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Digitalisierung der Schule ‘von unten’

In den letzten Jahren habe ich festgestellt, dass die Computerkenntnisse vieler Schüler gegen Null tendieren. Browser starten und ins Internet gehen klappt – alles darüber hinaus ist schwierig. Die Kinder (meine eigenen eingeschlossen) kennen zwar hunderte von Apps und wissen auch, wie man die Sperre des heimischen Routers umgeht – aber die Bedienung von Office-Programmen, das Hineindenken in komplexe Programme stellt für viele eine hohe Hürde dar.

Obwohl ich den Einsatz des Computers im Unterricht nur für bedingt sinnvoll halte, beneide ich die Kollegen von Tablet-Klassen. Ich wüsste gerne, ob und wie diese Schüler später aus dem Unterricht herausgehen.

An meiner eigenen Schule ist keine Tabletklasse in Sicht und weil die Computerfähigkeiten meiner Ältesten auch eher bescheiden sind, habe ich mit ihr folgendes Experiment gestartet: “Die Digitalisierung von unten.”

Digitalisierung der Schule ‘von unten’ 1Für 100 € habe ich zunächst ein gebrauchtes Samsung Galaxy Note 10.1 mit Stift gekauft und das Gerät auf Android 4.4.2 geupdatet. Anschließend das kostenlose Microsoft OneNote darauf installiert und Carolina die Grundlagen des Programms erläutert. Ein Notizbuch “Schule” und Registerkarten für die einzelnen Fächer erstellt.
Nun bequatscht sie in der Schule Lehrer für Lehrer, den Tablet doch bitte als Heftersatz zu erlauben und schreibt digital mit. In der Schule braucht sie weder Steckdose noch Internet, ein Backup entsteht jeden Nachmittag im heimischen WLAN, es entstehen keine Kosten und möchte sie doch einmal etwas Komplizierteres in ihren Aufschrieben ergänzen, kann sie das an jedem Computer tun.

Insgeheim freue ich mich vermutlich noch mehr, als sie selbst über dieses Wagnis. Die Kosten sind mit 100 € überschaubar und wenn es gut läuft, lernt meine Tochter nebenher noch die Bedienung der OfficeProgramme. Vor allem hoffe ich, dass sie lernt, den Computer nicht nur als Daddel-Maschine zu begreifen. Nicht nur ich, sondern auch meine Tochter wechselt zur digitalen Schultasche.

Denke ich an meine eigene 9. Klasse, würde ich das gerne als allumfassendes Projekt in ihrem letzten Schuljahr starten. Ein großer Teil von ihnen wird in zwölf Monaten ins Berufsleben wechseln und alle, alle, alle brauchen Nachhilfe in Sachen “Computer”.
Vielleicht stelle ich es ihnen in der nächsten Stunde mal vor – dann hätten sie die Sommerferien zum Grübeln und womöglich werden sich einige darauf einlassen. Bevor die Wanka-Milliarden meinen Klassenraum erreichen, muss ich die digitale Evolution vielleicht einfach ganz pragmatisch von unten starten. Bei meiner Tochter ist zumindest der Anfang gemacht.

12 Gedanken zu „Digitalisierung der Schule ‘von unten’“

  1. Tolle Idee, aber es gibt doch bestimmt Lehrer, die das nicht erlauben? Ich wäre sehr gespannt, wie sich das Projekt entwickelt. Ich habe nämlich auch schon die Erfahrung gemacht, dass die Schüler Laptops u.Ä. eher zum Absturz bringen als anders herum

  2. Sehr cooles Projekt.

    Bei der Androidversion klingeln bei mir aber alle Alarmglocken. Damit holt ihr euch extrem viel Sicherheitslücken ins Haus. Das Ding ist von außen komplett zu übernehmen und kann in deinem heimischen Netz theoretisch richtig blödsinn machen. Ist aber auch alles eine Frage der Wahrscheinlichkeit.

