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Gegen das Vergessen schreiben

In Nordrhein-Westfalen ist die kommende Woche die letzte vollständige Ferienwoche. Für mich geht es Donnerstag mit einem freiwilligen Erste-Hilfe-Kurs weiter. Ich finde, solche Kurse sollten in regelmäßigen Abständen verpflichtend sein. Aus Israel ist mir ein System bekannt, bei dem in einem Notfall nicht nur Feuerwehr und Krankenwagen benachrichtigt werden, sondern in einem GPS-nahen Umfeld auch sogenannte “mobile Retter”. Das sind normale Bürger mit medizinischer Fachkenntnis, die näher am Ort sind und entsprechend schneller eingreifen können.

Das Schlimme ist, dass ich – trotz jährlichen Kurses – ganz viel Inhalt wieder vergesse. Ich komme mir richtig dämlich vor, wenn ich mich Jahr für Jahr wie ein Trottel der Übungspuppe nähere und den Eindruck erwecke, die Puppe würde gerade mich beatmen.

Überhaupt: Das Vergessen.

Ich vergesse so viel. In diesem Sommer haben wir sehr viel am und um das Haus umgebaut (und mit “wir” meine ich, dass ich Carolina gesagt habe, was ich gerne wie haben will). Ich bin zuletzt öfter durch die Räume getigert und habe versucht, mich daran zu erinnern, wie es aussah, als wir das Haus vor vier Jahren gekauft haben. Welche Farbe hatten die Wände? Wie war es eingerichtet? Welche Türen und Fenster existierten noch nicht?

Wir haben hier so wahnsinnig viel umgebaut, dass ich mich einfach nicht erinnern kann. Absurde, mit Latexfarbe bestrichene Putzwände. Aquarien bis zur Decke. Furchtbar hässlichen Stuck. Ich habe das meiste vergessen. Auch die vielen, investierten Stunden und Wochen sind ausgeblendet. Ärgerlich!
Auch diesen verregneten Sommer haben wir intensiv genutzt und ich dokumentiere aus reinem Eigennutz. Zunächst wurde aus unserer alten, verlotterten Gartenhütte

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eine hübsche, verlotterte Gartenhütte:

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Ein Fenster wurde eingebaut und die Tür verbreitert, damit ich mit dem Rasenmäher besser hineinkomme. Außerdem rostet unsere Feuertonne jetzt nicht mehr unter freiem Himmel vor sich her, sondern gammelt nun im Häuschen. Innen weiß gestrichen, statt vorher dunkelgrau.

Vor dem Haus eumelten die Mülltonnen irgendwo vor sich hin. Weil im Siegerland alles am Hang steht, ist ihr kleiner Platz in den letzten dreißig Jahren wohl nach und nach abgesackt und die Tonnen balancierten immer näher am Rande des Abgrundes. Auch hier wurde Hand angelegt, alte Wurzelstämme ausgerissen, ein Fundament gegen den Hang angelegt und alles begradigt.

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Im Anschluss Kies ausgelegt und mit alten Wabensteinen, die ich geschenkt bekommen habe, neu gepflastert. Dazu ein kleiner Holzzaun, damit niemand (also vor allem ich) nicht beim Mülltonnen füllen den Hang hinabstürzt und vielleicht auch ein wenig, damit keine Rehe in den dahinterliegenden Gemüsegarten einbrechen (verdammte Viecher!).

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Zuletzt und seit ein paar Tagen ist die Garage das Ziel unserer Arbeitswut. Wie auf den Bildern zu sehen, hat sie einen wunderbaren Knick in der Mitte. Gebeugt von Zeit und Last erinnert sie an mich selbst nach der 8. Stunde: Voller Würde aber nicht mehr hübsch anzusehen.

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Die Mittelsäule wurde angehoben und mit drei Säcken Zement und jeder Menge Steine unterfuttert (ein Glück, dass ich mich zuletzt ein Jahr mit Bautechnik auseinandergesetzt habe – Grüße an meinen Kurs!). Inzwischen ist sie wieder wunderbar gerade und ehrwürdig – leider habe ich vergessen, das zu fotografieren.

Außerdem eine Woche in Frankreich verbracht (Reisetagebuch) und gestern mit dem wunderbaren Riza Kara in einem schmerzhaften Kraftakt den vorläufig letzten Band der Reihe “Arbeitslehre unterrichten” fertiggestellt: Den Küchenführerschein. (Dazu später mehr.)

Am Wochenende feiere ich mit meinen Geschwistern uns und das Leben und kommende Woche, bevor es dann losgeht, selbiges nochmal mit ein paar Kollegen.

Klingt für mich alles in allem nach einem guten Sommer.

2 Gedanken zu „Gegen das Vergessen schreiben“

  1. Erste-Hilfe: Da sprichst Du ein wahres Wort aus. Es fehlt der Gesellschaft das Gefühl von „für einander einstehen und da sein.
    Ich habe neulich einer Ref, die gefühlte mehrere Minuten keine Luft bekam, weil Essen in der Luftröhre, helfen „müssen“. Müssen, weil Niemand der gefühlt 30 Sportlehrer (mit ausführlicher Erste-Hilfe-Ausbildung) die drumrum standen sich traute einzugreifen. Die einzige Kollegin + eine Sekretärin, die versuchte mit hartem Schlagen auf den Rücken und lautem „Ersthelfer her“-Rufen zu helfen hatte innerlich schon mit dem Schlimmsten gerechnet und bis ich die Situation vom anderen Ende des Lehrerzimmers hinter der Trennwand her begriffen hatte war schon reichlich Zeit vergangen. Ja ich habe 2 mal 8h Erstehilfekurs gehabt. Ich glaube 2010 und 2012 oder so. Aber ich bin der Typ, der sich immer ein bisschen zuviel verantwortlich fühlt und einmischt. Also habe ich meine Erinnerung an diesen Irgendwas Handgriff zusammengekramt, die Ref gepackt und das angewendet und nach zweimal anwenden bekam sie wieder Luft. Lange Rede kurzer Sinn: Der Chef (auch Sportlehrer), der daneben stand brachte kein Wort der Anerkennung oder Respekt über die Lippen (bis heute nicht) sondern meinte nur, er würde eigentlich Herrn X suchen. Und auch die Ref, die natürlich erstmal fertig war, hat bis heute 2-3 Monate später kein Wort des Dankes gesagt.
    Einzig die Kollegin und die Sekretärin, die sich zuvor vergeblich bemüht hatten und dankbar waren, dass die junge Frau nicht in ihren Händen verstarb und ein Sportkollege haben sich hinterher annerkennend geäussert. Wobei ich mir ernsthaft überlege mal den Chef drauf anzusprechen. Das geht für mich irgendwie gar nicht.

    Aber ich verstehe schon, wenn Leute sich lieber raushalten. Ich kanns halt nicht.
    LG
    Coreli

  2. Auch in Österreich gibt es ein ähnliches System wie in Israel. Hier nennt man diese speziell geschulten Leute „First Responder“.
    Sie werden von der Leitstelle informiert, wenn ein Notfall in der Nähe Auftritt. Sie haben dann in einem großen Rucksack alles Nötige dabei.

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