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Lehreralltag & Blogupdates

Gerade plätschert mein Unterricht etwas, weil ich viel mit anderen Dingen beschäftigt bin. Thorsten Puderbach schreibt in einem lesenswerten Artikel über “Arbeitsblätter im Digitalen Zeitalter” vom Frust einzelner Lehrkräfte: Weil Schüler heutzutage alles blitzschnell googeln könnten, würde viele Arbeitsblätter nichts mehr taugen – die Schüler fänden zu schnell die Lösung.

Dieser Ansatz ist mir ziemlich fremd. Demzufolge wären Arbeitsblätter etwas, dass einfach abgearbeitet werden muss – quasi der Vorläufer einer Steuererklärung. Und wenn jemand pfuscht und die Lösung googelt, ist die schön geplante Unterrichtsstunde hin. Im Physikunterricht arbeite ich ganz anders. Wichtig ist mir nicht so sehr die Erkenntnis als vielmehr der Weg dahin.

Physikunterricht in der EF

Konkretes Beispiel:
2013-02-15 12.19.33Mit meinen 11ern beschäftigen wir uns mit dem Pendel. Um herauszufinden, wie ein Pendel funktioniert, wie die Formel aussieht und wie man damit Abituraufgaben löst, könnten wir einen Lesetext durcharbeiten, Youtube-Erklärvideos gucken oder ein Arbeitsblatt mit Experimentieranleitung befolgen. Wir können aber auch – von Grund auf – Theorien aufstellen. Wovon könnte die Schwingung eines Pendels abhängig sein?

  • Länge des Seils?
  • Gewicht am Ende des Pendels?
  • Auslenkungswinkel?
  • Gravitation?

Anschließend entwickeln die Schüler in Gruppen eigenständig Experimente, um ihre Theorien zu überprüfen. Und stellen fest: Oha, das Gewicht spielt gar keine Rolle! Der Auslenkungswinkel ist völlig egal.
Manchmal machen wir Diskussionsstunden. Wenn ich zum Beispiel ein Hindernis unter das Pendel baue, so dass es nach links frei schwingen, rechts aber durch einen Stab auf halber Höhe behindert wird und nur noch verkürzt schwingen kann (ein sogenanntes Hemmpendel) – was geschieht dann? Schwingt es rechts niedriger? Oder höher? Oder gleich hoch?
Ich lasse die Schüler entsprechend ihrer Meinung im Klassenraum in eine Ecke treten und miteinander diskutieren. Was spricht hierfür? Was dafür?

Nicht selten stöhnt der ein oder andere auf und bittet darum, dass Experiment doch einfach durchführen zu können – “dann sehen wir es doch einfach!”

Aber das wäre ja Quatsch.
Niemand interessiert sich dafür, wie und warum ein Hemmpendel schwingt, wie es schwingt. Aber wenn man darüber diskutiert, nachdenkt und Argumente austauscht, wird so ein einfaches Experiment ungemein spannend. Am Ende will jeder sehen, wer nun recht hat.
Der Weg dahin, die aktive Beschäftigung mit dem Inhalt macht – meinem Empfinden nach – guten Unterricht aus. Meine Schüler sollen nicht einfach Fakten auswendig lernen. Oder Programme bedienen. Sie sollen Denken lernen.

Auch Puderbach erweitert die konzeptionelle Gestaltung seines Unterrichts mit Arbeitsblättern und entwickelt mit seinen Schülern eine Meta-Ebene: Wieso lernen wir eigentlich? Und wie wollen wir lernen? Spannend!

Weitere Lerntheken zum Download

Außerdem:
Jörg Grabenstein ist als Mathematiklehrer eine ebensolche Lerntheken-Tante wie ich geworden und hat mir (uns! euch!!) seine Lerntheken zugeschickt. Auch dieses Material ist im Sinne von OER kostenlos und völlig frei verfügbar – ihr findet es hier auf der Downloadseite meines Blogs. Nutzt es, verändert es, passt es an eure Schüler an. Auch wer auf der Suche nach Übungsmaterial für Nachhilfe oder Wiederholung ist, findet hier genug.
Im Laufe der Jahre werden immer weitere Lerntheken zugefügt.

5 Gedanken zu „Lehreralltag & Blogupdates“

  1. Lieber Jan-Martin,
    ich denke nicht, dass ich gesagt habe, dass Arbeitsblätter nichts taugen. Ich habe „ein“ mögliches didaktisches Szenario entworfen, das zeigt, wie man mit Fragen auf einem Arbeitsblatt (gerne auch Schulbuch) umgehen kann, wenn diese Antworten schon längst im Netz zu finden sind!

  2. Lieber Jan-Martin,
    ich denke nicht, dass ich gesagt habe, dass Arbeitsblätter nichts taugen. Ich habe „ein“ mögliches didaktisches Szenario entworfen, das zeigt, wie man mit Fragen auf einem Arbeitsblatt (gerne auch Schulbuch) umgehen kann, wenn diese Antworten schon längst im Netz zu finden sind!

  3. Ich verstehe das Problem nicht.
    Arbeitsblätter ergeben doch nur Sinn, wenn ich eine verbindliche Grundlage habe auf die sich alle beziehen können, z.B. einen Text, Grafik, Experiment das mir hilft die Fragen auf dem AB zu beantworten. Somit gibt es doch keine Notwendigkeit, dass die SuS googlen. Zumal solche Aufgaben auch in der Regel zu komplex sind, um sie mal eben zu googeln. Dabei kommt es ja auch darauf an, dass die SuS lernen Erkenntnisse aus Texten, Grafiken oder halt Experimenten zu extrahieren / zu gewinnen.
    Arbeitsblätter, die dem Schema folgen, „ratet mal“ oder „diese Frage kann man nur mit individuellem Vorwissen beantworten“ finde ich auch vor Zeiten von google und co. sinnbefreit. Habe genau eine solche AB-Sammlung vom persen-Verlag für leppische 18€ erworben und war schwer enttäuscht. Sowas braucht wirlich niemand.

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