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3, 2, 1… vorbei

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Gestern traf sich meine Klasse an ihrem letzten regulären Schultag eine Stunde früher als nötig, um ein letztes Mal eine alte Tradition aufleben zu lassen: Jeder Schüler bekommt ein großes Blatt Papier mit seinem Namen drauf. Anschließend gehen alle reihum und schreiben bei den anderen positive Dinge drauf. Kritisches ist nicht erlaubt – nur Schönes.
Ich ahne, dass dieses Feedback den Kindern sehr gut tut. Nicht jeder erlebt zuhause Wertschätzung und Miteinander.
Die Klasse drängte ein wenig darauf, auch mir einen Zettel zu schreiben – aber ich habe angelehnt. Was hätten sie auch ernsthaft drauf schreiben sollen? „Ich mag, dass Sie mich nie anschimpfen?“ Das wäre alles recht oberflächlich geworden. Umgekehrt habe ich kurz überlegt, ob und was ich auf die Zettel der Kinder schreiben soll – aber auch da habe ich verzichtet. Hätte ich bei einem etwas geschrieben, hätte ich das bei allen machen müssen. Insgesamt hat die Aktion über eine Stunde gedauert und die meisten haben das sehr ernst genommen.

Während an unserer Schule dann die alljährlichen Bundesjugendspiele gefeiert wurden, bin ich nach Bielefeld gefahren. Die mathematische Fakultät hatte mich im Zusammenhang mit dem Lehrerpreis eingeladen, in einem Forschungskolloquium über meine Arbeit mit Lerntheken zu referieren. Das war aufregend und eine Ehre und ich glaube, es hat den meisten Leuten ganz gut gefallen. Vor Leuten reden kann ich ganz gut und den ein oder anderen Witz kenne ich auch. Anschließend noch gemütliches Fakultätsgrillen und dann zur Heimreise.

Heute ist der gesamte zehnte Jahrgang nach Köln unterwegs: Im JumpHouse dürfen sich alle Schülerinnen und Schüler ordentlich austoben.

Und die Lehrer?

Berechtigte Frage – die Lehrer natürlich auch!

Außer natürlich… „Herr Klinge?“, ruft mich die freundliche Dame vom Empfang zurück und zeigt auf das große Hinweisschild:

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„Oh.. ich bin über 1,20 m“, versuche ich die Situation mit Humor zu retten (wie gesagt, ich kenne ein oder zwei Witze). Doch die Mitarbeiterin bleibt unerbittlich. Das ist dann also, ganz am Schluss, noch einmal das Drama meines Lebens zusammengefasst: Während meine KollegInnen begeistert springen und lachen und sich freuen, sitze ich am Kindertisch und tue so, als würde ich irgendwas arbeiten. Pff… noch vier Artikel, dann habe ich die Wikipedia durch gelesen und die Kinder Kollegen sind noch lange nicht müde.

Morgen noch Generalprobe und Freitag Zeugnisse. Dann ist es endgültig geschafft.

3 Gedanken zu „3, 2, 1… vorbei“

  1. Was für eine schöne Idee! Ich lese Ihren BLog so gerne und träume dann davon, was gewesen wäre, wenn ich solche Lehrer wie Sie gehabt hätte – in den 1960er Jahren.
    Viel Erfolg weiterhin!
    Ulrike

  2. Gut gemacht! Es ist immer so schön, wenn die Kinder plötzlich strahlen, wenn sie merken, was die anderen in ihnen sehen. Und du hast Recht, besonders die Kinder, die Zuhause nicht so viel Wertschätzung bekommen, leuchten dann besonders!
    Alles Liebe
    Sahra

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