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Apfelkuchen im Spätsommer (10/11)

Mein 300-Seiten Roman steht, alle Rückmeldungen sind eingearbeitet und den Roman veröffentlicht. Es fehlt noch die Geschichte des passenden Covers. Denn am Ende hatte ich fast mehr Probleme mit dem Cover, als dem gesamten restlichen Buch.

Wenn meine Töchter mir ihre gemalten Kunstwerke präsentieren, dann tun sie das voller Stolz und Liebe zu ihrer Arbeit. Nun haben meine Kinder viele Talente, aber künstlerisches Geschick oder ein Sinn für Farben und Perspektiven oder der Umgang mit Flüssigkleber gehört nicht dazu.

Mit allen kreativ Schaffenden teilen meine Töchter etwas, das man „the clients disease“ nennen könnte. Der Autor Steven Pressfield drückt das in „Nobody wants to read your sh*t“ treffend aus: Im Unterschied zu einem Autor, der in tiefer Liebe mit seinem Werk verbunden ist (und es unter Schweiß und Schmerz mal wütend, mal zärtlich in die Tastatur gehackt hat), ist das Buch allen anderen Menschen auf der ganzen Welt völlig egal.

Die schmerzhafte Wahrheit lautet: Nobody wants to read your shit!

Und als Autor ist man zu nah dran, zu verbunden mit dem Werk, als das man objektiv beurteilen könne, was sinnvolle Covermotive und Werbestrategien seien. Das solle man getrost Profis überlassen und sich raushalten.

Nun… ich teile die fehlende, künstlerische Begabung meiner Kinder – also habe ich das Erstellen eines Covers in professionelle Hände gelegt und gedacht, dass wird ein Selbstläufer. Aber Apfelkuchen Pustekuchen.

Freelancer anstellen

Apfelkuchen im Spätsommer (10/11) 1Die Gelegenheit war gut, Outsourcing einmal auszuprobieren. Über die Webseite fiverr.com bieten tausende Menschen ihre (digitalen) Dienste an, darunter auch Grafikdesigner aus aller Welt. Man kann sich ihre Arbeiten ansehen und dann jene anschreiben, deren Stil und Preispolitik einem zusagt.

Das ist tatsächlich kinderleicht und ich habe – etwas dekadent – direkt zwei Designer angeheuert, um unabhängig voneinander in unterschiedliche Richtungen denken zu können und auch, weil ich einmal sagen wollte: „Ich habe Leute aus Übersee angeheuert, die das für mich erledigen!“.
Nach kurzem Dialog mit den Grafikern eine Zusammenfassung meines Buches und die gewünschte Stilrichtung („eher minimalistisch; bitte keinen halbnackten Duke of Fireborrow, Vampire oder Sternennächte“) abgegeben. Fertig.

Und damit fing der Streit an.

7 Leute, 7 Meinungen

Weil ich um meinen eigenen, schlechten Geschmack weiß, habe ich jeden eingesandten Entwurf an ein halbes Dutzend Freund*innen und meine Testleser*innen geschickt und um Rückmeldung gebeten.

Und – ohne Witz – bei jedem einzelnen Entwurf gab es zwei Leute, die sagten: „Uh, das geht in die richtige Richtung“ und fünf die sagten: „Auf keinen Fall, weil…“

Bemerkenswert: Jeder Einwand war völlig schlüssig.
„Das Buchcover erinnert an einen Thriller – und dein Roman ist kein Thriller.“
Stimmt!
„Das Motiv ist so Rockabilly! Schrecklich!“
Stimmt!
„Was genau hat das Motiv mit der Prämisse deines Buches zu tun?“
Stimmt!

Drei Wochen lang habe ich Entwurf um Entwurf, Idee um Idee herumgeschickt und Feedback eingeholt. Aber es gab nichts, was auch nur ansatzweise eine breite Mehrheit gefunden hätte. Meine Grafiker waren sehr geduldig, sind in unterschiedlichste Richtungen gegangen von sehr minimalistisch bis überbordend detailverliebt. Abstrakte Vektorgrafiken und in Szene gesetzte Stockfotos. Ich habe einen ganzen Ordner voll Entwürfe.

„Du könntest“, schlug ein Freund vor, „alle Cover in deinem Blog präsentieren und die Leute abstimmen lassen.“

Und bis zuletzt habe ich mit dieser Idee geliebäugelt, die mir sehr charmant erschien. Möglich wären auch zwei Wahlen.

  1. Welches Buchcover spricht dich an, ohne dass du den Inhalt kennst?
  2. Darunter der Klappentext und die Frage: Nun, da du den Inhalt kennst: Welches Cover erscheint dir jetzt passend?

Ich würde eine breite Masse ansprechen und weiteres Feedback einholen.

Letztlich habe ich die Idee aber doch verworfen. Schon die wenigen Leute, die das ganze Buch kennen waren sich völlig uneinig über Stil, Gestaltung und Design des Buches. Da wird auch kein aussagekräftiges Ergebnis herauskommen, wenn hier zweihundert Leute abstimmen. Schwierig alles.

Das finale Buchcover

Am Ende habe ich einfach sortiert. Alle Kritikpunkte gewichtet und von all den Entwürfen und Coverideen (ich habe etwa 15 verschiedene Varianten) ist schließlich nur noch ein Buchcover übrig geblieben, mit dem ich zufrieden bin:

Cover Apfelkuchen im Spätsommer

Der Klappentext lautet:

Nach dem Tod ihres Mannes Thomas empfindet die 39-jährige Emma vor allem eines: Erleichterung. Abseits ihrer finanziellen Nöte steht sie nun vor der Frage, wer sie eigentlich ist, und wie es so weit kommen konnte, dass die toxische Beziehung zu ihrem jetzt toten Mann sie um alles gebracht hatte, was ihr einmal wichtig gewesen war.

Auf der Suche nach sich selbst ist sie überrascht, als sie in ihrer Großmutter nicht nur eine geduldige Zuhörerin, sondern eine Verbündete und Seelenverwandte findet.

Und als plötzlich der charmante Pfleger Robert ganz offensichtlich um sie wirbt, droht Emma all ihre vernünftigen Vorsätze über Bord zu werfen.

Apfelkuchen im Spätsommer (10/11) 2Bisher ist mein Autoren-Exemplar die einzige Ausgabe weltweit und ich muss mich von dem Gedanken „Nobody wants to read your shit“ lösen, denn er ist wenig hilfreich. Halte ich der Vorstellung stand, dass Leute meine Arbeit scheiße finden?

Muss ich. Muss jeder.

Der Roman „Apfelkuchen im Spätsommer“ ist ab sofort bei Amazon erhältlich und ich bin ganz aufgeregt, wie er dem Lesezirkel meiner Schwiegermutter gefallen wird.


Alle Teile der Reihe:

  1. Wie schreibt man einen Roman?
  2. Prämisse und Buchrücken ausarbeiten
  3. Vom Buchrücken zur Absatzgeschichte
  4. Interview mit einem Geist
  5. Einer Schneeflocke folgen
  6. Einen Roman schreiben
  7. Testleser*innen suchen und finden
  8. Self-Publishing oder Verlag? Was verdient man mit einem Buch?
  9. Als Autor auftreten oder unter Pseudonym schreiben?
  10. Apfelkuchen im Spätsommer
  11. Rückblick

2 Gedanken zu „Apfelkuchen im Spätsommer (10/11)“

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