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Meine zehnte Klasse nähert sich mit großen Schritten dem Ende ihrer gemeinsamen Schulzeit. Die Osterferien stehen vor der Tür und direkt im Anschluss folgen die zentralen Abschlussprüfungen in Deutsch, Englisch und Mathematik. Bevor es aber in diese intensive Phase des Lernens und Antreibens geht, hatte ich das Gefühl, die Klasse kurz innehalten zu lassen.

Ich glaube, dass wir bei allen wichtigen Gedanken über Technologien, über Lernen 2.0 und Inhalte und Methoden, bei allen Sorgen darüber, was die Kinder heute für die Berufe von morgen lernen müssen zuweilen den Blick für die weichen Faktoren verlieren. Den sozialen Kitt. Den Gemeinschaftssinn.
Jeder von uns wird das kennen: Wenn wir uns am Arbeitsplatz wohlfühlen, leisten wir mehr. Wenn wir uns mit den Kolleg*innen gut verstehen und morgens gerne zur Arbeit fahren, dann fühlt sich jede Belastung nur halb so schlimm an1. Das gilt leider umgekehrt genauso. Es ist mir brutal wichtig, dass jedes einzelne Kind gerne in die Schule geht. Das halte ich für die Basis von allem Lernen. Wer mit Bauchschmerzen aufsteht, hat keinen Sinn für Goethe.

Ich empfinde aktuell keine „schlechte Stimmung“ innerhalb meiner Klasse, trotzdem hatte ich das Gefühl, dass es Zeit wäre für etwas Klamauk.
Bewaffnet mit dem Spiel „Activity“ und einer großen Packung Süßigkeiten haben wir heute die 8. Stunde miteinander (und gegeneinander) gespielt. Begriffe mussten gezeichnet, erklärt oder pantomimisch dargestellt werden. Jeder Regelverstoß wurde mit laut gekrähtem, rhythmischem „EIN – SCHRITT – ZURÜCK!“ bestraft. Lustig und Quatsch.

Wechselt man die Perspektive, lässt sich diese Stunde durchaus kritisch betrachten: Als Elternteil bin ich womöglich nicht so begeistert, dass der Sprössling in der Schule spielt, statt etwas zu lernen. Und als Politiker würde ich fragen, ob ich den Herrn Lehrer denn ernsthaft für solchen Klamauk bezahle.
Aus pädagogischer Sicht halte ich den bunten Nachmittag für eminent wichtig. Es wurde gelacht und getobt, hilflos mitgefiebert und der Gemeinschaftssinn gestärkt. Es war mir eine Freude ist das selbstgewählte Abschlussmotto meiner Schülerinnen und Schüler – und ich hoffe und wünsche, dass sie diesen Sinn fürs Miteinander, die Wertschätzung eines positiven Gemeinsinns mit in ihr weiteres Leben nehmen. Nach dieser kleinen Pause, dieser Ruhe vor dem Sturm, können wir ab nächster Woche wieder richtig arbeiten.

1: Dazu eine kleine Erinnerung: Auf meiner letzten Fortbildung wurden vier Thesen in den Raum gestellt.

  1. Als Schulleiter muss man geboren sein.
  2. Ein Schulleiter muss dafür sorgen, dass sich jeder Mitarbeiter wohlfühlt.
  3. Ein Schulleiter ist man vor allem Manager.
  4. Als Schulleiter ist man einsam.

Wir sollten uns räumlich positionieren, welche These wir am meisten befürworten.

5 Gedanken zu „Die Ruhe vor dem Sturm“

  1. Ich würde mich als Elternteil sehr freuen über so eine „Ruhe vor dem Sturm“-Pause. Ich vermute sehr stark, dass sich das positiv auf das Lernen und die Prüfungsphase auswirken wird. – Und vielleicht wäre These 2 dementsprechend…

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