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Ich bin Opfer eines Love-Scams.

Durch einen Zufall – manche nennen es ein ‚Weihnachtswunder‘ – hat die Assistentin von Nicole, einer erfolgreichen Geschäftsfrau aus London, ihr die falsche Nummer auf einen Zettel geschrieben: Meine.
Das Missverständnis ist schnell erklärt – hach – und könnte der Beginn einer wunderbaren Freundschaft werden. Plus, wenn ich die sexy Kombination aus Bild und charmanten Worten richtig deute.

Die Tage beginnen bei uns an der Schule mit einem halbstündigen Beratungsband: Wir klären den Tagesablauf und nutzen die Zeit für, nunja, Beratung.

Von meiner Tändelei mit Nicole habe ich einen Screenshot gemacht, den ich heute morgen in der Beratung via Beamer an die Wand projiziere. „Ich habe mich in jemanden verliebt“, erkläre ich meiner 7. Klasse, woraufhin die ersten vorsichtig nachfragen, ob ich denn nicht verheiratet sei.

Gemeinsam gehen wir die Unterhaltung durch. Schön zu sehen, wie gut meine Klasse englisch spricht. Als das Gelächter zu groß wird, rufe ich empört, dass sie aufhören sollen, meine Freundin zu beleidigen! Man sei ja bloß eifersüchtig!

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Ich spreche mit meiner Klasse über solche Scams. Woran man sie erkennt. Und woran oft nicht. Die Kinder erzählen, dass auch sie regelmäßig Nachrichten erhalten, von „Papa, ich habe eine neue Nummer“ über „ihr DHL-Paket hängt fest“ und „Ihre Kontogebühren“ oder TikTok-Anfragen von Unbekannten. Gemeinsam mit den Kindern formuliere ich eine passende Antwort für Nicole. Unverdächtig, ein bisschen tüdelig (tüdelig: ein neues Wort für unseren Wortspeicher) und unbedarft.

Ich liebe unsere Beratungs- und Klassenlehrerstunden für die Möglichkeit, solche Themeninhalte zu besprechen. Wird nicht alle Nase lang lamentiert, dass man in der Schule „Gedichtanalyse in 3 Sprachen lerne, aber nichts Sinnvolles wie das Ausfüllen einer Steuererklärung Erkennen von Scam-Versuchen?

Von all den Dingen, die wir so in der Schule machen: Wenn die Kinder nachmittags ihren Eltern erzählen, was sie heute in der Schule erlebt haben und dann grinsend berichten, wie ich schicksalhaft von „I believe it was fate“-Nicole angesprochen wurde, dann ist mein Unterricht, dann ist Schule genau der Ort, den ich so liebe: Eine Treppe für junge Menschen auf dem Weg, mündige Erwachsene zu werden.

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