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Ich unterrichte an einer Gesamtschule, das bedeutet, einige meiner Schüler werden nach der 10. Klasse nicht in die Oberstufe wechseln, sondern die Schule verlassen und einen Ausbildungsplatz ergreifen. Das ist im Alltag ein interessantes Spannungsfeld, weil sich die Jugendlichen, teils spürbar, in unterschiedliche Richtungen entwickeln.

Als Absolvent eines altsprachlichen Gymnasiums stand die Berufsvorbereitung bei uns sehr weit unten auf der Prioritätenliste. Hätte man mich nicht davon abgehalten, wäre ich im Anschluss an die Klasse 13 in Ermangelung sinnvoller Perspektiven einfach weiter zur Schule gegangen. Die Berufsorientierung ist bei uns intensiv in die Schullaufbahn eingebunden und ich habe das ein oder andere Mal darüber berichtet.

Unabhängig von schulischen Vorgaben habe ich heute in der Mittagspause meine Klasse und eine junge Kollegin überredet, zusammenzufinden. Besagte Kollegin hat vor ihrer Lehrerlaufbahn eine Ausbildung zur Goldschmiedin absolviert und berichtete freimütig über Positives und Negatives aus jener Zeit. Spannend ist, dass einige Schüler einen leichten Widerwillen in sich spüren: Die schöne Schulzeit nähert sich dem Ende und das Erwachsensein klopft so langsam an. Das macht Angst.

Freitag geht es dann weiter: Ich habe einen sehr erfahrenen und einschüchternden Kollegen gebeten, mit einem Freiwilligen meiner Klasse ein Bewerbungsgespräch zu führen. Jener Lehrer hat seit vielen Jahren eine große Erfahrung darin, Schüler an Firmen zu vermitteln und weiß sehr viel besser als ich, wie man Bewerbungsgespräche einübt und worauf es ankommt.

Der Plan ist außerdem, das Gespräch tendenziell unangenehm zu halten (der Schüler weiß das auch und verspürt eine seltsame Mischung aus Aufregung und Hosen-voll). Aus einem Scheitern kann man letztlich mehr zehren, als wenn man sich die Vorstellung eines perfekten Ablaufs ansieht. Auch aus diesem Grunde führe ich nicht selbst durch die Übung: Obwohl meine Lehrerrolle völlig klar ist, bin ich meiner Klasse zu „nah“. Ich bin eher „Papa„, als „fremder Prüfer“ und in einer Rolle als einschüchterndes Gegenüber bei einem Bewerbungsgespräch würden sie mich nicht ernst nehmen. Den Zorn des Kollegen dagegen kennen meine Schüler, wenn sie in der Pause beim Toben erwischt wurden. Das wird ein wunderbares Ereignis und alle freuen sich schon darauf.

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4 Gedanken zu „Bewerbungswoche“

  1. Vor dem Bewerbungsgespräch kommt aber die (schriftliche) Bewerbung per Mail (im Normalfall). Wer die nicht ordentlich macht, kommt gar nicht erst ins Gespräch. Die Bewerbung ist die Visitenkarte.
    Wichtige Tipps aus der Praxis:
    1. Das Anschreiben sollte eher eine halbe als eine Seite lang sein. Nur „Hallo, hier bin ich, ich habe verstanden worum es geht und ich bin super, weil… (1-3 Knaller).“ Es soll Appetit machen, vom Inhalt her aber den Lebenslauf nicht ersetzen. Es wird 1x gelesen/überflogen und dann nie wieder angefasst.
    2. Der Lebenslauf ist das, was später, z.B. beim Vergleich mit anderen Bewerbern, herangezogen wird. Was hier nicht drin steht, existiert nicht. Ausreden wie „aber das steht doch im Anschreiben“ oder „das können Sie doch im (Arbeits)zeugnis nachschauen“ gelten nicht. Hier gehört ALLES rein, was einen ausmacht, in den Abschnitten: Kontaktdaten (mit Foto), Ausbildung, Weiterbildung, Übersicht der (EDV-)Kenntnisse / Fachkenntnisse, praktischen Erfahrungen, Sonstiges.
    „Tabellarischer Lebenslauf“ bedeutet nicht, dass man eine Tabelle malt, sondern eine übersichtliche, gegliederte Struktur zu Grunde legt:
    von – bis (Monat, Jahr), Firma, Ort, ggf. Branche oder Abteilung, Rolle, Aufgaben, Tätigkeiten, Verantwortlichkeiten, verwendetes „Handwerkszeug“.
    Den Lebenslauf in Word statt in PDF zu übermitteln ist immer die bessere Variante (klingt komisch, is aber so).
    3. Zeugnis(se) sauber einscannen und im DIN A4-Format als PDF abspeichern. Alle Ausbildungszeugnisse in eine PDF-Datei und alle Arbeitszeugnisse in eine andere Datei, neueste oben. Nicht für jedes Zeugnis eine eigene Datei und erst recht nicht jedes Blatt eines mehrseitigen Zeugnisses eine eigenen Datei erstellen. GAR NICHT geht, die Scans in irgendwelchen Bildformaten zu übermitteln.
    4. Mehrseitige Dateien paginieren, weil manche es immer noch ausdrucken.
    5. Rechtschreibung von der Word-Rechtschreibprüfung und noch mindestens einer qualifizierten Person überprüfen lassen
    6. Stil und Inhalt von mindestens einer (außenstehenden) Person prüfen lassen. Wenn die Reaktion „aha, klar, ja, super, verstehe“ ist, ist alles ok. Wenn die Reaktion „hä? was? warum? versteh ich nicht“ ist, landet man sofort in der Rundablage, es sei denn, es haben sich nur noch größere Nieten beworben – aber will man in so einer Firma arbeiten?
    Deckblatt und Foto nicht in getrennten Dateien bermitteln. Sie sind integraler Bestandteil (erste Seite) des Lebenslaufs.
    7. Hobbys/Interessen wie Lesen, Radlfahren und Atmen sind lächerlich. Erwähnte Hobbys sollen die Persönlichkeit abrunden.
    8. Ehrenamtliche Funktionen runden einen Lebenslauf ab.
    Die Mail muss einen aussagekräftigen Betreff und einen ansprechenden, kurzen Text haben. Nur „siehe Anhang“ klingt nach „für dich reiß ich mir doch kein Bein aus“.
    9. Am Ende alle Dateien in ein PDF zu packen gefällt nicht allen Adressaten. Einfach mal anrufen und fragen. Zippen kommt aus Sicherheitsgründen meist auch nicht gut an.
    10. SPRECHENDE Dateinamen verwenden!

    Das waren ein paar einfach umzusetzende Tipps, die leider sehr oft nicht berücksichtigt werden. Man kann also ganz leicht einen guten ersten Eindruck machen.

  2. Hallo,
    ich denke was noch wichtig ist den SuS den Unterschied zu erklären zwischen einer Papierbewerbung, einer E-Mailbewerbung und einer Bewerbung über ein sogenanntes Bewerbungsformular was das Unternehmen bereit stellt.
    Hier stecken eine Menge an Stolperfallen.

    Mein Büro und unsere Bewerbungswerkstatt ist gerade gut gefüllt mit SuS die sich durch diesen Dschungel kämpfen wollen oder müssen.

    Mit freundlichen Grüßen

    A.Wetter

  3. Pingback: Staatsexamen & Bewerbung – halbtagsblog

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