Jedes Jahr aufs Neue überlegen meine Töchter, was sie mir zu Weihnachten schenken könnten. Und jedes Jahr aufs Neue merke ich, dass wir zwar prinzipiell die gleiche Sprache sprechen, aber fast schon grundsätzlich aneinander vorbeireden.
Beide verstehen wir, dass man Weihnachten etwas „von Wert“ verschenkt, um seine Wertschätzung auszudrücken. Für meine Töchter ist „Taschengeld“ wertvoll (denn begrenzt) und die Freiheit, selbt etwas einzukaufen (auc begrenzt). Also wollen sie am liebsten losziehen und weihnachtliche Seife kaufen. Oder eine BVB-Tasse, die bei jedem anheben quäkt. Lauter gut gemeinte Dinge.
Und Jahr für Jahr versuche ich zu erklären, dass für mich andere Dinge von Wert sind: Ein auswendig gelerntes Gedicht. Ein vorgetragenes Musikstück. Ein ausgedachtes Theaterstück. Die investierte Zeit ist für mich von großem Wert. Zeit haben (meine) Kinder aber in großen Mengen – daran ist für sie nichts Bedeutsames.
Wir kommen kaum zusammen.
Nach der ernüchternden Wahl Trumps in den USA und nach Bekanntwerdung der, in meinen Augen maximal selbstsüchtigen, Vorgehensweise der FDP habe ich ein paar Tage gebraucht, um mich aus einem depressiven Loch herauszuarbeiten. Warum genau wählen so viele Menschen entgegen ihrer eigenen Interessen? Ernüchterndes Unverständnis.
Am Ende hilft mir Austausch mit anderen. Gespräche. Am Küchentisch. Oder in online-Communities. Nun, da Twitter (endlich) mehr und mehr kluge Köpfe verliert, finden sich in BlueSky immer größere Communties, immer mehr Diskussionen. Ich genieße das. Es tut mir gut, festzustellen, dass es mehr Menschen gibt, die die gleichen Werte haben, wie ich. Die vielleicht unzufrieden sind mit Welt- und Lokalpolitik, Bildung, Gesellschaft – aber die aus dieser Unzufriedenheit nicht ‚protestwählen‘ (was für ein schreckliches Wort), sondern die Ärmel hochkrempeln und etwas tun wollen. Diese, ganz grundsäzlich, positive Einstellung ist etwas, das ich in meinem Leben haben will. Unabhängig von politischer Ausrichtung. Vom Bildungsgrad. Vom Geschlecht.
Das tut mir gut.
Sehr weise Worte! Ich finde den Austausch auf Bluesky immer lohnenswerter, wertvoller und auch achtsamer – aber nicht vergessen, dass wir da natürlich auch in einer Bubble aus pädagogischen Gutmenschen leben. Ist nicht böse gemeint. Wir verstehen einander, dass wir die politische Welt nicht mehr verstehen. Aber warum sie so geworden ist, verstehen wir wohl auch gemeinsam nicht.
Ich hab letztes Jahr sehr gehadert. Erst in der Bundes-, dann aber besonders in der Landespolitik. Ich weiß nicht, ob diese Affäre mit dem KZ-Flugblatt unseres Vizeministers auch aúßerhalb Bayerns zu lesen war, aber das war maximal furchtbar und in seiner Abwicklung unwürdig und peinlich.
https://herrmess.de/2023/06/17/im-falschen-film/