Jedes Jahr im Frühjahr diskutieren meine Frau und ich, ob wir in den Osterferien daheim bleiben oder wegfahren. Dieses Jahr habe ich mich durchgesetzt und wir sind zu Hause geblieben: Es standen einfach zu viele Dinge in Haus und Garten an, die erledigt werden wollten – komprimiert auf die wenigen Tagen nach einem (mit Kindern stressigen) Kurzurlaub hätte das für mich noch mehr Druck erzeugt und ich wäre wenig erholt zurück in die Schule gekommen.
So aber hatte ich Zeit. Zwei Wochen, um eine lange ToDo-Liste nach und nach abzuarbeiten. Vom Streichen, Reparieren und Rasenmähern (bei einem ländlichen Grundstück geht da ein ganzer Tag bei drauf) bis hin zum montieren einer Balkonkraftanlage auf dem Garagendach samt Verlegen neuer Stromleitungen im Keller des Hauses bis zu einer neuen Steckdose draußen, um das Balkonkraftwerk anschließen zu können.
Und nebenher merke ich, wie ich nach langer Belastungs- und Krankheitsphase wieder in alte (und gesunde) Verhaltensmuster zurückfalle: Ich wache wieder morgens vor 5 auf und habe Energie und Lust, mich an den Schreibtisch zu setzen und zu schreiben. Außerdem habe ich ich viel Freude an Sport gefunden.
Insbesondere letzteres finde ich rückblickend interessant: Begonnen hat es letztes Jahr, als ich mit meiner Tochter eine Challenge startete, jeden Tag wenigstens ein wenig Sport zu treiben. Alltag und Umstände haben der Challenge nach einigen Wochen ein Ende gesetzt – aber ganz losgelassen hat es mich nicht. Am Ende des Jahres stand ich knapp 34 Stunden auf dem Ellipsentrainer – ein Staubfänger ist er also nicht. Inzwischen bin ich wieder drin und habe mir in den Ferien eine Rudermaschine zugelegt, weil ich
mir habe sagen lassen, dass die besonders sinnvoll sei willensschwach und für Werbebotschaften empfänglich bin. Aber: Der Screenshot des Handys legt nahe: Fast jeden Tag im April habe ich irgendeine sportliche Aktivität verfolgt – im Durchschnitt 20 Minuten pro Tag.
Wenn ich darüber nachdenke, habe ich Sport früher wenig abgewinnen können. Eine langweilige, nutzlose Art, sich die Zeit zu vertreiben. Kopfschüttelnd stünde ich meinem heutigen Ich gegenüber.
Das gleiche gilt auch für Garten- und Hofarbeit. Ich bin auf einem Pferdehof aufgewachsen und habe eine, vorsichtig ausgedrückt, gewisse Antipathie gegen das permanente Reparieren von Zäunen und Versorgen von Tieren entwickelt. Und heute? Hühner. Hunde. Land.
Ich habe mal gelesen, dass man etwa 100 Tage braucht, um sich neue Verhaltensweisen anzueignen. Seit etwa zwei Jahren habe ich das Thema „beweg dich!“ permanent im Kopf (angefangen mit dem Kauf eines E-Bikes). War die Affinität zum Sport schon immer da oder habe ich mir die – in Pawloscher Beharrlichkeit – „antrainiert“?
Was genau könnte ich mir eigentlich noch antrainieren? Und was abtrainieren?
Wer bin ich eigentlich? Und wenn ja, wie lange noch?
Ich bewundere diese handwerklichen Fähigkeiten. Ich kann einen Knopf annähen, und mache das auch regelmäßig, wenn auch nicht gut.
An mir ist gewiss kein Handwerker verloren gegangen – ich bin da viel zu ungeduldig und ungenau. So ein typischer Lehrer halt: Kann alles ein bisschen aber nichts richtig. 😀