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Eine Kollegin nutzt die letzten Minuten spätnachmittags oft, um ihrer Klasse aus einem Buch vorzulesen. Die Schüler machen es sich auf ihren Plätzen bequem und lassen den Schultag ausklingen. Die Zeiten, in denen der Großvater am Kamin saß und einem “Gullivers Reisen” vorlas, sind vermutlich ebenso vorbei, wie jene, in denen die Schüler selbst noch gelesen haben.

Vorlese-Bücher 1Wie viele gute Ideen habe ich auch diese schamlos abgekupfert. Als strengster Lehrer der Schule muss ich immer auch aufpassen, dass die Stimmung nicht ‘kippt’: Wenn meine Rolle als Klassenlehrer sich allzu sehr auf das Disziplinieren und Organisieren beschränkt, rutsche ich womöglich in dieses “oh shit, Papa kommt abends von der Arbeit und jetzt gibts Ärger wegen xyz”. Dann wird instinktiv der Kopf eingezogen, wenn ich den Raum betrete – und das will ich nicht.
Lehrerarbeit ist vor allem Beziehungsarbeit – und Vorleserituale helfen mir, diese Beziehung positiv zu gestalten. Tatsächlich liebt meine Klasse diese Nachmittage. Ich darf meiner Vorliebe fürs Theater gerecht werden und mit verstellter Stimme erzählen, quicken, flüstern, zischen, brüllen und grunzen.

In den vergangenen Wochen haben wir “An der Arche um 8” von Ulrich Hub und Jörg Mühle gelesen. Ein sehr lustiges Buch über zwei Pinguine, die auf die Arche dürfen um die Sintflut zu überleben, und heimlich ihren Freund mit an Bord schmuggeln.
Das Buch ist so kurz, dass man auch bei zerteiltem Lesen nicht den Faden verliert und es ist so amüsant geschrieben, dass die Schüler immer wieder lachen müssen. Eine wirkliche Empfehlung.

Konkrete Frage an euch: Habt ihr Büchertipps?

22 Gedanken zu „Vorlese-Bücher“

  1. Vorlesen kommt immer gut an. 🙂
    Buchtipps … hm. Das ist stark altersabhängig, würde ich meinen. Aber bis etwa zur sechsten Klasse kommen Pippi Langstrumpf und Kalle Blomquist von Astrid Lindgren noch ganz gut an, der Wunschpunsch von Michael Ende passt auch immer ganz gut. Die Unendliche Geschichte von Michael Ende und Momo gehen auch noch in der siebten und achten Jahrgangsstufe. Wobei ich da schon Sachen wie Sophies Welt und Das Kartengeheimnis von Jostein Gaarder gelesen habe. Die sind etwas anspruchsvoller, aber wenn man kurz zusammenfasst, worum es vorher ging, ist das kein Problem (bei zwei oder mehr Lesenachmittagen je Woche). Die Anna-Bücher von Fynn sind eher nachdenklich, eignen sich ab der fünften Jahrgangsstufe aber auch gut zum Vorlesen (Hallo Mister Gott, hier spricht Anna; Anna schreibt an Mister Gott und Anna, Fynn und der ungläubige Thomas). Ältere Schüler/-innen kann man oft auch mit Terry Pratchett im englischen Original begeistern. Und ja, auch in der gymnasialen Oberstufe kann Vorlesen noch cool sein. Man kann schließlich dank App auch vom Handy, Tablett, Notebook aus vorlesen, oder einen E-Reader nutzen. Aber das geht dann schon wieder in Richtung Unterricht in Sachen Medienkompetenz …

    Ich hoffe, das hilft ein bisschen weiter. Grüße von einer Bibliophilen!

    1. Danke 🙂
      Pippi Langstrumpf ist sicher eine Überlegung wert – aber ich schaffe manchmal nur zehn Minuten in der Woche zum Vorlesen – das ist schon arg kurz. Die unendliche Geschichte würde ich wohl nie fertig bekommen 😀

  2. hmmm, was mir sofort einfällt ist „Die Gespensterjäger“ von Cornelia Funke. Überhaupt sind die Bücher von Frau Funke lesenswert, und da spielt das Alter kaum eine Rolle. „Die Wilden Hühner“ habe ich auch erst mit 18 Gelesen, und hatte meinen Spaß dran. Sonst die „Frechen Mädchen“ Bücher. Wenn es was Spannendes sein sollte, dann vielleicht das Buch „Lösegeld“. Das ist aber erst ab 12. In Späteren Jahrgangsstufen könnte man auch „Ich will nicht das ihr weint“ lesen. Und man kann sich auch die „Unendliche Geschichte“ vornehmen

  3. Unser Musiklehrer hatte uns immer „Die gefesselten Gespenster“ vorgelesen, es war ausgesprochen komisch…und mit Abstand das Beste, was der Musikunterricht zu bieten hatte, weil ich musikalisch total unbegabt bin 😀

  4. Klingt nach einem schönen Ritual.
    Toll finde ich die folgenden Bücher, sie sind allerdings nicht mit Schülern „erprobt“:
    „Rico, Oscar und die Tieferschatten“ von Andreas Steinhöfel, davon gibt’s auch noch Teil 2 und 3 und ich bin großer, großer Fan.
    „Der Zahlenteufel“ von Hans Magnus Enzensberger.
    Und „Momo“ von Michael Ende ist einfach auch wunderschön.

