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IMG_20141031_110615 (Medium)Nachdem der letzte Jungs-Mädchen-Tag von meiner Klasse sehr gut aufgenommen wurde, stand eine Wiederholung völlig außer Frage.

Kurz zum Hintergrund: Verschiedene Untersuchungen zeigen immer wieder, dass Mädchen und Jungen mit unterschiedlichen Leistungen aus der Schule kommen. Ausgehend von einer Mädchenförderung in den vergangenen Jahren sind es jedoch heute eher die Jungen, die einer Förderung bedürfen. Entsprechend plante ich mit meinen 16 Jungs einen Projekttag, während meine Co-Klassenlehrerin sich mit den 12 Mädchen zusammensetzte.

Ungeachtet aller Vor- und Nachteile von Inklusion, empfindet man sie hier als Belastung: Während (körperlich) gesunde Kinder zwischen Eislaufen, Klettern und Schwimmen wählen können, ist man bei einer Inklusionsklasse deutlich eingeschränkter. Und anders als bei einer Klassenfahrt, wo man mal sagen kann: “Das ist jetzt nix für dich, dafür gibt es nachher xy”,  gibt es beim Projekttag nur einen Tag. Fallen dann viele Optionen raus empfinden die anderen Kinder schnell Frust. “Nur wegen dem blinden Alex können wir nie ins Kino.” “Nur wegen der gelähmten Johanna können wir nicht reiten.”
Es erfordert unendlich viel Fingerspitzengefühl, hier die Außenseitersituation einiger Kinder nicht noch zu verschlimmern.

Was stand für mich auf dem Plan?

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Die Jungs entschieden sich für eine Fahrradtour zur Schwimmhalle im nächste Dorf. Und weil ich ja gerade ein neues Fahrrad habe und auch eine Smartwatch hatte ich überdies Freude, die Strecke mitzuprotokollieren (Wie man auf dem Bild sieht, haben wir uns auf dem Rückweg gehörig verfahren).
Aus juristischer Sicht ist so ein Ausflug (16 Kinder, nur 1 Lehrer) womöglich als fahrlässig einzustufen, zumindest aber nicht ganz ohne. Zum Glück kann ich mich zu 100% auf ‘meine Jungs’ verlassen: Solche Projekte laufen sehr konzentriert und gleichzeitig entspannt ab. Wenn wir eine Straße überqueren mussten, hielten zwei Schüler den Verkehr an, stellten sich deutlich sichtbar auf die Fahrbahn und warteten bis auch der letzte (= ich musste stets am Schluss fahren um sicherzugehen, dass keiner verloren ging) über die Straße gekommen ist. Die größten Clowns übernahmen dabei auch die größte Verantwortung – das ist aus Lehrerperspektive schon echt toll zu sehen.
Nicht nur für die Jungs war das ein wichtiger Tag – auch für mich. Die 7. Klasse ist einfach anstrengender zu unterrichten als eine 5 oder 10. Die Kinder stecken mitten in der Pubertät und haben alles im Sinn, nur nicht Schule. Der Tag hat auch mir geholfen, meine Kinder wieder mehr lieb zu haben. Man kann sich mal lockerer unterhalten und trifft sich nicht nur, weil der “Jeremy wieder einmal im Unterricht xy ausgefressen hat.”

Im Schwimmbad haben die Jungs sich dann aber richtig ausgetobt. Rutschen wurden gesperrt, bis man gegenseitig mit den Knien in den Rücken des Vordermannes krachte; es wurde probiert mit 16 Mann gleichzeitig zu rutschen und keiner ist ohne drei bis vier blaue Flecke aus dem Tag rausgekommen (an dieser Stelle Dank an die entspannten Bademeister). Ich habe währenddessen entspannt gelesen und mich mit dem ein oder anderen Badegast über den Beruf des Lehrers unterhalten. Danach wieder zehn Kilometer über Berg und Wald zurück.
Am Ende des Tages hatten einige Jungs locker 30 Kilometer Fahrrad und 3 Stunden Schwimmbad in den Knochen. Für mich begann dann – schmutzig und durchgeschwitzt – noch eine Lehrerkonferenz über die geplante Schulerweiterung.

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Dort traf ich auf meine Co, die mit den Mädchen auch einen schönen Tag verbracht hat.
Die Mädchen haben sich (Halloween entsprechend) bis zur Unkenntlichkeit geschminkt und zu einem stilgerechten Frühstück mit Hirn- und Spinnenmuffins, Mumienpizzen etc. getroffen. Anschließend in zwei Gruppen mit dem Tauschspiel “Apfel und Ei” durch das Dorf gezogen und fette Beute gemacht.

Am Ende eines langen (Konferenz-)Tages sind alle Kinder wohlbehalten und glücklich zu Hause angekommen und einmal mehr stelle ich fest: Ja, auch das ist Teil des Lehrerberufes. Pädagogische Arbeit. Erzieherische Arbeit. Beziehungsarbeit.

Ab Montag wird dann wieder gelernt.

3 Gedanken zu „Jungs-Mädchen-Tag (+Inklusion)“

  1. > Ab Montag wird dann wieder gelernt.

    falsch.

    denn an dem tag haben die jungs und maedels sehr viel gelernt. wohl mehr als am montag.

    (aber das steht eh indirekt im absatz davor. ich moechte dich nur in deiner tollen arbeit bestaerken.)

  2. Pingback: Ein Ausflug und Prüfungsvorbereitung - Halbtagsblog

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