Zum Inhalt springen

SCHOCK-UNTERRICHT. BLUT. TOD. SCHLACHTUNG. KANINCHEN. (Update)

In etwa so dramatisch ist das mediale Echo, dass von Seiten der Lübecker Nachrichten, etwas zurückhaltender vom SPIEGEL präsentiert wird.

Was war geschehen?

Im Rahmen einer Projektwoche “Steinzeit” wurde an der Cesar-Klein-Schule in Ratekau (Schleswig-Holstein) ein Kaninchen geschlachtet, gebraten und anschließend verzehrt. Durchgeführt wurde der Mord das Massaker das Blutbad die Schlachtung von einem Landwirt und ausgebildeten Sozialpädagogen. (Ich vermute, dass er in seiner Freizeit Counter-Strike spielt und Tagebuch schreibt!!1eins1!elf!!).
Das Geschrei ist groß. Bei einigen Eltern. Und vor allem bei den Zeitungen. Zumidnest ist uns der trendy Live-Ticker direkt aus der Schule erspart geblieben. Ich ahne, dass die BILD-Zeitung morgen berichtet und die Sache weiter aufbauscht. Visionen von blutigen Titelbildern habe ich schon, wetten? Zwinkerndes Smiley

Zwei Dinge kommen mir in den Sinn: Ja, man hätte die Eltern von Anfang an informieren sollen müssen. Das ist ein dämlicher Fehler, der bei der Menge an eingebundenen Kollegen nicht hätte passieren dürfen. Und dass es Eltern gibt, die dann direkt zur Presse laufen, statt den Direktor anzurufen… naja. So Leute gibt’s halt.
[Nachtrag: Die Eltern wurden anscheinend doch vorher informiert…]
Zweitens: Eltern, die sich in Zeiten von Youporn und isharegossip darüber entsetzen, ihre Kinder wären seelisch dem Tod eines Kaninchens nicht gewachsen, leben in einer merkwürdigen Parallelwelt (…sind das vielleicht die neuen Nerds?) Neulich erst begegneten mir Eltern, die alle Kuscheltiere zwei- bis dreimal kaufen, falls eines mal verloren geht. Nichtmal an dieser Stelle darf Verlust stattfinden.
Es ist ja nicht so, als wäre der Landwirt mit der blutigen Axt durch die Schule gerannt. Nein! Die Kinder konnten sich von dem Tier verabschieden, hatten Zeit, das Kaninchen in den Kontext der Ernährung in der Steinzeit einzubinden und waren weder gezwungen, bei der Schlachtung, noch bei dem Braten dabeizusein. Das Problem scheint tatsächlich eher auf Seiten der Eltern zu liegen: “Jetzt habe ich noch mehr Probleme, wie ich meinen Kind erklären soll, wo das Fleisch herkommt.“
Irritiert grinst mich die Gesichter-Wurst aus dem Kühlschrank an. Ja, freut die Wurst sich denn am Ende gar nicht?

Ich selbst durfte/sollte/musste im zerbrechlichen Alter von ~15 unsere eigenen Hühner schlachten, ausbluten lassen, ausnehmen und einlagern. Zusammen mit meinen jüngeren Geschwistern. Das war eine gute Erfahrung – die mich dazu bewog, Vegetarier zu werden. Was im Sinne meiner Gesundheit, des Klimaschutzes und des globalen Miteinanders eine vernünftige Entscheidung ist. Meine Geschwister ernähren sich ebenfalls vegarisch. Bewusst. Nicht als Folge eines Schocks.

Ich finde die Aktion sehr gut: So soll Schule sein: Den Kindern etwas fürs Leben mitgeben und den Wert unserer Ressourcen deutlich machen. (Aber die Eltern darf man schon einbeziehen Zwinkerndes Smiley)

Update:
Trotzdem kann ich kritische Argumente nachvollziehen und dem auch zustimmen. Überspitzt formuliert käme nach “Wie kommt das Fleisch auf den Teller” womöglich die nächste Unterrichtseinheit: “Wie kommt die Oma in die Urne?”. Unterrichtsbeginn um zehn Uhr am Krematorium. Soweit muss es natürlich nicht kommen. Nicht alles, was man im Alltag findet, muss in der Schule entsprechend aufbereitet werden. Smiley

7 Gedanken zu „SCHOCK-UNTERRICHT. BLUT. TOD. SCHLACHTUNG. KANINCHEN. (Update)“

    1. Oha, was für eine Ehre 😀
      Früher habe ich über Analysen im Deutschunterricht gestöhnt – heute werde ich selbst von Schülern analysiert… Was ein Traum 😀

  1. Organisatorisch wohl der Super-GAU.
    Andererseits, haben wir nicht die Aufgabe, den Kindern beizubringen, dass der Strom nicht aus der Steckdose und das Fleisch nicht aus dem Supermarkt kommt?

  2. Pingback: Lehrerzimmer » Archiv » Schönes und Schauriges

    1. Prima Beitrag zu diesem Malheur. Wer will schon vor Augen geführt bekommen, dass für unseren Abendbrottisch Mord betrieben wird – und schon gar nicht die Kinder sollen das wissen.

      Trotzdem gibt es Leute, die deinen Artikel nicht diskutieren wollen, weil du das arme Kaninchen rechtschreiblich schon gekillt hast. Aber da kann ein Kanninchen ja nix für. 😉

  3. Pingback: Take this lollipop… « …ein Halbtagsblog…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert