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Heute morgen durfte ich einmal mehr Zeuge einer Examensprüfung werden. So lang ist meine eigene Prüfung nicht her, dass ich mich nicht daran erinnern würde.Mein Lehramtsanwärter hat mit mir zusammen seit September die Bautechnik-Reihe in meinem Technik-Kurs gestaltet. „Zusammen“ ist dabei ein Euphemismus – denn mit seinem Einsteigen hat der Kollege den kompletten Unterricht übernommen, ich habe nur noch zugesehen und hier und da Impulse geliefert.Wie ursprünglich auch angedacht, ist während des Kurses eine Art Workbook zur Bautechnik entstanden, das sich an den vier Kapiteln „Materialwissenschaft“, „Baustatik“, „Energie & Wärme“ und „Erhaltung & Kosten“ orientiert. Über 50 Seiten beträgt das Heft inzwischen und hat sowohl mir, als auch dem Kollegen sehr geholfen, einen strukturierten, langfristig geplanten Unterricht zu gestalten.
Parallel zu den Kapiteln starteten wir das Projekt „Bau eine Bank“ mit den Schülern und das war – im Hinblick auf die Examensprüfung – eine extrem kluge Entscheidung. Der Lehramtsanwärter wusste seit einem halben Jahr, worum es in der entscheidenden Prüfung gehen sollte und konnte somit die gesamte Einheit danach ausrichten. Stunde um Stunde zielte auf die Fertigstellung des Projektes.

Die Zeit vor Weihnachten haben wir genutzt, um Seiten und Sitzfläche der Bank aus Beton zu gießen, heute, nach drei Monaten des Trocknens stellte sich den Schülern die Frage, wie wir die drei Teile miteinander „verkleben“ sollten.Dazu haben wir in den Stunden vor dem Examen kleinere Betonpfeiler gegossen und sie mit unterschiedlichen Klebern verbunden. Uhu, Heißkleber, Sekundenkleber und karamellisierter Zucker waren Ideen aus der Lebenswelt der Schüler, flüssiger Beton und Industriekleber weitere Vorschläge.In der Examensstunde heute wurden diese Klebeverbunden nun in Kleingruppen getestet. Ein Stützpfeiler wurde am Tisch fixiert, an den angeklebten zweiten ein leerer Eimer gehängt, der nach und nach mit Sand befüllt wurde. Anschließend ein tabellarischer Vergleich, welcher Kleber am besten hält. Spannend natürlich die Stolperfalle: Wie reagiert der Lehrer, wenn der Sekundenkleber am stabilsten ist? (Was natürlich prompt passiert ist…)

Nach erfolgreichem Testen und Besprechen der Ergebnisse anschließend das Zusammenfügen der großen Betonbank. Schön zu sehen, wie ein so langes Projekt erfolgreich sein Ende findet.Das Workbook als erfolgreiches Nebenprodukt der Reihe wird beizeiten von mir überarbeitet und OER-Online gestellt. Mit meinem Buchverkäufen habe ich genug Geld verdient, um in Zukunft… ach, lassen wir das.Apropos Buchverkäufe und Staatsexamina: Mein wunderbarer Kollege Riza Kara hat sein Examen ebenfalls überaus erfolgreich hinter sich gebracht und weil er im Fach Mathematik mit Lerntheken arbeitete, musste er auf passende Literatur verweisen, die er selbst geschrieben hat. Ihm selbst war das extrem unangenehm aber ich habe mich bei dem Gedanken „Ich darf mich an dieser Stelle selbst zitieren“ köstlich amüsiert.Außerdem stand heute das Bewerbungstraining bei meinen 9ern an.

Wie erwähnt hat sich ein sehr erfahrener Kollege bereiterklärt, uns zu schulen. Er wolle, so ließ er meine Klasse wissen, daraus keine Wissenschaft machen sondern knapp und präzise vermitteln, womit er in den letzten fünfhundertachtundreißig Jahren gute Erfahrungen gemacht hat. Selten habe ich meine Klasse so still und aufmerksam erlebt, wie in diesen zwei Stunden. Gekonnt wurden allgemeine Hinweise mit Geschichten aus dem Nähkästchen verknüpft, überall wurde fleißig mitgeschrieben. Ungeduldig erwartet wurde natürlich das Bewerbungsgespräch. Meinen freiwilliger Schüler, sonst nie um einen flapsigen Spruch verlegen, habe ich noch nie so nervös gesehen (was vielleicht auch damit zu tun hatte, dass ich vorher ordentlich Ängste geschürt habe). Das Gespräch vor der ganzen Klasse wurde mit dem Handy gefilmt und anschließend via Beamer projiziert noch einmal angesehen und besprochen.Ich bin ganz begeistert von meiner Klasse, dass die „Vorführung“ zu keinem Zeitpunkt ins Lächerliche gezogen wurde. Der Delinquent wurde nicht ausgelacht oder verspottet sondern erhielt am Schluss hilfreiche positive und negative Kritiken.Jetzt, nach all den Prüfungen und einer langen, vollen Woche freue ich mich auf ein Wochenende zum atmen. Zum Ausruhen.

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