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Einen Tag im Rollstuhl

IMAG0017Durch die freundliche Unterstützung von Herrn Weth, der im Haus der Gesundheit in Freudenberg arbeitet, bekam meine ganze Klasse die Möglichkeit, einen Schultag lang im Rollstuhl zu verbringen. Ich liebe meinen Beruf für solche Möglichkeiten.

Im Vorfeld habe ich die Klasse intensiv auf den Tag vorbereitet – die Aktion selbst aber ganz entspannt in die Hände meiner fähigen Kollegen gelegt, so dass ich bequem einen Kaffee trinken zusehen und unterstützen konnte.

Da keine 28 Rollstühle in unser Klassenzimmer passen, haben wir uns auf 14 beschränkt, so dass die halbe Klasse bedient war. Die ersten drei Stunden des Tages sollte die eine Hälfte, die letzten drei Stunden die andere Hälfte der Schüler sitzen. Wichtig war: Sie mussten sitzen. Ausnahmslos. Was in den ersten Minuten womöglich noch ganz witzig war, würde irgendwann anstrengend und vielleicht sogar nervig werden. Wer sitzt schon gerne 3 Stunden am Stück auf einem Stuhl? Tatsächlich ging es mir um genau diesen Punkt: Erst wenn es nervig wird, beginnt der Lerneffekt. Wenn man nicht “einfach so aufstehen und weggehen” kann. Die Schüler versprachen, auf die Rollstühle aufzupassen und auf Wettrennen weitestgehend zu verzichten.

IMAG0025Für zusätzliche Aufregung in der Klasse sorgte der Besuch des WDR Fernsehens, die uns an diesem Tag begleiten und die verschiedenen Hürden des Tages dokumentierten sollten: Wie soll ein Rollstuhlfahrer durch unsere schweren Türen kommen? Wie befreit man sich wieder aus der Hackschnitzel-Falle? Sogar beim Umziehen vor dem Sportunterricht galt die Regel: Es darf nicht aufgestanden werden. Herausfordernd war die große Pause, in der all die großen Schüler neugierig herankamen und wahlweise selbst schieben oder im Rollstuhl sitzen wollten. Für meine 5er wurde da ganz deutlich, wie schwer man sich aus einer so tiefen Sitzposition gegen Größere “wehren” kann.

IMAG0039Insgesamt lief der Tag sehr diszipliniert ab, worauf ich wirklich stolz bin. Man merkt Schülern (und Lehrern) an, dass das Schuljahr in NRW extrem lang gewesen ist und 5er, die den halben Tag entgegen ihres Bewegungsdranges sitzen müssen sind unerträglich unausgeglichen.
In der Feedback-Runde waren die Schüler natürlich vom Fernsehen begeistert und das sie keinen regulären Unterricht hatten. Aber sie merkten auch an, dass irgendwann der Rücken schmerzte und die Beine. Welches Hindernis eine einzige Stufe böte und wie umständlich viele Wege seien. Insgesamt hat es ihnen aber wahnsinnig viel Spaß gemacht. Ein Highlight für meine beiden Glasknochen-Mädchen war, dass sie beim Sport die schnellsten der Klasse waren.

Den Bericht über den Tag gibt es hier:

6 Gedanken zu „Einen Tag im Rollstuhl“

  1. Wow, das ist ja wirklich mal ein besondere Erfahrung für die Kids! Ein Lob an alle, die bei der Organisation mitgeholfen haben. Ich bin schon sehr auf den Bericht vom WDR gespannt. 🙂

  2. Das finde ich richtig Klasse!!

    Ein solches Projekt sollte meiner Meinung nach an viel mehr Schulen durchgeführt werden. Wenn wir Inklusion auf unsere Banner schreiben, dann sollten wir uns auch wirklich mal anschauen, wie sich anfühlt, worüber wir sonst nur reden oder drüber nachdenken. Vor allem an Schulen mit dem Siegel „Gesundheitsschule“ oder beruflichen Schulen, die Menschen ausbilden, die mit körperlich behinderten umgehen, sollte das Pflichtprogramm sein.

  3. eine tolle und wichtige Sache, die mich daran erinnert hat, einmal nachzusehen, was der Rollstuhlsport in Schloss Wittgenstein macht, denn dort gibt es seit Jahren ein tolles Projekt, dass der „Erfinder“, Herr Henkel , im Rahmen des GÖS-Programms vor vielen Jahren an unserer Schule vorgestellt hat. – Und die Welt ist sooo klein: Auf dem neuesten Foto zusammen mit den Sponsoren unterschreibt Stefan Frisch für Medica Brachbach. Stefan ist ein ehemaliger Schüler unserer Schule!

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