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Aschenputtels ‘Dienst nach Vorschrift’.

Einige intensive Tage liegen hinter mir.

SitzeSeit Beginn des Schuljahres hat die Theater-AG unserer Schule geschreinert, gemalt, Texte formuliert, überarbeitet und auswendig gelernt. Kostüme geschneidert und Requisiten besorgt.
Ein Jahr lang investierte Zeit, Geduld und Nerven. Insbesondere auch von Seiten der beiden Kollegen, die das Stück geschrieben und mit initiiert haben.
Für die Aufführung haben wir uns im Lÿz einen Saal gemietet – hundert Zuschauer passten jeweils hinein und wir bekamen technische Möglichkeiten an die Hand, nach denen sich jede Schule die Finger leckt.

Das Stück war eine Mischung aus dem klassischen Aschenputtel, mit Gastauftritten weiterer Märchenhelden vermischt mit jenem Schuss modernen Humors, den ich schon bei Walter Moers sehr schätzen gelernt habe. Mein bescheidener Beitrag zu dem Stück lag in einem kurzen Auftritt als einer von Schneewittchens Zwergen.image
Für mich ist es sehr spannend gewesen, die Schüler noch anders erleben zu dürfen. Kein Unterricht, wo ständig auf die Note geschielt wird – und auch keine Klassenfahrt, bei der wir Lehrer in erster Linie als Gefängniswärter Elternersatz Aufsichtspersonen betrachtet werden. Hier haben Lehrer wie Schüler sehr viel Herzblut und Engagement reingesteckt. Es geht um mehr.
Insbesondere in der Nachbetrachtung wird dies deutlich: Montag sind wir von morgens bis abends im Theater gewesen, haben das Bühnenbild aufgebaut und geprobt, geprobt, geprobt. Dienstag dann vormittags zwei Vorstellungen, Mittags weitere Proben und Fehleranalyse und abends eine weitere Vorstellung. Heute morgen noch zwei Vorstellungen und anschließend abbauen, Kulissen wieder in die Schule bringen und aufräumen.
Drei Tage, in denen alle Beteiligten im Grunde nur zum Schlafen nach Hause gegangen sind. Und sich trotzdem untadelig verhalten haben. Keine Streits. Kein Ärger. Niemand ist abgehauen. Drei Tage, in denen anstandslos gearbeitet wurde bis zum Umfallen. Eine Menge Kritik wurde formuliert (darin sind wir Lehrer bin ich immer ziemlich gut) und die Schülerinnen und Schüler haben sich richtig reingehängt.

Bei soviel Engagement, soviel Herzblut stellt sich mir die Frage, warum das nicht immer so ist.
Und ja, ich habe sehr engagierte Schüler. Aber dieses Engagement wird von mir gesteuert. Ich erwarte von meinen Schülern absolut hundertprozentigen Einsatz im Unterricht und auch weit darüber hinaus. Aber freiwillig würden die das nicht tun. Hier aber, in einer AG, kommt das aus den Schülern selbst. Es ist ihr Projekt. Sie wollen das schaffen. Es ist mehr als nur “Dienst nach Vorschrift”.

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Und ich merke ganz deutlich, dass es genau dieser Punkt des Lehrerdaseins ist, der mich am meisten begeistert. Nicht die Mathematik. Nicht die Physik. Nicht die (künstlichen) Hürden, die man gemeinsam meistert. Nicht die Klassenfahren, Klassenarbeiten oder netten Gespräche zwischen Tür und Angel. Es ist genau dies: Zu sehen, wie Schüler von sich aus wahnsinnig viel Energie und Zeit und Lust in eine Sache stecken und sich von nichts und niemandem aufhalten lassen, dies zu einem guten Ende zu bringen.

Wir können das erreichen. Sie können das erreichen. Und ich, als Lehrer, darf mir das immer wieder angucken. Ist das nicht… “einfach großartig”?

In den Sommerferien wird dieses Theaterstück dann endgültig zu einem Abschluss gebracht: Zusammen mit zwei Freunden habe ich das Stück aus zig Kameraperspektiven gefilmt, wir haben nebenher Interviews geführt und die ein oder andere Anekdote genau dokumentiert – mit etwas viel Arbeit werde ich daraus im Sommer eine hübsche DVD erstellen, die allen Beteiligten hoffentlich ein schönes Andenken sein wird.

7 Gedanken zu „Aschenputtels ‘Dienst nach Vorschrift’.“

  1. Wow, das klingt beeindruckend. Es ist immer wieder schön von solchen Projekten zu hören!

    Über einen Satz bin ich gerade gestolpert: „Ich erwarte von meinen Schülern absolut hundertprozentigen Einsatz im Unterricht und auch weit darüber hinaus.“
    Inwiefern? Wie kann ich mir das im Unterricht vorstellen? Erwartest du in jeder Stunde von jedem Schüler 100% Mitarbeit, oder wie ist das gemeint?
    Es klingt ungewöhnlich und ich kann es mir grade schwer vorstellen…

    1. Es ist stets schwierig, solche Dinge in wenigen Worten zu erklären, aber, ja, genau das erwarte ich.
      Dabei muss man natürlich differenzieren: Mein „Anspruch“ an jeden einzelnen Schüler ist, dass er voll konzentriert meinem Unterricht folgt und ihn mitgestaltet.

      Bezogen auf die Klasse entspricht dies natürlich nicht der Realität und kann ihr auch nie entsprechen. Ich zweifle aber nicht an meinem Beruf oder mache die Schüler runter, wenn sie mal einen schlechten Tag haben. Aber jeder einzelne muss lernen, dass es nunmal „sein Job“ ist, in meinem Unterricht konzentriert dabei zu sein. Das erwarte ich. Immer. Und darüber hinaus verlange ich von denen, die im Unterricht hinterherhängen, die Sachverhalte nicht verstehen, dass diese zu Hause nachgearbeitet werden.
      Dies klingt jetzt hier aber viel furchtbarer, als es in Wirklichkeit ist: Ich arbeite z.B. sehr viel mit Lerntheken – die Schüler genießen da sehr viele Freiheiten und Privilegien. Klassischen Frontalunterricht gibt es bei mir nur wenig.

      Zumindest im Augenblick kann ich da nur positiv von berichten. Und – bei allem Anspruch – ich denke, die SuS sind augenblicklich ganz zufrieden 🙂

  2. behalten sie sich genau dieses Stück Idealismus, das aus diesen Zeilen spricht. Dann bleibt der „Job nach Vorschrift“ auch weiterhin ein „Traumjob“.

    1. Dieses Theaterstück lebt von Situationskomik und Wortspielereien. Da ist Jan als Zwerg die ideale Besetzung, zumal wenn die Zwerge noch mit ihren Spürhunden kommen (einem Zwerg-Pinscher und einem Aschen-Pudel).
      Vielen Dank, lieber Jan, für deine ach so tatkräftige Hilfe!!!

  3. Pingback: Arbeitsklima. - ...ein Halbtagsblog...

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