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Wahlfälschung im Unterricht

Meine eher wirre Idee, ein (Sach-)Buch über die Arbeit mit Lerntheken zu schreiben, nimmt konkrete Gestalt an: Dreißig Seiten sind schon formuliert, die Struktur für viele weitere schon gelegt.

Es ist natürlich nicht verwunderlich, wenn der Autor eines Buches über Lerntheken eben diese Methode besonders anpreist. Mindestens ebenso bedeutend ist mir jedoch die Frage, inwieweit die Schüler diese positive Haltung teilen. Führt der dauerhafte Einsatz der Lerntheke nicht zu Ermüdungserscheinungen?

Das herauszufinden hat mich ins Grübeln gebracht: Vor einem Jahr habe ich mit SEfU meinen Unterricht evaluiert, konnte aber mit den Ergebnissen nicht so recht etwas anfangen. Jede Antwort ist gefärbt durch die letzte Klassenarbeit, die Sympathie für den Lehrer oder auch nur die Fragestellung.

Wenn aber jede noch so detaillierte Evaluation in Wahrheit nur wenig Aussagekraft hat, dann kann ich mir den ganzen Aufwand auch sparen und alles auf eine einzige Frage reduzieren:

“Ich möchte das nächste Thema auch mit einer Lerntheke lernen.”

Ich habe meinen 9ern, die zum Teil schon seit Klasse 5 ununterbrochen mit Lerntheken arbeiten, von meinem Vorhaben berichtet. Ich habe ihnen den Hintergrund meiner Umfrage erklärt und ausführlich erläutert, dass schon die Fragestellung bestimmte Antworten erzeugen kann und das ich mir eine völlig neutrale Antwort erhoffe, unabhängig davon, ob sie gern in die Schule gehen würden, Mathematik mögen oder mich gruselig finden würden. Das wäre mir wichtig. Einfach nur ja oder nein.

Das Ergebnis der Umfrage gefällt mir nicht, also lasse ich wie ein korrupter Diktator ein zweites Mal abstimmen – wieder mit exakt gleichem Ergebnis. Ich spreche einzelne Schüler an, ob sie vielleicht einfach nur nett sein wollten, aber das wird genervt abgetan.

“Herr Klinge”, erfasst eine Schülerin das Problem, “wenn Sie das so in Ihr Buch schreiben, glaubt das eh keiner.” “Erfinden Sie doch einfach zwei oder drei ‘Nein’-Stimmen!”, schlägt jemand vor. “Das wirkt glaubwürdiger.” Es folgen weitere Vorschläge, wie man glaubhaft vermitteln könne, dass man Spaß am Unterricht habe. Als erfundene Zitate von imaginären, kritischen Schülern in den Raum geworfen werden, unterhalten wir uns kurz über Wahlfälschung, bis jemand von hinten ruft, ob man jetzt bitte wieder arbeiten könne.

Na klar! Ich liebe diesen Kurs.

Für mein Buch bringt mich das allerdings nicht weiter.

4 Gedanken zu „Wahlfälschung im Unterricht“

  1. Wie war das noch: „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.“

    Im Ernst: Ich arbeite auch gern mit Lerntheken. Erst heute wurde ich wieder gefragt, ob wir (Neigungskurs Physik 8. Klasse) nicht noch einmal eine machen können. In Mathe mache ich das regelmäßig.
    In Chemie habe ich jetzt damit angefangen.

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