Noch zwei Wochen Unterricht hier in NRW. Tatsächlich sind die letzten beiden Wochen mitunter die anstrengendsten: Die Noten sind gemacht. Schüler wie Lehrer sind ferienreif und das gute Wetter trägt sein übriges dazu bei, die Arbeitsmoral zu senken. Es ist mehr “betreutes Rumlungern” als Bildungsoffensive.
Es ist die Zeit, in der vermehrt Filme geguckt werden, um das Schuljahr entspannt ausklingen zu lassen. Leider funktioniert das nur ein, zwei Tage lang – irgendwann hängen auch den Kindern die ewigen Filme zum Hals raus. “Nicht schon wieder was gucken…” (sic!)
Auch meine Klasse wünscht sich gemeinsames Kino im Klassenraum und ich habe vorsichtig nachgefragt.
Gestern haben wir eine Exkursion gemacht. Eine Kollegin wollte mit ihrer 5 (der Klasse mit der Röntgenbrille) auf irgendwelche Wiesen pilgern, in der Gespinstermotten ganze Bäume eingesponnen haben. Passte weder bei ihr, noch bei mir gerade ins Thema – aber um die Zeit nimmt man jede Exkursion mit, die sich gerade anbietet. Zumal Exkursionen ins Umfeld der Schule einfach grundsätzlich schön sind.
Mit meinen Glasknochen-Kindern ist so etwas immer etwas umständlicher, als im Normalfall – aber nichts, wovon ich mich abhalten ließe. Über die Gespenstermotte erzählte ich meiner Klasse, dass ihre Larven sich unter die Haut bohren und das Gehirn aussaugten dass sie sich am besten an die Biokollegin wenden sollten.
Bei einer Exkursion mit 60 wilden Kindern durch die Großbaustelle Siegen ist (für mich) diszipliniertes Verhalten elementar. Meine Schüler wissen das. Sie wissen auch, dass ich sofort jeden nach Hause schicke, der sich nicht benimmt. Ich würde das gar nicht schreiben, wenn ich in diesen Tagen nicht wieder merken würde, wie wichtig das für den Lehrerberuf ist: Ohne Disziplin ist es völlig egal, welche Methoden und Fachkenntnisse ich habe, weil es die Schüler schlichtweg nicht interessiert. (Ich denke manchmal, an der Uni sollte mehr “Persönlichkeitsbildung” oder “Selbstbewußtsein” geschult werden und weniger “Geschichte der Pädagogik unter Commenius” – aber das ist ein anderes Thema).
Eine Siebtklässlerin fegt lustlos den Technikraum. ”Sag mal”, raunze ich sie an, “hast du noch nie einen Besen in der Hand gehabt?” Verblüfft schaut sie…
Durch die freundliche Unterstützung von Herrn Weth, der im Haus der Gesundheit in Freudenberg arbeitet, bekam meine ganze Klasse die Möglichkeit, einen Schultag lang im Rollstuhl zu verbringen. Ich liebe meinen Beruf für solche Möglichkeiten.
Im Vorfeld habe ich die Klasse intensiv auf den Tag vorbereitet – die Aktion selbst aber ganz entspannt in die Hände meiner fähigen Kollegen gelegt, so dass ich bequem einen Kaffee trinken zusehen und unterstützen konnte.
Frl. Rot wies auf ein überaus amüsantes Youtube-Video hin, indem sich Juri über zehn Dinge äußerte, die er an der Schule hasste. Sehr komisch – und viel Wahrheit darin. Überhaupt ist Schule geprägt von Regeln und Gesetzmäßigkeiten. Zuallererst allerdings von uns Lehrern in Richtung Schüler.
Den ganzen Tag predige ich meinen Schülern Ge- und Verbote. (Jeder Lehrer bekommt eine Sammlung bei der Anstellung überreicht – zusammen mit einem karierten Jackett mit Flicken auf den Ärmeln, einer großen Busfahrer-Tasche und einem roten Notenbüchlein):
(eine Verschriftlichung für für die Google-Reisenden und RSS-Leser am Ende des Artikels.)
Leider hört das an dieser Stelle nicht auf. Insbesondere wir Lehrer haben eine endlose Zahl von Regeln und Gesetzen zu befolgen, die sich zum Teil auch noch widersprechen. Herr Rau äußerte sich an dieser und jener Stelle darüber. Es gibt einen Leitfaden für Staatsbedienstete, in denen uns verboten wird, Facebook, Twitter und Google effektiv zu nutzen. Obwohl die Gründe nachzuvollziehen sind, entsteht der Eindruck, dass die Schule mal wieder nichts mit dem echten Leben zu tun hat. Zwei angehende Lehrerinnen schrieben just darüber, dass sie im Studium aufgefordert wurden, sich über das Handy im Schuleinsatz Gedanken zu machen. Ergebnis: Eher mau. Kollegen bilden Whatsapp-Gruppen mit ihren Klassen, erhalten Krankmeldungen über Facebook etc.etc. Der Unterschied zwischen Gesetz und Realität wird vielleicht anhand eines Schaubildes deutlich:
Dies alles wiegt umso schwerer, wenn man sich Herr Larbigs aktuellen Blogartikel (und insbesondere das Ende) zu Gemüte führt: Wie kann digitale Integration von Lehr- und Lernmedien fortgeführt und erleichtert werden.
Und vor allem: Wie, wenn man nur Moodle benutzen darf? Da könnte man als Lehrer glatt selbst ein Video drehen: “10 Dinge, die ich an der Schulpolitik hasse”.
Das Schuljahr nähert sich langsam seinem Ende und sowohl ich, als auch die Schüler sind ferienreif. Ein paar Projekte stehen aber noch an. Nächste Woche…
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