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Fremdenführer.

(c) by Gage SkidmoreIch stehe an einer Tankstelle in Berlin, als mich ein holländisches Pärchen anspricht. Er weist eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem jungen Brent Spiner auf, bevor der als Commander Data bei Star Trek in Erscheinung trat, sie wirkt freundlich und spricht besser Deutsch.
Ob ich Richtung Süden führe, wollten sie wissen, und ob sie eine Strecke mitfahren dürften.

Kurz blicke ich in mein schmutziges Auto. Auf der Rückbank liegen ein paar Nägel und ein Schraubenzieher – Geschenke von Rabauki, die meine Tochter mitgebracht hat.
“Klar”, murmle ich und zu spät fällt mein Blick auf den blutbefleckten Zettel auf dem steht, dass Carolina sich beim Hausbau eine Schramme zugezogen habe.

Wir fahren los und unterhalten uns. Als er erzählt, dass er Artificial Intelligence studiert lache ich laut los täusche ich einen Hustenanfall vor, sie studiert Unterrichtsentwicklung. Es entwickelt sich ein kurzweiliges Gespräch, in dem ich erfahre, dass sie quer durch Deutschland reisen, hier und da und dort zelten und so ihre Ferien verbringen.

Irgendwann schläft das Gespräch ein und ich frage, ob es sie stört, wenn ich mein Hörbuch weiter hören würde. Nein, alles prima. Gewohnheitsmäßig – und wie immer ohne nachzudenken – schalte ich das Radio ein, und David Nathans Stimme begrüßt mich, um mir Stephen Kings “Wahn” vorzulesen.

“WIE HEISST DU, DU MISTSTÜCK? WIE HEISST DU, DU BILLIGE, MIT LUMPEN AUSGESTOPFTE NUTTE? SAG MIR DEINEN NAMEN, SONST BRINGE ICH DICH UM! SAG MIR DEINEN NAMEN, SONST BRINGE ICH DICH UM!”

“Erm.. da gehts um…”, versuche ich stotternd zu erklären. “..einen Mann, der wahnsinnig wird. Also nicht ich werde wahnsinnig, sondern er!”
Vermutlich haben sie keines meiner Worte verstanden, außer “wahnsinnig”. Und das zweimal.

Im Rückspiegel sehe ich, wie die Holländerin auf der Rückbank nervös auf den blutigen Zettel und die verbogenen Nägel guckt.

Und sie sieht, dass ich das sehe.

Danach wird nicht mehr viel gesprochen.

Eigentlich wollte ich Data um ein Foto fragen, aber sie sind dann Hals über Kopf ausgestiegen.

Ferien… ich sag euch, da überlebt erlebt man die verrücktesten Dinge. 😉

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10 Gedanken zu „Fremdenführer.“

  1. Oh wie hab ich gelacht, Dankeschön!
    Da haben die beiden Holländer dann zu Hause ja was zu erzählen…
    „…und dann sind wir dem Mörder von der Rücksitzbank geflüchtet…“
    Schade, den jungen Brent Spiner hätte ich gern mal gesehen.

  2. Ich sehe schon, wie Sie in der nächsten Sendung von XY zur Fahndung ausgeschrieben werden 😀
    „Und jetzt bittet die Kriminalpolizei wieder um Ihre Mithilfe. Berlin: Anhalterpärchen aus Holland entkommt knapp geistesgestörtem Killer.“

  3. Pingback: Wahn. Stadtlauf. London. – Halbtagsblog…

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