Nicht nur in Deutschland – an vielen Orten der (westlichen) Welt herrscht in Teilen des (gemäßigten und linken) Spektrums Fassungslosigkeit über den (weltweiten) Trend zu faschistisch orientierter Politik: Zu viele Ausländer. Die „da oben“. Und auch zu viele „da unten“.
Wie um alles in der Welt kann man all die mühsam erkämpften Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte so leichtfertig wegwerfen?
Die „Simulation von Politik“, die die A*D aktuell mit großem Tamtam in Thüringen veranstaltet wird keinen einzigen Wähler dazu bringen, seine Wahl zu überdenken.
Wo aber kommt diese Politikverdrossenheit, die Protestwahl insbesondere bei der Jugend her?
Ein Aspekt, der mir zu wenig Beachtung findet ist der, dass unsere (westliche) Welt massiv geprägt ist von Führungsschwäche und Verantwortungslosigkeit.
Mal konkret: Wer ist wirklich und ganz konkret mit Namen verantwortlich für…
- die maroden Brücken in NRW?
- Stuttgart 21?
- den Berliner Flughafen?
- den desolaten Zustand der Bahn?
- die Tatsache, dass an vielen Stellen „theoretisch“ viel Geld steckt, das praktisch nicht abgerufen werden kann? (z.B. Digitalpakt)
Im Bereich Schule:
- Ein Junge filmt heimlich im Mädchenklo, wird von der Schule suspendiert und der Vater geht gerichtlich dagegen vor.
- Eltern klagen gegen Noten, Versetzungen, Unterrichtsinhalte.
Wer hat da noch Lust, den Kopf für irgendwas hinzuhalten?
Die Antwort ist: Niemand.
Niemand trägt mehr Verantwortung. Eine Behörde schiebt es auf die nächste. „Melden macht frei“, hörte ich neulich im schulischen Kontext. An anderer Stelle erzählte mir der Chef einer Firma, er würde in E-Mails ersticken, weil er in jeder Mail CC gesetzt würde: Wenn etwas schief läuft, heißt es dann: „Ich habe Sie doch informiert!?“
Also macht man Dienst nach Vorschrift.
Niemand trägt mehr Verantwortung. In unserem, von Juristerei geprägten Land will niemand etwas entscheiden, niemand in der Politik für irgendwas verantwortlich sein, aus Angst, hinterher verklagt zu werden.
Man denke, Verzeihung, an Olaf Scholz.
Ich kann gar nicht beurteilen, ob, was und wie viel der Mann arbeitet. Aber in seinem Auftreten erkenne ich genau diese schwammige, unbestimmte „alles kann, nichts muss“-Attitüde, die vielen Menschen so auf den Zeiger geht.
Ich glaube, dass viele (junge) Menschen genau deshalb A*D wählen, weil diese Partei den Eindruck von Führungsstärke vermittelt. „Ärmel hoch, wir tun was!“
Natürlich tut diese partei in der Praxis überhaupt nichts, außer Unfrieden und Chaos zu stiften – nur um dann die Ärmel verbal noch weiter aufzukrempeln und noch mehr Zuspruch zu erhalten.
Wir wollen rechte Strömungen wirksam bekämpfen?
Ich glaube, das hat weniger mit Rassismus, Sexismus und Angst zu tun, als viele meinen – und mehr mit der Führungsschwäche und fehlender Verantwortungsbereitschaft der handelnden Personen in diesem Land.