Ich lese gerade “Feed” von Mira Grant.
Die Handlung spielt im Jahr 2040. Die Welt ist von einer Seuche befallen, die die Toten untot wieder auferstehen lässt. Die Menschheit lebt in Angst – es gibt keine großen Versammlungen mehr, jeder bleibt soweit es möglich ist, zu Hause. In dieser Zeit haben Internet-Blogs eine viel größere Glaubwürdigkeit, als die traditionellen Medien, so dass die Hauptfiguren der Buches (Shaun und Georgia Mason) entsprechend Blogger sind.
Die Autorin vermischt geschickt (pseudo-)dokumentarische Blogartikel mit der Handlung des Buches. In dessen Zentrum stehen denn auch weniger die Untoten, als vielmehr die Lebenden: Wie sich die Menschen damit arrangiert haben. Interessant (zumindest für mich) ist es allemal, Blogger im Fokus eines Buches zu sehen und immer wieder zu denken ‘ah… kenne ich’. Werbung aussortieren. Anfragen abschmettern. Gastartikel aufnehmen. Gastartikel schreiben.
Letzte Woche erhielt ich dann eine neue Art Anfrage: Eine Firma wolle gerne Gastartikel zu einem bestimmten Thema auf meinem Blog veröffentlichen und würde mich dafür auch bezahlen. Hui, dachte ich, jetzt geht’s aber los.
Anfragen zum Linktausch o.ä. kommen relativ häufig vor. Eine Firma (ich muss gestehen, ich weiß nicht mehr, welche) hat mir vor einiger Zeit ungefragt eine Mag-Lite Taschenlampe zugeschickt, in der Hoffnung, sie könnten hier werben.
Aber Geld?
Ich bin neugierig geworden und habe nachgefragt. Wie viel ist Werbung auf einem kleinen Blog wohl wert?
Vor allem aber warf diese Situation noch weitere Fragen auf: Darf ich als Beamter eigentlich einen Nebenverdienst haben? Bringt mich mein Blog jetzt ins Gefängnis? Was, wenn mir jemand einen Teppich anböte? Könnte ich dann in die FDP eintreten? Und nicht zuletzt: Muss der Artikel “Als Lehrer schnell reich werden in drei Schritten” jetzt umgeschrieben werden?
Ob Eitelkeit oder nicht – es ist immer auch spannend, welche Auswirkungen das Schreiben eines Blogs so nach sich zieht. Und das sind, nach nun bald drei Jahren, durchaus einige.
Zunächst: Die genannte Firma bot mir auf Nachfrage eine langfristige Zusammenarbeit an, also mehrere Artikel pro Monat ‘für mich’ zu schreiben. Es würde sich also um eine Nebentätigkeit meinerseits handeln. Nebentätigkeiten von Beamten sind durch das Beamtengesetz, ab § 64 geregelt. Dort ist die Genehmigungspflicht beschrieben und es sind auch sogenannte “Versagensgründe” aufgeführt, also Gründe, warum man mir eine Nebeneinkunft verbietet. Und da Werbung mich in meiner “Unparteiligkeit” beeinflusst [§64, (2) 2.], vermute ich, ein regelmäßiges Einkommen würde abgewiesen. Aber genau weiß ich das nicht.
Schwieriger ist die Sache mit der Taschenlampe. Denn Geschenke, die mich “materiell besser stehen” darf ich als Beamter nicht annehmen – Stichwort: Bestechung. Das regelt eine Verwaltungsvorschrift des Bundes. Dort steht, Geschenke bis 25 € dürfen angenommen werden, es besteht jedoch eine Anzeigepflicht gegenüber dem Dienstherrn. Schwierig. Die Lampe hat ja nichts mit meinem Beruf zu tun. Tatsächlich weiß ich nicht mal mehr, wer sie mir zugeschickt hat. Wäre ich verpflichtet gewesen, sie zurückzuschicken? Auf wessen Kosten? Hätte ich sie dem Land NRW zuschicken müssen? Man stelle sich nur mal vor, man hätte mir statt der Taschenlampe einen Teppich geschenkt – wenn ich den an die Landesregierung weiterschicke.. ;-).
Um mein Gewissen zu beruhigen, habe ich mir folgende Regel auferlegt:
Das Bestechungsgeld
Die Taschenlampe wird nicht benutzt, bis zu dem Tag,
da sich die Toten wieder erheben um die Lebenden zu fressen.
Was uns schlussendlich zurück zum Buch “Feed” führt: Werde ich nun ein Zombieblogger? Erliege ich der Versuchung des Geldes und benenne meinen Blog in HalbneunLive-Gewinnspiel-Blog um?
Es bleibt spannend
(Ach ja… für die Neugierigen: pro veröfffentlichtem Gastartikel hätte man mir 25 € gezahlt. Drei wären nur für den Juni drin gewesen, inkl. Aussicht auf längerfristige Zusammenarbeit.)
Das kenne ich irgendwo her… Ich habe dankend abgelehnt.
Ja, ich auch. Aber neugierig war ich schon 😀
P.S.: Lehrer sind doch Landesbeamte…
Für NRW (weil Siegen): https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=7&vd_id=11729&vd_back=N532&sg=&menu=1
Du darfst Dich geschmeichelt fühlen. Uns bietet man regelmässig „Gastbeiträge“ an, in denen Links irgendwohin versteckt sind. Dafür erwartet man von uns Dankbarkeit, weil uns geholfen wird unseren Blog zu füllen.
Ich fühle mich von diesen Menschen nicht mehr ernstgenommen. Da diese Anfragen zu oft kommen, habe ich jetzt einen öffentlichen Beitrag als Antwort geschrieben. Jetzt kann ich einfach den Link als Antwort schicken. (Titel: „Wir sind doc nicht blöd“)
Einmal wurde uns Geld für einen Artikel geboten. Das haben wir dann auch angenommen.
Ich glaube nicht, das wir damit reich werden könnten, aber wenn es die Kosten für den Blog decken würde, wäre es doch schon zufriedenstellend…
Die Kosten für den Blog belaufen sich bei mir auf 22 Euro im Jahr – das ist zumindest deutlich weniger, als ich für meine anderen Hobbys ausgebe 😉
Ich sollte mal prüfen, wo ich denn da was einsparen kann…
Was die Nebentätigkeit betrifft: Auf dich trifft §66, Abs. 1, Punkt 2 zu: Deine Bloggerei ist nicht genehmigungspflichtig, weil es sich um „eine schriftstellerische, wissenschaftliche, künstlerische oder Vortragstätigkeit des Beamten“ handelt.
Falls du mit dem 25-Euro-SEO-Gesindel einen Deal machen wolltest, wäre das eindeutig nur als wissenschaftliche Unterstützung deiner schriftstellerischen Tätigkeit.
Hui! Vielen Dank für diese Erläuterung.
(Und als hätte der Internet-Teufel höchstselbst mitgelesen erhalte ich im gleichen Atemzug ein weiteres Werbeangebot…)
Ich musste bei dem Artikel wirklich lachen. Genial, wie Sie von „Feed“ zu Nebenerwerbstätigkeiten kommen und dann wieder zu „Feed“ zurück kehren. Großartig! 🙂