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Aufruf: Ideen und Methoden für digitale Medien im Unterricht.

Ausgehend von einem exemplarischen, didaktisch sinnvoll eingebetteten Tableteinsatz in einer Physikstunde stelle ich die Frage, ob es tatsächlich genug Impulse gibt, um Tablets/Notebooks/Smartphones im Unterricht sinnvoll einzusetzen – oder ob es nicht Zeit wird für ein Handbuch: „Ideen und Methoden für digitale Medien im Unterricht“.

Immer noch spukt mir der Vortrag von Frajo Ligmann im Kopf herum und ich möchte euch gerne in mein Gedankenkarussel mitnehmen, weil mich besonders ein Punkt nicht mehr loslässt.

1. Ein Beispiel

Aufruf: Ideen und Methoden für digitale Medien im Unterricht. 1Ligmann erzählt, dass ihn ein befreundeter Physiklehrer um Rat fragte: „Ich habe da dieses langweilige Physikexperiment. Im Grunde besteht es aus einem Demonstrationsexperiment, bei dem ich Werte messe, sie an die Tafel schreibe und am Schluss aus den Zahlen eine Folgerung schließe.“
Ligmann demonstriert nun, wie sie dieses Experiment aufgebohrt haben.

  1. Zunächst haben sie nachmittags das gesamte Experiment mit einem Smartphone gefilmt.
  2. Anschließend die Tonspur gelöscht, in welcher der Lehrer erklärt, was er tut und was geschieht und was man daraus schließt.
  3. Alle Schüler haben nun auf ihren Tablets das stumme Video erhalten, verbunden mit der Aufgabe: „Seht euch das Video an, erstellt bitte selbst eine neue Tonspur und benutzt dazu folgende Begriffe: Radioaktivität, Strahler, Geiger-Müller-Zählrohr, Zählrate, Magnet, Ablenkung, …“.

Hm.
Den ersten Teil kenne ich. Ist halt ein klassisches Demo-Experiment.
Den zweiten Teil finde ich mega: Statt stupidem Abschreiben müssen sich die Schülerinnen und Schüler nun intensiv mit dem Experiment auseinandersetzen. Die vorgegebenen Begriffe müssen verstanden und sinnvoll eingesetzt werden – und weil so eine Aufnahme selten im ersten Versuch klappt, wird man sich mit dem Experiment intensiver beschäftigen müssen.
Ergebnis: Vom – im schlechtesten Fall – passiven Abschreiben unbekannter Begriffe und eines Tafelbildes hin zu aktiver Beschäftigung mit dem Experiment und aktiver Nutzung der Begriffe.

2. Impulse für den Unterricht

Dieses Beispiel lässt mich nicht los, weil ich im Leben nie darauf gekommen wäre, das so zu machen. Und das nervt mich kolossal! Ich lese zahlreiche Blogs, folge vielen inspirierenden Lehrern auf Twitter und doch bleibt vieles Stückwerk. Ich kenne Dutzende Apps und ihren primären Einsatz im Unterricht. Ich habe mich durch Listen von App-Sammlungen gelesen und mir immer wieder pfiffige Ideen gemerkt.

Beispiel: Ich kenne natürlich die App „Book Creator“ und weiß, damit kann man spielend leicht Bücher erstellen. Aber erst, nachdem ich Christian Wettke gelesen habe, dass er die App in der Oberstufe nutzt, um lebendige Lebensläufe zu erstellen, wird es für mich fassbar. Ja! Klar! Mensch! Und vielleicht nicht nur den eigenen Lebenslauf, sondern auch den von berühmten Wissenschaftlern.

Sebastian Schmidt schreibt in seinem Blog, dass es doch mittlerweile genug Impulse gäbe, um zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer für das digitale Arbeiten begeistern zu können und er liefert auch hilfreiche Links mit – aber ich möchte dem widersprechen: Was mir fehlt, ist eine gewaltige Sammlung von kurzen, prägnanten Unterrichtsskizzen und Ideen.  Ein Ort, durch den wir stöbern und uns keine Apps vorgestellt werden, sondern Unterrichtssituationen. Ein öffentliches OneNote-Notizbuch vielleicht?

