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Besinnungsaufsatz vs. Strafarbeit²

Wie reagiert ihr, wenn der Nachbarsjunge bei euch Klingelmäuschen spielt und ihr ihn auf frischer Tat ertappt?

Diese – für uns Lehrer beinahe alltägliche – Situation diskutierten wir neulich während unserer großzügigen Kaffeepause spärlichen Wechselpause. Immer wieder klopfen vorwitzige Schüler an die Tür und rennen dann weg. Wie geht man damit um, wenn man sie erwischt?

Über Strafen habe ich mich schon einige Male ausgelassen, denn die Sache ist leider vielschichtiger, als man zunächst annehmen darf. Geht es hierbei doch nicht nur um die Beziehung Lehrer-Schüler – sondern auch um die Eltern, die womöglich nachmittags empört anrufen, um sich zu beschweren. Es herrschte Uneinigkeit im Land. Der Flensburger Uni-Professor Walter Spiess plädiert dafür, auf Strafen komplett zu verzichten. Vor einiger Zeit habe ich einen alten Ministerialerlass hier eingestellt, auf dem penibel aufgeführt wurde, wie viele Stockhiebe es für welches Vergehen gibt.
Auch meine Kollegen (die in großer Furcht davor leben, hier bloßgestellt zu werden) sehen das unterschiedlich. bart-simpson-generatorMausezähnchen77 ist eher pragmatisch: “Wer was Dämliches tut, darf auch mit einer dämlichen Strafe rechnen. Also 50 Mal aufschreiben ‘Ich soll den Unterricht anderer Klassen nicht stören.’”
Knuddelbär tendiert eher zum Besinnungsaufsatz. Thema: “Was habe ich falsch gemacht und wie mache ich es in Zukunft besser!” Die Kinder sollen schließlich nicht bestraft werden, sondern etwas fürs Leben lernen. “Unsinn”, kontert Mausezähnchen77, “die wissen ganz genau, dass das falsch ist.”
Ich, Zauberhasi81, halte mich zurück. An unserem Lehrertisch darf ich als Zauberhasi Physiker sowieso nur zur Probe sitzen, da bin ich besser still. Ich versprach jedoch, dass Problem hier zu erörtern.

Ich habe schon beides als Sonderaufgabe vergeben, jeweils abhängig von der Situation und dem betreffenden Schüler. Für die Aufsätze spricht, dass da manchmal was Schönes bei rausspringt, so wie hier. Aber eigentlich tendiere ich eher zu einer dämlichen Schreibarbeit. Die Schüler wissen ihr eigenes Fehlverhalten meist ganz genau einzuschätzen. Das läuft dann auch meist ziemlich sachlich ab: Der Schüler hat Mist gebaut, jetzt muss er dafür gerade stehen und die Sache ausbügeln. Also z.B. irgendwelche Verhaltensregeln abschreiben. Danach ist die Sache aber auch vorbei.

Und ihr so? Besinnungsaufsatz oder Strafarbeit?

² Ich weiß, ich weiß: Man darf keine Strafarbeiten verteilen. Höchstens “erzieherische Maßnahmen”. Es gibt auch kein Nachsitzen, sondern nur Nacharbeiten. Glaubt mir – dem Schüler ist es egal, wie das Pferd heißt.

