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Besonderer Einsatz und das Verlangen der Klasse haben dazu geführt, dass meine Siebener mehrfach den “Ernstfall” einer Klassenarbeit geprobt haben. Der Plan sah vor, dass die Schülerinnen und Schüler eine Variante der möglichen Arbeit bekommen und lösen. Anschließend würde ich die Ergebnisse ansagen und jeder hätte die Möglichkeit, seine Leistung einschätzen zu können. So auch an einem Freitagmorgen, in der ersten Stunde.

Das Problem: Die Kinder brauchen 45 Minuten für die Test-Arbeit und ich brauche mindestens zehn Minuten für die Ergebnisse und die gemeinsame Auswertung (Wo stehen wir als Klasse? Wie viele Einsen, wie viele Zweien…?). Das passt nicht in eine normale Schulstunde.
”Wir können das aber so machen”, bot ich ihnen an, “ich bin ab 7.15 Uhr hier und wer sich Zeit nehmen will, um die Arbeit in Ruhe komplett zu berechnen, kann dann schon anfangen. Denn wir müssen die Stunde 15 Minuten früher beenden, um die Ergebnisse zu besprechen.”

Freitagmorgen, 7.15 Uhr.
Ein halbes Dutzend Schüler steht vor der Tür und begrüßt mich. Ich verteile die Arbeitsblätter und sie arbeiten.

7.30 Uhr.
Mittlerweile sind 20 von 24 Schülerinnen und Schüler anwesend. Alle kommen leise rein, setzen sich auf die Plätze und fangen an zu rechnen.

7.45 Uhr.
Offizieller Stundenbeginn. Alle sind da.

15 Minuten vor Ende der Stunde brechen wir ab und vergleichen rein ergebnisorientiert. Insgesamt sind die meisten zufrieden. Auf vielstimmigen Wunsch wiederholen wir diesen Test noch ein weiteres Mal vor der echten Klassenarbeit.

Im Nachhinein denke ich daran, wie oft im Lehrerzimmer ein mißmutiger Tenor herrscht. Weil wir von den Schüern enttäuscht sind. Weil sie unseren Anforderungen nicht entsprechen. Unsere Erwartungen nicht erfüllen. Weil sie faul sind. Frech sind. Ungezogen sind.
Und ich denke daran, dass meine Klasse z.T. weit vor Unterrichtsbeginn stumm im Raum sitzt, um eine Test-Arbeit zu schreiben. Dass diese Schülerinnen und Schüler mir in den Ferien Mails schreiben, und mich um Übungsmaterial bitten. Dass sie mehrfach auf meinen methodisch-und didaktisch brillianten normalen Unterricht verzichten, um sich wieder und wieder 40 Minuten in Stillarbeit zu quälen. Dass meine Neuner sich freitags in der sechsten Stunde treffen, um sich als Klasse auf die Arbeit vorzubereiten, Probleme gemeinsam zu klären.

Die Jugend von heute… Mensch!

Nachtrag: Die Arbeit bei den 7enern ist übrigens sensationell ausgefallen. 😀

9 Gedanken zu „Diese Jugend heutzutage…“

      1. Nein, das hat mit Glück nix mehr zu tun. Es ist eher das Prinzip: „Wie man in den Wald hineinruft…“ Die Schüler merken, dass sie Dir nicht wurscht sind, und dass Du Dich auch für sie voll reinhängst, und so tun sie es Dir gleich.

        Gerät die gleiche Klasse an einen Lehrer, dem seine Schüler egal sind, der nur seinen Job durchzieht und der nach Schema F unterrichtet, dann ist auch der Unterricht und das Lernen den Schülern egal. Leider gibt es immer noch viel zu viele Lehrer dieser sorte, aber wenn ich deinen Blog so lese, habe ich Hoffnung, dass diese bald von Deinesgleichen ungespitzt in den Boden gerammt werden (oder eben bald in Pension gehen).

  1. Hallo.

    Genau die gleichen Erfahrungen mache ich auch. Bietet man den Schülern Hilfe an — echte Hilfe, keine kopierten Zusatzblätter — sind die meisten bereit mehr zu tun.

    Und: Ich habe in den Abschlussklassen (11) am Mittwoch die letzte SA vor den AP geschrieben. Am Dienstag saß ich lange vor dem Rechner und habe E-Mail beantwortet und Chats geführt. Klasse.

    Es hat mich aber auch letzte Woche ein Kollege gefragt, wie ich (ICH) als Systembetreuer sicherstellen will, dass die neue Lehrer-Mail-Adresse nicht an Schüler gelangt.

    1. Ersteres: Prima.
      Letzteres: … Nunja.

      Wenn wir den Schülerinnen und Schülern vermitteln können, dass man Schule nicht nur absitzt, wenn die tatsächlich auch mal 120% bringen – dann ist das meines Erachtens enorm viel Wert. Die Arbeitshaltung schätze ich dabei höher ein, als den eigentlich Unterrichtsinhalt.

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  5. Es hängt viel mit dem Lehrer zusammen. Wenn man als Schüler merkt, dass man von den Lehrern ernst genommen wird, dann ist man auch dazu bereit sich mehr in die Sache reinzuhängen. Ebenfalls liegt es auch daran, richtige Antworten auf Fragen zu erhalten, bzw. auch Fragen „anonym“ (d.h. nicht vor der Klasse) stellen zu können. Manche Schüler fühlen sich z.B. in der Klasse sehr schnell unter Druck gesetzt und fragen dann nicht, aber wenn sie als Einzelpersonen fragen können und dürfen, dann sieht das alles ganz anders aus. Ich finde es klasse, wenn Lehrer Mails beantworten oder Chats führen und so für die Schüler da sind! Weiter so!

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