3. „Ideen und Methoden für digitale Medien im Unterricht“

Vielleicht (nicht unwahrscheinlich) hänge ich vielen „digital native Kollegen“ einige Jahre hinterher – aber mir würde ein solches Handbuch voller Ideen wahnsinnig helfen. Gibt es das? Oder besser: lasst es uns gemeinsam schreiben!
Meine Schule wird in den nächsten Jahren einiges an Hardware anschaffen – und ich möchte dann nicht dasitzen und denken: „Ach, und was mache ich jetzt eigentlich damit?“ Ausgehend von einer Schule, die sich aufmacht, digitale Schritte zu wagen, brauchen wir konkrete Unterrichtsideen – nur kurz skizziert – die mir und anderen plastisch vor Augen führen, wie „digitale Medien“ unseren Unterricht transformieren können.

Ich habe (als ersten Schritt) ein öffentliches Notizbuch erstellt, in das jeder Mitlesende seine Ideen schreiben kann. (Und bitte, liebe mitlesenden Referendare – keine falsche Bescheidenheit! Immer raus mit den Ideen!) Gerne auch Kahoot zum Absichern am Ende einer Einheit – unbedingt! Aber besonders Ideen und Methoden, die sich bei euch oder eurer Schule bewährt haben und die es wert sind, von mehr Leuten gelesen zu werden. Der Link für das öffentliche Notizbuch ist

hier.

Lasst uns doch mal Ideen sammeln und schauen, was draus wird.

23 Gedanken zu „Aufruf: Ideen und Methoden für digitale Medien im Unterricht.“

  1. Eine tolle Idee, denn du sprichst mir aus der Seele. Ich kenne viele Apps, lese Blogs und mein Unterricht bleibt langweilig, weil mir Umsetzungsideen fehlen.
    Ich hoffe natürlich trotzdem, dass ich in dem Notizbuch nicht nur mitlesen, sondern auch mitschreiben kann.
    Viele Grüße

  2. Solche Ideen sind ja sehr schön, jedoch fehlt an sehr vielen Schulen das Geld für solch ein Projekt! Vielleicht sollte man mit so einer Ideensammlung beginnen, wie dieses Projekt überhaupt finanziert werden könnte. Selbst ein funktionierendes Whiteboard wäre an vielen Schulen eine Sensation.

  3. Ketzerische Spielverderbernachfrage:
    Wo ist der Unterschied, einen Stummfilm über ein Experiment zu sehen oder ein Experiment selbst (und nicht digital vermittelt) zu erleben und dann damit etwas zu machen (und zwar vielleicht sogar ohne die „Reizworte“)? Ok, die SuS können sich den Film in ihrem Tempo immer wieder ansehen. Den Film wird es aber zu 95% auch auf diesem Youtube inklusive der Erklärung geben. Gut. Könnte man mit Tablets recherchieren. Mir scheint das gute alte „entwickelnde Unterrichtsgespräch“ mit der anschließenden Erstellung eines Medienprodukt da zielführender zu – aber ich bin auch ein alter Tabletkrittel.

    1. Völlig nachvollziehbar – im Fall des Physikexperiments sieht das Experiment so aus:
      Aus einem „Kugelschreiber“ kommt unsichtbare Strahlung und wird von einem zweiten „Kugelschreiber“ mit Zähler aufgefangen. Dieses Experiment schaut man sich zweimal fünf Minuten an (einmal mit und einmal ohne Magnet). Für die interessierten ist ein Unterrichtsgespräch häufig spannend un zielführend. Meiner Erfahrung nach gibt es im Fach Physik aber nur wenig Interessierte – der Rest muss sanft geschubst werden.

