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Aber: Gesamtschule

Aber: Gesamtschule 1Vergangene Woche hatten wir bei uns die sogenannte „Qualitätsanalyse“ im Haus. Die QA ist ein Instrument der Bezirksregierung, die Qualität ihrer Schulen nachzuhalten. Im Vorfeld gibt es Sondierungsgespräche, werden Lehrpläne und Schulprogramm übermittelt. Man einigt sich auf Beobachtungsschwerpunkte. Während der Besuchszeit wird nicht nur Unterricht hospitiert, sondern es werden auch an verschiedenen Tagen Interviewrunden mit ausgewählten Schülern, Eltern, Lehrern und der Schulleitung geführt. Diese Tage sind oft von Anspannung und Nervosität geprägt: Man will sich möglichst von seiner besten Seite zeigen. Jeder ist überpünktlich im Klassenraum und noch mehr als sonst eine Idee, warum er was genau zu welchem Zeitpunkt tut.

Anschließend stellen sich die Leute von der QA nochmal dem Kollegium und erzählen zunächst in Kurzform, was sie beobachtet haben: Wo hat eine Schule ihre Stärken? Wo sind Baustellen, die angegangen werden müssen.

Diese Präsentation fand bei uns heute vor versammeltem Kollegium statt. Das Ergebnis: Meine „Gesamtschule Auf dem Schießberg“ in Siegen hat herausragend gut abgeschnitten. Und zwar wirklich: Herausragend, herausragend.

Und doch.

Gesellschaftlich steuern wir zunehmend auf ein Zwei-Klassensystem zu. Es gibt jene, die es geschafft haben und solche, die abgehängt sind. Und die Schere geht zunehmend auseinander. Bildungspolitisch äquivalent entwickelt sich ein zweigliedriges Schulsystem: Es gibt das Gymnasium und „den Rest“.

Die Siegener Gesamtschule Auf dem Schießberg hat, von höchster bildungspolitischer Stelle attestiert bekommen, dass sie sensationelle Arbeit leistet, dass es keine pädagogisch-trojanischen Pferde mit hohlen Versprechen im Schulprogramm gibt. Man war beeindruckt von den Kindern, dem Kollegium, dem Umgang miteinander, dem Zustand des Schulgebäudes, den pädagogischen Konzepten und ihrer Umsetzung. „Hier will man gerne arbeiten.“
Aber wir sind eben „Gesamtschule“.

Der Name macht’s.

In den Redaktionen der lokalen Zeitungen sitzen Menschen, die ihr Abitur am Gymnasium gemacht haben. In den politischen Gremien sitzen ehemalige Gymnasiasten. In den Grundschulen unterrichten zuförderst ehemalige Gymnasiasten.
Gesamtschule? Selten.
Arbeiterfamilie? Selten.

In der Medienwelt kommen Gesamtschulen nur selten vor. Man empfiehlt, was man kennt. Und der Ruf! Was man so hört!

Gestern haben wir bis abends Elternsprechtag gehabt, der unisono durch alle Klassen hindurch die gleiche Rückmeldung gab: Nette, zielführende Gespräche, glückliche und engagierte Eltern.

Aber: Gesamtschule.

Am kommenden Samtag sind bei uns von 9 bis 13 Uhr die Pforten zum „Tag der offenen Tür“ geöffnet. Und wie jedes Jahr wird es viele, tolle Kontakte geben. Aber wenn im Frühjahr die örtlichen Gymnasien die Toren öffnen, gehen viele im Zweifel lieber dahin.

Weil: Gymnasium.

Komplett digital aufgestellt? Wow! Lernbüros? Cool! Werkstattangebote? Mega! 700 Stundenpläne für 700 Kinder? Individuelle Bildungspfade zu jedem nur möglichen Abschluss? Fantastisch. Abitur mit maximaler Betreuung? Uhh! Die Bezirksregierung lobt die Schule über den grüen Klee? Das muss ja gut sein!

Aber: Gesamtschule.

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