Dieses Wochenende fand der zweite große Block meiner Fortbildung zum JugendCoach mit dem Schwerpunkt „Anti-Mobbing“ statt. Freitag bis Sonntag, jeweils 9 bis 16 Uhr.
Spannend sind bei solch intensiven Seminaren nicht nur die Inhalte, sondern auch die gruppendynamischen Prozesse: Wie verändert sich das Verhalten der Teilnehmer? Was gebe ich von mir preis? An welchen Stellen öffne ich mich, werde verletzlich?
Wenn man sich stunden- und tagelang mit den Ursachen und Auswirkungen (sexueller) Gewalt, Missbrauch, eigenen Gewalterfahrungen und Sorgen und Grenzen auseinandersetzt, benötigt es von seiten der Seminarleiter ein feines Gespür für die Atmosphäre. Welche Reizpunkte setzt man. Wie lenkt man die Teilnehmer sanft in die eine oder andere Richtung?
Bei allem Ernst und intensiver Übung haben wir als Gruppe aber zwischendurch auch sehr viel Spaß. Weil ich wirklich groß bin und nicht so der zögerliche Typ, schlüpfe ich in Rollenspielen häufiger in die Rolle des Aggressors. In einer Einheit über den Umgang mit sexuellen Gewalttätern (inbs. gegen Mädchen) wurden wir von einer jungen Frau belehrt, die ich seit einigen Jahren lose aus dem ZfsL kenne. „Du kannst ruhig zupacken“, wies sie mich an, bevor die Übung losging. Und als die Übung losging, war sie für mich auch schon wieder vorbei – bevor ich wusste, wie mir geschah, war schon niedergestreckt (und ich bin wirklich, wirklich groß!). „Alles gut?“, fragte sie mich. „Klar“, tat ich betont lässig, während ich nur mühsam die Tränen unterdrückte und meinen Arm wieder einsammelte, der irgendwo weit hinten im Raum lag. „Können wir das nochmal in Zeitlupe sehen?“, fragte einer der Seminarteilnehmer interessiert. „Gern! Komm nochmal her, Jan!“
Weil mein Gedächtnis erschreckend schwach ist, habe ich nebenher immer wieder fotografiert und in mein Surface gekritzelt. Welche Spiele, welche Übungen sind mir besonders hängen geblieben? Welche Handlungsmuster und Strukturen lassen sich bei Tätern und Opfern analysieren und wie geht man mit ihnen um?
In den Herbstferien werde ich all meine Notizen und die Seminarunterlagen sortieren, einen Exzerpt erstellen und daraus ein Handlungskonzept für meine Schule erstellen.
Nach einer vollen Schulwoche und dem dreitägigen Seminar bin ich jetzt allerdings echt platt.
In der kommenden Woche stehen wieder einige Eltern- und Schülergespräche an. Heute Abend noch eine neue Lerntheke erstellen und Unterricht vorbereiten.