Zum Inhalt springen

Positionspapier gegen Office365?

In einem Positionspapier hat eine Gruppe Informatiklehrerinnen und -lehrer aus Baden-Württemberg öffentlich Kritik an der Entscheidung des Landes geübt, mit Office 365 zu arbeiten. Obwohl ich den Grundgedanken des Papiers nachvollziehen kann und unterstütze, knirsche ich bei einigen Ausführungen mit den Zähnen. Ich muss mal Ärger loswerden.

Die Ausgangssituation

Für jene, die nicht so tief im Bildungswesen verankert sind: In Deutschland gibt es viele Möglichkeiten, digital unterstützten Unterricht zu realisieren. Es gibt sowohl freie Software als auch kommerzielle. Immer wieder haben die Bundesländer versucht, eigenständige Systeme zu erarbeiten – teils mit Erfolg wie das bayrische Mebis, teils weniger erfolgreich, wenn man an das Millionengrab „Ella“ denkt.
Die Schulschließung im März führte dazu, dass viele Anforderungen (Videokonferenz, Chat, Dateiablage) an die Systeme gestellt wurden, die sie z.T. nicht bedienen konnten. Dadurch entstand teilweise eine Mischform aus unterschiedlichen Videokonferenz-Anbietern und Dateiablagesystemen LearningManagementSystemen (z.B. „Zoom & Moodle“). An dieser Stelle konnten kommerzielle Anbieter wie Microsoft oder Google viel Land gewinnen, weil ihre Lösungen leicht verständlich, praktisch kostenlos und allumfassend waren.

Die Fachgruppe aus der Gesellschaft für Informatik kritisiert nun die Erlaubnis für Microsoft Office und plädiert für eine Stärkung der OpenSource-Kultur des Landes.

Ich verstehe (und unterstütze!) den Grundgedanken – aber bei vielen Aspekten des Papiers schüttle ich den Kopf.

Disclaimer

Vorweg ein Discaimer um meine Perspektive (kritisch) zu betrachten und zu verstehen: An meiner Schule nutzen wir die kostenlose Lizenz von Microsoft Office 365 und arbeiten mit einer Kombination aus Teams, OneNote und LibreOffice, wo ein Offline-Office nötig ist.

das Positionspapier

Ich mag hier – auch wenn es anders scheint – den Fokus gar nicht auf „Open Source“ vs. kommerzieller Anbieter legen. Eine Welt mit nur OpenSource wäre wünschenswert und es gibt gute Gründe, sich für das eine oder das andere zu entscheiden. Statt dessen möchte ich einige Aspekte des Positionspapiers aufgreifen, die mich wirklich ankeksen:

  • „Baden-Württemberg steht schon lange exzellent da in Sachen Digitalisierung an Schulen.“

Das sind Behauptungen, die mich ratlos zurücklassen. Klar, dass Informatiklehrer, mutmaßlich an ihren eigenen Schulen, funktionierende Systeme begleiten und administrieren – aber insgesamt? Mehrfach erwähnen die Kolleginnen und Kollegen das Software-Projekt ASV als Schulverwaltungssoftware. Sie „sollte Schulleiter von Verwaltungsaufgaben entlasten und der Politik statistische Grundlagen für die Schulentwicklung liefern. Das Projekt läuft seit 13 Jahren und ist von der flächendeckenden Einführung noch weit entfernt“ (Quelle). Im Jahr 2019 nutzten nur etwa 450 von 4800 möglichen Schulen die Software. Die Kosten für ASV stehen mittlerweile bei über 47 Millionen Euro. Hm.

  • Ein Messengersystem ist nur bedingt notwendig und eingeschränkt sinnvoll.

Ich weiß nicht, wie die Autoren während der Schulschließung (und danach) mit ihren Schülerinnen und Schülern kommuniziert haben, aber bei uns sind im letzten Jahr knapp eine halbe Million Nachrichten im Schulkontext verschickt worden. Einen Messenger empfinde ich als zentrales Element. Aber gut – dafür haben wir auch keine E-Mails mit Anhängen verschickt. E-Mails tauchen bei uns auch eigentlich gar nicht mehr auf.

Wirklich geärgert habe ich mich aber über folgende Passage:

  • Office-Paket mit Kollaborationswerkzeugen: […] Allerdings fragt man sich, wer denn kollaborativ arbeiten (im Sinne von „simultan tippen“) soll, und mit welchem Nutzen? Unter Lehrkräften sind andere Formen der Zusammenarbeit üblich und etabliert, wenn es um die gemeinsame Entwicklung von Lerninhalten geht.
    Gegen den Einsatz durch Schüler spricht, dass Office-Werkzeuge überhaupt keine didaktische Ausrichtung haben und zumindest in der Unter- und Mittelstufe auch keine altersgemäße Handhabung erlauben. Sie sind für den Unterricht weder notwendig noch geeignet.