    Ich bin auf jedenfalls schon auf den Bericht mit Ergebnissen gespannt!

  3. Hallo!

    Mich würde nach einiger Zeit ein Erfahrungsbericht interessieren.

    – Schreibt sie am Tablet wirklich schneller als auf Papier?
    – Ist die Qualität des digitalen Aufschriebs besser/schlechter/vergleichbar mit dem bisherigen Aufschrieb in Heften?
    – Wie sieht es mit geometrischen Konstruktionen im Mathematik- odee Physikunterricht aus?
    – Wie geht sie mit ausgeteilten Arbeitsblättern in Papierform um?
    – Arbeitet sie in der Schule im Flugmodus, so dass Ablenkungen digitaler Art außen vor bleiben?
    – Erstellt sie ein regelmäßiges Backup ihrer Mitschriebe?
    – …

    Fragen über Fragen. Bin schon gespannt auf die Erfahrungen deiner Tochter.

  4. Hallo (:
    Ich hab mir vor gut 3 Jahren genau dieses Galaxy Note für die Uni geholt und muss sagen, ich bin echt überzeugt. Zum handschriftlichen Ergänzen von (pdf-)Skripten in der Vorlesung ist das Gerät echt top und man spart sich das Geld und Papier zum Druclen. Auch mit der samsungeigenen Software „Note“ lässt sich ganz gut arbeiten, vor allem, wenn dem Gerät die eigene Handschrift beigebracht wurde funktioniert die Schrifterkennung bei mir problemlos und es werden sogar (mathematische) Formeln korrekt in Text umgewandelt. Der einzige Negativpunkt, den ich einzuwenden hab, ist die Größe des Tablets, ich persönlich würde mir einen etwas größeren Bildschirm wünschen.

  5. Pingback: Digitale Schulbücher – halbtagsblog

  6. Mh mh mh, ich überlege gerade, ob ich als Lehrerin das einem Kind erlauben würde in meiner Klasse. Mir erschiene es wohl unfair den anderen gegenüber und ich würde wohl die Diskussion fürchten, warum dann nicht alle das Gerät ihrer Wahl nutzen dürfen. Hm.

    Bei uns gibt es sowohl eine Tablet- als auch eine Laptopklasse. Hat alles Vor- und Nachteile. Laptops sind eben schwer, sperrig, abhängig von Stromquellen. Die SuS waren fix genervt davon, die Dinger mitzuschleppen und dann festzustellen, dass die dann oft doch nicht zum Einsatz kamen. Nahmen sie sie dann mal nicht mit, war plötzlich ein L erzürnt, weil er auf Vorhandensein von Laptops gebaut hat. Vorteil ist natürlich, dass die SuS gewissermaßen den Umgang mit Standardprogrammen auf einem PC lernen, was ich als gute Vorbereitung auf mögliche spätere Arbeiten in einem Büro ansehe.

    Tablets sind klein, leicht, lange Akkulaufzeit, etc. Ich fand es faszinierend zu beobachten, wie schnell die SuS am Tablet Tabellen erstellen und diese füllen. – Habe mich aber auch gefragt, ob die nicht aufgeschmissen sind, wenn sie sowas plötzlich am PC bewerkstelligen sollen; ohne Touchscreen, ohne Apps, und wenn die Programme dann ggf. doch anders aussehen, etc.

    Ich gebe zu, dass ich noch nicht wirklich überzeugt bin vom Tablet als Ersatz für Heft, Stift, etc., wenngleich ich es absolut befürworte, den Umgang mit Tablet und PC zu vermitteln.

  7. Hallo Jan-Martin,

    bin fasziniert von dem Tablet-Einsatz deiner Tochter.
    Gibt es hiervon schon was Neues zu berichten oder wurde das Projekt ad acta gelegt?

    Viele Grüße
    Michael

  8. Pingback: Wirklich wunderbarer Physikunterricht (2) – halbtagsblog

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