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Was kommt nach Schulleitung?

Schule, so denke ich manchmal, ist neben der katholischen Kirche der einzige Ort, an dem Veränderung (systembedingt) nur unglaublich schwer durchzuführen ist: Wie bewegt man einen Supertanker dazu, eine neue Richtung einzuschlagen, wenn man mehr oder weniger auf die freiwillige Bereitschaft zur Mitarbeit der Matrosen angewiesen ist und man singemäß im Nebel stochert, weil es keine eindeutige Wissenschaft über „gutes und schlechtes Lernen“ gibt?

Ich befinde mich jetzt irgendwo in der Mitte meines Lebens. Ich war ein paar Jahre Lehrer und dann war ich ein paar Jahre in einer Schulleitung. Und jetzt? Was kommt danach?

Es wird Zeit für ein neues Abenteuer.

In den letzten Jahren haben wir als Team viel Zeit damit verbracht, uns mit anderen Schulen auseinanderzusetzen, mit neuen Ideen zeitgemäßen Lernens, mit Lernkultur. Wir haben uns intensiv damit beschäftigt, wie eine gute Schule in einer Zeit aussehen kann, die von TikTok und FakeNews und DeepFakes beherrscht wird.

Mit einem sehr konstruktiven Kollegium haben wir unsere Schule auf links gekrempelt: Als Tabletschule sind wir weitgehend unbeschadet durch die Corona-Krise gekommen, wir haben Lernbüros und Werkstätten eingeführt. 700 Kinder bei uns haben 700 verschiedene Stundenpläne. Maximale Indiviualisierung zur maximalen Ausschöpfung kindlichen Potenzials. Diese Reise war nie zu Ende – permanent wird unsere Schule verändert, werden Dinge ausprobiert und angepasst.

In der Konsequenz haben uns zahlreiche Schulvertreter aus In- und Ausland besucht und wir sind selbst herumgereist, eingeladen worden und durften erzählen, berichten, Mut machen. Die Bezirksregierung hat uns – durch die Qualitätsanalyse – im vergangenen Jahr ihre Zufriedenheit und Unterstützung unserer Arbeit bestätigt.

In den vergangenen Monaten haben wir zuweilen dagesessen und reflektiert. Was lief gut? Was lief schlecht? Wie motiviert man ein Kollegium für Veränderung, ohne es zu überfordern? Wie kann man Schule leiten und verändern ohne den Spaß an der Sache zu verlieren?

Aus der Mischung dieser Gespräche und unserer Freude am Austausch mit anderen Schulen entstand eine Schnapsidee:

„Wäre es denkbar, ein Unternehmen zu gründen, dass all dieses Wissen über Lernen und Lernkultur, über Schul-Leitung und agile Führung, über Change Management und Entwicklungsprozesse, all diese Erfahrung aus Praxis und Theorie bündelt und zur Verfügung stellt?“

Wie das so ist mit Schnapsideen, lassen die einen manchmal nicht mehr los.
Und jetzt, irgendwo in der Mitte des Lebens haben wir uns bei Wein und Sommersonne zusammengesetzt und es einfach gemacht: Wir haben das Zentrum für zeitgemäße Lernkultur und Schulentwicklung gegründet.

In Zukunft wollen wir – aus der aktiven und täglichen Schulpraxis heraus – eine Anlaufstelle für Schulen, Schulleitungen und Organisationen sein, die nach konkret umsetzbaren Wegen suchen, Lernen neu zu gestalten – und Leitung so zu verstehen, dass Wandel und Veränderung nicht zur Belastung wird.

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8 Gedanken zu „Was kommt nach Schulleitung?“

  1. Wie cool! Gründet ihr einen Verein? Kann man da Mitglied werden? Das mit der „Mitte des Lebens“ ist ja so eine Sache. Als letztes Jahr mein fünfzigster Geburtstag herannahte, dachte ich auch zunächst: Mitte des Lebens. Aber wer weiß das schon? Vielleicht sind wir dem Ende näher als wir dachten? Ihr habt jedenfalls völlig recht: Tut die Dinge, die ihr tun wollt, jetzt. Ich freue mich jedenfalls immer über Impulse aus dem langjährigen Erfahrungsschatz von jemandem, der Schule von den Kindern und Jugendlichen her denkt. Liebe Grüße!

  2. „Wie bewegt man einen Supertanker dazu, eine neue Richtung einzuschlagen, wenn man mehr oder weniger auf die freiwillige Bereitschaft zur Mitarbeit der Matrosen angewiesen ist und man singemäß im Nebel stochert, weil es keine eindeutige Wissenschaft über „gutes und schlechtes Lernen“ gibt?“

    Bei diesen Worten musste ich an ein Zitat von Antoine de Saint-Exupéry denken, das du vielleicht kennst, aber wahrscheinlich ohnehin schon oft beherzigt hast:

    „Wenn du ein Schiff bauen willst, beginne nicht damit, Holz zusammenzusuchen, Bretter zu schneiden und die Arbeit zu verteilen, sondern erwecke in den Herzen der Menschen die Sehnsucht nach dem großen und schönen Meer.“

  3. Die Webseite grüßt mit einem freundlichen „Lorem ipsum dolor sit amet“. Ich bin schon sehr gespannt, die „Case studies that celebrate architecture“ zu lesen. 😉

    (An der Stelle habe ich mich kurz gefragt, ob der Artikel ein Beispiel für Fakenews sein sollte)

  4. Großartig! Die Idee ist super und ich bin sehr gespannt, was kommt. Es liest sich wie ein natürlicher nächster Schritt, auf zu neuen Abenteuern

    Mit interessierten Grüßen aus Berlin,
    Jan

  5. Wir haben uns unsere große Bau-Berufsschule (1200 SuS) in den 80er Jahren angeeignet als demokratische Schule mit sehr aktivem Schülerrat. Ca. 30% unserer Schüler:innen hatten keinen Schulabschluss. Die Behörden-Vorgaben, z.B. bei der Ressourcen-Verteilung, passten einfach nicht für uns. Da haben wir uns – sogar mit Unterstützung der Arbeitgeberverbände und der Gewerkschaft – unseren externen Partnern – die Freiheit genommen, selbst die Rahmenbedingungen an die Klientel anzupassen. Das Kollegium war sehr engagiert, gegen Kürzungen der Ressourcen sind wir auf die Straße gegangen und haben die Behördenleitung „besucht“. Die Lernerfolge der Auszubildenden und der Schüler haben uns legitimiert. Besuchergruppen aus dem Ausland schickte die Behörde später immer zu uns. Die Schulinspektion (Hamburg) hat die Schulqualität erkannt und uns bestärkt. Es brauchte eigentlich nur etwas Mut in der Schulleitung und vor allem ein sozial besonders engagiertes Kollegium.Auch wir hatten die Sehnsucht nach einem großen schönen Meer.

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