9 Gedanken zu „Besinnungsaufsatz vs. Strafarbeit²“

  1. Also, ich bin dazu übergegangen, weder das eine noch das andere als erzieherische Maßnahme schreiben zu lassen. Dieses „50 mal denselben Satz schreiben“ finde ich einfach stumpfsinnig. Das eigene Vergehen zu reflektieren und hoch und heilig schwören, „dass ich das nie wieder mache“, sehe ich so wie du: Die SuS wissen, was sie falsch gemacht haben und machen es später trotzdem wieder.
    Ich bin dazu übergegangen, Texte schreiben zu lassen, die sich auf andere Art und Weise mit der Thematik auseinandersetzten: Wenn ich einem Schüler z.B. das Handy abnehme (das es selbstverständlich nach Unterrichtsschluss zurückbekommt, weil ihm auf dem Heimweg etwas passieren könnte, aber das ist eine andere Geschichte…), schreibt er einen Tagesablauf aus der Sicht seines Handys. Viele SuS sind erst einmal verwirrt, weil sie diese Art der erzieherischen Maßnahme nicht kennen. Aber: ich finde es viel spannender, diese Texte zu lesen, als das ewige „ich hab was falsch gemacht und werde mich bessern“. Schließlich lerne ich auch etwas dabei, z.B. dass fast jedes Handy fürchtet, von seinem Besitzer durch ein Neues ersetzt zu werden oder die Vorteile des Galaxy S3 gegenüber dem IPhone. Die Thematik des Aufsatzes passe ich der Situation an: „Außergewöhnliche Wurfsportarten“, „Wie gehen Kaugummiflecken am besten von unterm Tisch weg“…
    Allerdings könnte der Schuss mit diesen Aufsätzen auch nach hinten losgehen. Kürzlich musste ein Schüler was über sein Handy schreiben und er sagte „Cool, sowas hat doch xxx letzens auch geschrieben.“
    Jedenfalls ist die Rücklaufquote bei dieser Art von Texten größer als bei den üblichen Reflexionsdingern.

  2. @ Regina

    Das find‘ ich cool.
    Und wer zu doof ist, einen eigenen Text zu fabrizieren, der schreibt einen Sachtext über das Handy ab, da lernt er noch was dabei.
    Da findet sich ja immer was.
    Dürfen die Schüler die Texte zu Hause schreiben?

    1. Ja, die Schüler schreiben zu Hause. Nur wenn ich nix bekomme, werden sie von mir individuell gefördert, indem ich sie beim Schreiben nach Unterrichtsschluss exklusiv beaufsichtige…

  3. Ich bin ja (zum Glück) keine Lehrerin. Aber ich bin Fan von Strafen, die der Allgemeinheit, also in diesem Fall den anderen Schülern was bringt. z.B. für Handy im Unterricht 10 Cent an die Klassenkasse zahlen. Ober beim türenklopfen 50 Cent.
    Ich bin kein Fan von dämlichen Strafen. Wir hatten in der Hauptschule einen sogenannten „Trainingsraum“ (ich bin nie in die Ehre gekommen diesen zu besuchen *freu*) da kam man rein, und musste einen Entschuldigungsbrief für den Lehrer, bei dem man gestört hat Schreiben. Das haben die Schüler natürlich gemacht, kamen dann zurück und haben weiter gestört. (Es wurde sogar gemunkelt, dass mit Entschuldigungsbriefen wie mit Hausaufgaben gedealt wurde [Ja wirklich, mit Hausaufgaben! Ein mal Mathe für zwei Zigaretten oder 3 gestopfte. Mit denen konnte man sich dann andere Dienstleistungen, wie Haarstyling usw. ergattern, oder sie einfach Rauchen] )

  4. Ich suche mir gerne allgemeinbildende Texte aus und gebe diese zum Abschreiben: Also weder simpler Bart_Simpson_Style noch Besinnugsaufsatz, den ich dann auch noch durchlesen müsste. Ich habe inzwischen schon ein Repertoire mit verschiedenen Texten unterschiedlicher Längen und Thematiken.
    Ich denke übrigens auch, dass der Schüler grundsätzlich ganz genau zwischen richtigem und falschem Verhalten differenzieren kann.
    cheers rup

  5. Ich bin selbst noch Schülerin, muss aber sagen, dass ich es eher langweilig und auch unsinnig finde, einfach nur einen Satz 50 oder 100 mal schreiben zu lassen.
    Der eigentliche Sinn einer „Strafarbeit“/erzieherischen Maßnahme sollte doch der Einsatz des Gehirns sein, weshalb ich die jeweilige Aufgabe eines ehemaligen Lehrers ziemlich gut fand: Da mussten die betreffenden Schüler Vorträge zu einem Thema, das in den Unterricht passte, vorbereiten und wurden anschließend benotet. So war sogar ein gewisser Ansporn da, weil man sich so ja relativ einfach eine gute Note verdienen kann.

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