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Wir haben in unserer Familie ein heiliges Ritual. Es ist sogar noch heiliger, als das goldene Kalb damals am Berg Sinai, denn der HERR, dein Familienoberhaupt, sprach:

Carolina badet nicht allein.

So ist es Tradition. Natürlich, mit drei Jahren ist meine Prinzessin alt genug, um halbwegs unbeaufsichtigt zu baden. Aber seit ihrer Geburt habe ich sie in die Wanne gebracht und wieder herausgeholt.

Bis gestern.

Fröhlich rief ich von unten, ob es ihr im Bad gut gehe.

“Ja, Papa. Aber ich trockne mich schon ab!”

Irritierter Blick vom HERRN, dem Familienoberhaupt. Eilige Schritte nach oben.

“Bin schon fertig Papa. Ich brauche dich nicht nicht mehr.”

Es gibt so Momente, die wie in Zeitlupe immer und immer wieder vor einem ablaufen.

Ich brauche dich nicht nicht mehr.”

Und wieder.

Ich brauche dich nicht nicht mehr.”

Und mir wird bewusst, dass sie wieder eine Stufe erklommen hat. Es ist vorbei. Die Tradition ist gesprengt. Ich bin überflüssig. Ich fühle mich wie das goldene Kalb. Als falscher Gott entlarvt, in Stücke gehauen und im Strudel der Badewanne ins Nichts verschwindend.

Es ist vorbei.

2 Gedanken zu „Vorbei…“

  1. Tja, so lange ich nicht sage „ich brauch dich nicht mehr“. hihi.

    Aber es ist wirklich unglaublich, wie schnell sie groß wird. Und noch redet sie ja auch über einfach alles mit uns, teilweise ununterbrochen. Aber warten wir mal ab, wie das wird, wenn sie 12 ist. Ich befürchte, dann wird sie schweigsamer. hihi

  2. Und dennoch glaube ich, dass einen die Kinder noch immer brauchen, auch wenn sie immer lauter sagen, sie brauchten einen nicht mehr. Klar, unser „Gebrauchtsein“ ändert sich in der Form, abtrocknen müssen wir die Kinder nicht mehr, dafür ihre Sorgen abhören. Aber überflüssig werden wir Eltern nie, nicht einmal dann, wenn wir so langsam froh wären um etwas mehr Unabhängigkeit.
    http://www.beautifulvenditti.ch

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