    1. „Rico, Oscar und die Tieferschatten“ habe ich in meiner 5. im Rahmen der Lesenoten von den Schülern selbst ein Stück weit vorlesen lassen. Resultat: Der Rest soll auf Wunsch der Schüler unbedingt die Klassenlektüre für dieses Jahr werden.

  5. Heyja,
    ich habe letztes Jahr mit meiner 5: http://www.amazon.de/Ella-zweiten-Klasse-Sabine-Wilharm/dp/3446231102/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1366143144&sr=8-1&keywords=ella+in+der+zweiten+klasse gelesen. Auch wenn die Jungs stöhnten, dass das Buch arg rosa aussieht, hatten die meisten dann doch eine Menge Spaß. Allerdings habe ich das Buch nicht im Deutschunterricht gelesen, sondern im Förderunterricht als Lesetraining genutzt.
    Für mich als „erwachsener“ Leser ;o) hatte die Lesung noch einen tollen doppelten Interpretationsboden durch die doch sehr interessante Lehrerperspektive….
    Falls sich das Buch nicht für deine Klasse lohnt, für das Töchterchen lohnt es sich definitiv, zumindest meiner Meinung nach.
    Liebe Grüße ins Siegerland.

  6. Gerade für kürzere Vorlesesessions sollte man nie die magische Anziehungskraft von Märchen (müssen ja nicht die gängigen von den Herrschaften Grimm sein, wenn die Schüler die schon auswendig können) und Schwänken (z.B. Schildbürger oder Till Eulenspiegel – Kästner hat die sehr schön nacherzählt) auf Fünftklässler unterschätzen.

  7. Das beste Buch aller Zeiten ist für mich „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ und auch die beiden nachfolgenden Rico-Geschichten sind genial. Das ist ein Buch, dass man in vielen Altersstufen mit Spaß lesen kann und jeder wird aus dem Buch etwas anderes für sich finden können. Ich bin ja nun auch schon etwas älter und habe die Bücher „verschlungen“ und mittlerweile schon mehrfach gelesen.
    Auch toll und ebenfalls von Andreas Steinhöfel ist „Beschützer der Diebe“. Ein Taschenbuch, nicht so super viel Text, toll und spannend erzählt. Auch ein ideales Vorlesebuch.
    Und ansonsten ist Erich Kästner sehr vorlesegeeignet. Neben den Klassikern wie „Emil und die Detektive“, „Das fliegende Klassenzimmer“ gibt es auch etwas unbekanntere Bücher wie „Emil und der dritte Zwilling“, „Der 35. Mai“ und ich liebe auch den „Kleinen Mann“. Gerade für ältere Schüler ist auch das biographische Buch „als ich ein kleiner Junge war“ super geeignet. Ist toll erzählt und liest sich einfach toll und ist gleichzeitig sehr anschaulicher Geschichtsunterricht.

    viel Vergnügen beim Lesen!

  8. Unser Deutschlehrer hat (in der 7.-10. Klasse) immer freitags in den letzten 15 Minuten vorgelesen. Es fanden alle toll. Am besten war „Im Dutzend billiger“ von Frank B. Gilbreth.

  9. An meiner Schule ist das Vorlesen im Curriculum verankert, sodass alle Deutschlehrer ständig mit ihren Büchern in die 5ten Klassen rennen.
    Sehr hübsch finde ich „Sie sind ein schlechter Mensch, Mr. Gum!“ von Andy Stanton. Das Buch ist einerseits eh sehr witzig, andererseits hat Stanton ein wirkliches Talent für gelungene Vergleiche. So heißt es an einer Stelle „… nun standen sie da wie niedergeschlagene Zwiebeln…“ oder „… ordentlich aufgereiht wie Taschenrechner…“
    Da die Kinder beim Vorlesen ja eh gerne malen, kann man sie auch gut mal eine niedergeschlagene Zwiebel malen lassen.

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  12. Bin auch eine dieser Deutschlehrerinnen, die nie ohne ein Vorlesebuch in Unterstufenklassen geht – die Schüler lieben das Vorlesen, ich liebe es auch!
    Besonders zu empfehlen für die 5. ist „Winn-Dixie“ von Kate DiCamillo, eine lustige und gleichzeitig nachdenkliche Geschichte über die Freundschaft (heimlicher Star des Buchs ist ein Hund).
    In der 6. habe ich immer gute Erfahrungen gemacht mit „Wie man unsterblich wird“ von Sally Nicholls – das ist ein ebenfalls sehr humorvolles, lustiges Buch, obwohl es um ein krebskrankes Kind geht, das schließlich auch stirbt (die Engländer kriegen einen solchen Spagat einfach prima hin!). Außerdem ist der Protagonist männlich und es gibt sachbuchartige Einschübe mit Wissenswertem und Kuriosa rund um den Tod, was gerade den Jungs immer sehr entgegenkommt.
    Wenn man nicht ein ganzes Buch selbst vorlesen will, sondern auch die Schüler vorlesen lassen will, ist es meines Erachtens wichtig, dass zumindest den Anfang des Buchs der Lehrer selbst vorliest. Denn nur dann ist gewährleistet, dass die Lesequalität so hoch ist, dass das Interesse der Klasse am Buch geweckt wird. Ein lahmer erster Vorleser macht schließlich sogar die spannendste oder witzigste Geschichte kaputt, sodass sich keiner für den Fortgang der Handlung interessiert.

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