Positionspapier gegen Office365? 1

Hier muss ich vorsichtig sein, was wie ich schreibe.
Unter kollaborativem Arbeiten verstehen sie „simultan tippen“? Simultan tippen? Das ist alles, was einer Gruppe von Informatik(!)-lehrerinnen und -lehrern zu kollaborativem Arbeiten einfällt?
Das kann doch nur ein schlechter Scherz sein.

Seit Jahren wird Lehrermangel beklagt, fallen hunderte Unterrichtsstunden ersatzlos aus und dieser Umstand hat aktuell an Schärfe gewonnen. Technischer Support an Schulen wurde (und wird) allenthalben von engagierten Lehrerinnen und Lehrern nachmittags und am Wochenende geleistet. Es ist wahnsinnig schwer, Unterstützung und gute Fortbildungen im Bereich digitalen Arbeitens zu bekommen. Wirkliche Netzwerkadministratoren verdienen in der Wirtschaft zu viel Geld, als dass sie sich an eine Schule begeben würden und doch fordert eine Fachgruppe der Informatik, dass sich doch bitte alle nach ihren Vorstellungen von Pädagogik, Digitalität und Software zu richten haben. Sie bieten dem Kultusministerium auch ihre „Fachkompetenz zum konstruktiven Austausch“ an.

Eine amüsante Randnotiz ist übrigens, dass das Papier („Nachhaltig digital arbeiten heißt beispielsweise, erstelltes Material langfristig nutzen zu können.“ Seite 4) mit LibreOffice6.0 erstellt worden ist. Dieser Release-Zweig ist seit dem 26.11.2018 End of Life. So viel zum Thema „Wert digitaler Souveränität“.

Rant Ende.

(Ich glaube, mein erster überhaupt in über 1700 Beiträgen und es sei mir verziehen, wenn ich jemanden damit ankekse. Außer es geht um die Autoren des Briefes: Himmel! Sucht mal ein wenig nach kollaborativen Arbeitsformen!)

15 Gedanken zu „Positionspapier gegen Office365?“

  1. Lieber Herr Klinge,

    so gerne ich Ihre Beiträge lese, so muss ich hier gegenhalten. Sie sind eben kein gelernter Informatiker (was gar nicht als Vorwurf gemeint ist). Sie sind Praktiker und wollen die Systeme nutzen. Das ist in der Schule auch ein durchaus sinnvoller Ansatz.
    Aber Informatiker sollen und müssen weiterblicken (Technikfolgeabschätzungen, gesellschaftliche Auswirkungen…) – und in diesem Kontext ist es durchaus sinnvoll, schon jetzt auf Probleme hinzuweisen, dies es durchaus mit Teams und Onenote gibt. Was machen Sie beispielsweise, wenn Microsoft morgen entscheidet ihre Teams einzustellen. Oder realisitischer: die Lizenzkosten dramatisch nach oben zu fahren?
    Viele Grüße aus dem Osten der Republik,
    Tommy

    1. Nun, ehrlicherweise ist die Chance, das OpenOffice eingestellt wird (oh! wurde ja eingestellt) höher, als dass Microsoft Teams einstellt.
      Und wenn es so kommen sollte – dann wechselt man den Anbieter. Es spricht ja auch nichts dagegen, eine europäische/deutsche Lösung zu entwickeln. Aber gegen funktionierende Systeme zu schießen finde ich falsch. Das kann man machen, wenn wir hauptberufliche Systemadministratoren und Fortbildner in jeder Schule sitzen haben. Aber nicht, wenn wir gerade so durch die Pandemie kommen, gerade so Unterrichtsausfälle kompensieren und gerade so die Schulnetzwerke am Leben halten.

      Der Witz ist ja: Office 365 A1 ist seit Jahren kostenlos und es sieht auch nicht so aus, als sollte sich das ändern. Aber keiner meiner Kollegen muss einen Server warten – der steht irgendwo in Frankfurt. Ich muss auch keine Computerräume mehr pflegen. Die gesamte Administration fällt weg.

      1. „Aber nicht, wenn wir gerade so durch die Pandemie kommen, gerade so Unterrichtsausfälle kompensieren und gerade so die Schulnetzwerke am Leben halten.“
        Ich gebe dir voll und ganz recht. