in der Kombination pädagogisch wertvolle Projektwoche (ökologisch bauen, CO2-Ausstoß vermindern, Massentierhaltung beheben – alles für Viertklässler) + der ins Haus flatternde Weltretter-Wettbewerb von Zeit Leo gerade sehr übel aufgestoßen. Die Kinder sollen nicht etwa lernen, was die Erwachsenen ihnen beibringen, um dann ihr Leben meistern zu können, nein, sie sollen bitteschön schon in zartestem Alter dafür sorgen, dass der ganze Bockmist, den die Erwachsenengeneration nicht geregelt bekommt, behoben wird. In der mir vor Augen stehenden Schulklasse sind nun die meisten Mädchen kurz mal Vegetarier, die Jungs deutlich ballerspieliger drauf als vor dem Projekt. Wie sieht das bei den Größeren aus? Sind die den Sermon schon so gewöhnt, dass er an ihnen abprallt?

  3. Ich war neulich mal in einer achten Klasse mit drin, wo die Kinder aus der überwiegend gut situierten Mittelschicht ( also klassische Grünenwähler, ohne das jetzt irgendwie wertend zu meinen) anfingen und den Lehrer maßregelten, sobald der Beispiele machte, vonwegen was man zum gemeinsamen Frühstück mitbringen soll und ihm dann jeglichen Ansatz Wurst aufs Brötchen haben zu wollen torpedierten, vonwegen das sei ja völlig ab von Gut und Böse.
    Es wird ja im Prinzip kein rationales Verantwortungsbewusstsein gelehrt, sondern gleich mit dogmatischen Ge- und Verboten gearbeitet, wie man das von einer Organisation erwarten würde, die nicht so unbedingt um das Wohl ihrer Mitglieder besorgt ist. Und wenn und das sollte man mal klar sagen, es ja eigentlich gewünscht ist, dass die nun mal staatlich bediensteten Lehrer keine offen politische Meinung in ihrer Funktion als Staatsbedienstete haben sollen, dürfen politische Themen eigentlich auch nicht auf eine politische Sichtweise begrenzt werden, die dem Lehrer in den Kram passt.

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