        1. Ich fange ja nicht an, jetzt ständig stumme Videos zu verteilen – aber als Event ein oder zweimal in einem Schülerleben finde ich das sehr gelungen und wäre selbst auch nicht darauf gekommen. Nur darum gehts mir: Das Methoden-Repertoire zu erweitern und am Ende eben nicht nur auf Kahoot beschränkt zu sein… 🙂

    2. Im Standardfall führt die Physiklehrkraft das Experiment frontal vor. Schüler schauen und lassen sich im Wesentlichen erklären, was da passiert. Im anderen Fall bekommen sie den Stummfilm und einige Schlagworte. Die Schüler müssen analysieren, identifizieren, eine eigene Hypothese bilden und das alles dann verbalisieren – und zwar jeder einzelne. Dadurch werden ganz andere Kompetenzen gefördert als zuvor. Daher glaube ich nicht, dass mit dem „guten alten Unterrichtsgespräch“ vergleichbar ist.

  4. Ich finde die Idee gigantisch und sie würde mir sehr helfen, da bei uns die Technik existiert, aber mir oft die Zeit fehlt, alles in Eigenregie auszudenken und zu entwickeln. Deshalb wäre eine Ideensammlung als Anregung eine großartige Unterstützung. Danke! Ich mache mit!

  5. Hallo ihr Lieben,

    zu dem Thema Weiterbildung für Lehrer bin ich auf dieser Seite fündig geworden. Vielleicht hat ja von euch jemand schon von der Heraeus Bildungsstiftung gehört? Sie bieten verschiedene Seminare an. Z.B. „Den Lernerfolg fördern“ oder „Souverän und konstruktiv in schwierigen Gesprächen“.
    Wer will kann ja mal auf der Seite vorbeischauen. Ich bin mir sicher, dass das Angebot weiterhelfen kann.
    https://heraeus-bildungsstiftung.de/lehrer/
    Ansonsten wünsche ich euch allen Frohe Festtage!

  6. Hallo Jan, nun sind zwei Monate seit deinem Aufruf zu Digitalisierungsideen vergangen. Bist du zufrieden mit dem Ergebnis? Hat dich noch ein Tipp so begeistert wie dein Eingangs erwähntes Beispiel? Ich selbst muss sagen, dass ich etwas überrascht bin, wie wenig zum Beispiel zu Mathematik geschrieben wurde. Und obwohl ich selbst gerne im Rahmen meiner Möglichkeiten mit Technik arbeite, ist mir kein wirklich toller (im Sinne von neu gedachter) Unterricht eingefallen, den ich jemals damit abgehalten hätte – wie du sagst: kahoot und oncoo hätte ich auch auf Papier oder der Tafel machen können.
    Dadurch ist mir etwas klarer geworden, dass durch die Technik eben doch nur die alten Methoden in anderer Gestalt vermittelt werden – außer in deinem Beispiel: Die Schüler können ein Video selber herstellen. Wiki und Blog sind vielleicht auch noch neue „Methoden“, welche ich in deiner Sammlung aber nicht umgesetzt in einem konkreten Unterrichtsbeispiel gefunden habe – also für den Matheunterricht nicht so richtig funktionieren.
    Kannst du vielleicht in einem neuen Beitrag deine Gedanken dazu mitteilen – als eine Art Auswertung zu deinem Aufruf?

    1. Du hast meine Gedanken perfekt zusammengefasst.
      Das Problem bleibt bestehen und als einzige Lösung bleibt wohl nur, via Twitter und Blogs immer wieder neuer Ideen aufzuschnappen und umzusetzen. Aber eine konkrete Sammlung von „neu gedachtem Unterricht“ ist nicht in Sicht. :-/

  7. Pingback: Twitter als Lehrerfortbildung – jenslindstroem.de

    1. Danke für den Hinweis. Offenbar ist ein komplett öffentliches Notizbuch nicht sinnvoll, weil es nicht vor digitalem Vandalismus geschützt werden kann 🙁

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