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Mittlerweile ist Microsofts E² Educator Exchange ein paar Tage her und ich hatte Gelegenheit, meine Erfahrungen zu verarbeiten; und nach reiflicher Überlegung habe ich eine Entscheidung getroffen.

Ich habe gekündigt.

Um das zu erklären, muss ich etwas ausholen (bitte verzeiht). (Als ob ich es besonders spannend machen wollte.) (Aber als Autor nutze ich schamlos die Mythenmetzsche Abschweifung um im Rahmen meiner künstlerischen Freiheit zu tun, wozu es mich dünkt).

Also: Zwei Schritte zurück.
Wer mich ein wenig kennt (oder diesen Blog schon etwas länger liest), weiß, dass ich ein rechter Tunichtgut bin, im positiven Sinne also “eine Person, die Unfug treibt”. Ich habe das tiefe Bedürfnis, mich kreativ auszutoben und dieser Drang äußert sich in Form von 1200 Blogbeiträgen oder meiner Film-Lerntheke oder dem Bau eines Radios/Pools/Hühnerhauses/… oder all dem anderen lustigen und aufregenden und interessanten und langweiligen Alltagskram, von dem ich hier schon erzählt habe.
(Brumli, Brumli, Brumli, Brumli, Brumli, Brumli, Brumli, Brumli1)
Die Woche in Budapest hat mir eine Menge Möglichkeiten gezeigt, noch verrückter, noch wilder und noch aufregender zu leben, zu experimentieren und zu unterrichten. Ich habe dort jeden Vortrag, jedes Gespräch und jedes Details tief eingesaugt. Mit den OneNote Entwicklern in Kontakt zu treten und ihnen erzählen zu dürfen, was ich als Lehrer bräuchte, war schon ziemlich cool.
Überdies bin ich Teil des Microsoft Surface Team – auch hier die gleiche Nummer: Man stattet mich mit einem Surface aus und lässt mich spielen, experimentieren, ausprobieren. “Mach, tob dich aus und schau, was bei rauskommt” ist die Devise.

Mit meinem Kollegen Riza Kara durfte ich heute zwei Mitarbeiter des Raabe Verlags begrüßen. Beide hatten eine lange Anreise aus Stuttgart in den Knochen um unseren Unterricht zu sehen und ich hatte nichts in der Hand als meine 8. Klasse am Nachmittag, die ich – dank Grippe, Praktikum und Budapest – seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen habe. Lerntheke. “Einführung in die Linearen Funktionen.” Gibt bessere Startbedingungen.
Aber es lief super. Das Gespräch war spannend und die Klasse hinterließ einen tollen Eindruck. Unser Konzept der Lerntheke überzeugte (man muss es vielleicht live sehen, um zu glauben, dass es so gut funktioniert) und vermutlich steht zukünftig eine enge Zusammenarbeit mit dem Raabe Verlag auf dem Plan.

Spielen. Experimentieren. Ausprobieren.

Was mich zu meinem Job als Moderator im Kompetenzteam führt.
Nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Schluss gekommen, dass dieses Aufgabenprofil nicht mit meinen Vorstellungen zusammenpasst und bin von meiner Rolle zurückgetreten. Ich möchte das ganz nüchtern verstanden wissen: Da arbeiten engagierte und freundliche Leute, mit Sicherheit tolle Lehrer, mit dem Ziel, etwas in der Bildungslandschaft zu bewegen.
Mein Arbeiten ist wild und kreativ und chaotisch und experimentell – das Ministerium hingegen möchte (verständlich!) eine gewisse Kontinuität und Qualität in ihren Fortbildungen garantieren. Das bedingt sehr viel Papierarbeit, viel korrektes Formulieren und beachten von vielen wichtigen Vorschriften. Ich habe einen Einblick gewonnen und bin dafür ganz dankbar, aber komme zu dem Schluss, dass es nicht passt.

Man mag mir vorwerfen, nach nicht einmal einem Jahr schon die Flinte ins Korn zu werfen und tatsächlich lasse ich diesen Vorwurf auch unkommentiert stehen. Ja, so ist es.

