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Ich bin ein guter Lehrer.

Manchmal muss man sich das selbst sagen. Manchmal muss ich meine Kollegin bezahlen bitten, damit sie mir das sagt. Wenn ich ganz verzweifelt bin, frage ich einen Fünftklässler. Die sind immer begeistert.
Aber es gibt Sternstunden in der Schule. Augenblicke, in denen die Zeit still steht. Und heute war so einer. Ein richtig guter.

Zur “Freude” meiner Schüler habe ich nämlich die Angewohnheit, Facebook-Freundschaften rigoros auszunutzen. Ich kommentiere peinliche Bilder (“Christian bückt sich vor einer Nashorn-Statue”), gebe hilfreiche Tipps bei Statusupdates (“Laaaaangeweile”) und frage nach, wenn bestimmte Apps (“Würdest du mit Jan-Martin Klinge ein Date wollen?”) mir eine Antwort schuldig bleiben.

Ich liebe das.

Meine Schüler nicht.

Heute hatte ich in einer zehnten Klasse Mathematik. Eine Schülerin bat mich, ihr die Lerntheke zukommen zu lassen. “Schreib mir eine E-Mail”, entgegnete ich, “oder noch einfacher: Via Facebook. Da gibt es keinen SPAM-Ordner.”
Die Schülerin verharrt kurz. Vor meinem Account-Reset waren wir auf Facebook ‘befreundet’. Auch sie wurde schon Opfer meiner Kommentarkultur.

“Wenn ich Ihnen auf Facebook schreibe, muss ich dann nicht wieder mit Ihnen befreundet sein?”, fragt sie stirnrunzelnd. Ich lache. “Nein, du kannst mir einfach so schreiben.” 
Erleichterung spiegelt sich in ihrer Miene.

“Gut. Ich habe nämlich daraus gelernt!”

Yes!
Ich bin ein guter Lehrer!

10 Gedanken zu „Ich bin ein guter Lehrer.“

  1. Wo ist der „Like“ button?

    An dieser Stelle möchte ich mal wieder meine Lieblingsgeschichte zum Thema Facebook weitergeben. Eine Schülerin schreibt um 11.34 Uhr „Mathe ist so langweilig“. Ich bin zwar nicht der Mathelehrer habe mir aber trotzdem den Spaß gemacht und eine Bemerkung ins Tagebuch geschrieben, wegen Benutzen des Handys im Unterricht.

  2. Ich finde Facebook-„Freundschaften“ mit Schülern auch toll.
    Vor allem, weil ich dann nicht jede x-beliebige Entschuldigung akzeptieren muss. Nicht am Freitag in der Schule gewesen, die Statusmeldungen lauten aber „bin im Zug zur Party“, „ey, geil, keine Schule, haha“? Mit dem Ausdruck wedle ich am Montag bestimmt vor der Nase des Betreffenden herum. 😉

  3. Von wem geht bei solchen „Freundschaften“ die Initiative aus?

    Ich könnte mir nicht vorstellen, meinem Lehrer ne Freundschaftsanfrage zu schicken, bezweifle aber andererseits auch, dass die jemals auf so ne Idee kämen.

      1. Ja, ich adde NIEMALS Schüler.
        Wenn ein Schüler mit mir „befreundet sein will“, dann wird der auch sofort auf die entsprechende Liste verfrachtet. Nicht alle meine Statusmeldungen sind für Schüler gedacht, da wähle ich dann schon aus.
        Einige Kollegen gehen weiter und haben bei Facebook und Co. einen extra „für Schüler“-Account angelegt.
        Meine Erfahrungen zeigen aber, dass auch Eltern das meist gut finden, wenn ihre Kinder mit den Lehrern virtuell verbunden sind. Wahrscheinlich, weil sie hoffen, dass Lehrer vielleicht dann ein Auge darauf haben, was vor Eltern verheimlicht wird.

  4. Pingback: Facebook-Fail (2) « …ein Halbtagsblog…

  5. Huch, Jan-Martin,
    diese Zeilen sind mir ja erst jetzt untergekommen. Das kommentieren von Statusmeldungen mache ich auch – man ist ja Lehrer und Vorschläge kann man ja machen, oder? Insbesondere wenn es um Schule geht.
    Allerdings nerven mich die Spieleanfragen. Da habe ich die meisten wohl blockiert. Schade vielleicht, da kommt nicht mehr viel rein.

    Nebenbei nimmt die „individuelle“ Betreuung meiner 400 Schüler im Realschulzweig mit FB schon immense Züge an. Dafür habe ich festgestellt, dass ich in den Pausen doch eher etwas mehr Ruhe habe (da kommen dann die Kollegen, die haben mehrheitlich ja kein FB).

    Und wie die Kollegin „Frl. Rot“ reagieren die Eltern sehr positiv. Das wundert mich immer wieder.

    Und zuletzt (wir müssen dies immer wieder hören, das kenne ich nur zu gut): du bist ein guter Lehrer!

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