Aus Gründen ist mir meine Lebenszeit überaus kostbar und ich bin in meinen Entscheidungen recht konsequent. Dieser Weg endet hier, andere sind gerade dran. Fortbildungen werde ich weiter veranstalten – aber dann müssen mich die Leute halt direkt einladen. Ging bisher und das klappt bei Kollegen auch.

Außerdem heute einen Unterrichtsbesuch eines Referendars gehabt und ein spannendes Gespräch mit dem Fachleiter geführt. Überschrift: Ist ein Unterricht, bei dem Schüler eigenverantwortlich und motiviert lernen und der Lehrer im Hintergrund steht für das Examen geeignet oder besser lehrerzentrierten Unterricht zeigen? Oder, provokanter: Kann man anhand der Atmosphäre im Unterricht und der Arbeitsweise der Schüler auf die Qualität des Lehrers schließen?
Wäre vielleicht Platz, für ein weiteres Streitgespräch. 🙂

1: Wer das versteht ist ein echter Literaturliebhaber.

8 Gedanken zu „Kündigung.“

  1. Gute Entscheidung. Aufgaben, die man nicht mit vollem Herzblut machen kann oder möchte, die sollte man sich (nach Möglichkeit) nicht aufhalsen oder möglichst bald wieder abstoßen.

    Naja, beim Klassenarbeiten korrigieren schaffe ich das leider nicht… 🙂

    Keep on rocking!

  2. Du bist der Aus-dem-Bauch-heraus-Typ, die Entscheidung war für dich sicher richtig. Und falls du doch mal wieder Sehnsucht hast, kommt etwas Neues daher.
    Also schließe ich mich an: Keep on rocking!

  3. Gute Entscheidung. Lande immer wieder bei demselben Dilemma. Ich arbeite gerne, möchte aber etwas entwickeln dürfen. Immer wieder mit Regeln und Bürokratie 10 Schritte zurückzufallen ist nicht leicht. Solche Typen wie Dich braucht Deutschland, aber um wieder etwas Lockerheit in den Beruf zu bekommen und nicht um Dich auch noch einzuschränken.
    Letzter Absatz ist traurig aber wahr. Echter schülerzentrierter Unterricht mit einem Lehrer als echtem Lernbegleiter und in keiner zentralen Rolle wird in kaum einer Vorzeigestunde zu sehen sein. Ganz ganz schade, da lügt man sich zu oft schülerorientierten Unterricht in die Tasche, leitet aber eigentlich als Lehrer alles an 🙁

  4. Mein Fachleiter in Geschichte hat uns Refis genau daraufhin „trainiert“. Der Lehrer sucht das Matetial, begleitet den Einstieg und knapp die Sicherung. (Allerbestens kommen die SuS auf eine neue Frage, die zufällig/idealisiert in der nächsten Stunde thematisiert werden soll.) Sonst hat man sich als Lehrer zurückzuhalten. Es geht ja um die Messung der reinen Lernzeit (!) für die Schüler, nicht um die Kommunikationsfähigkeiten des Lehrers. Genau das waren auch die Kriterien im Examen.

  5. Ich bin hin- und hergerissen: Jeder mit Hirn und deiner Einstellung, der dieses m.E. im Grunde preußisch-totalitäre System verlässt, erhält es auch genau dadurch (und schwächt andere, die dort verändern wollen).

    Persönlich kann ich deine Entscheidung mehr als nachvollziehen. Ich gehe einen anderen Weg, sehne mich aber auch gelegentlich nach einem schnuckeligen Koordinatorenbüro, dem Car-Upgrade durch A15 und der idyllischen Kleinstadtwelt. Noch bekomme ich mich da selbst in den Griff :o)…

    Das mit dem Verlag kann – glaube ich – etwas sehr Bestätigendes werden.

    Mit deinen Beobachtungen zu Vorzeigestunden schließt sich für mich ja nur der Kreis: Die dahinterstehenden Theorien (Einstieg, Problematisierung, Bearbeitung, Sicherung, Transfer) sind a) 40 Jahre alt und vordigital und b) auf Prüfbarkeit gebaut. Systemerhalt.

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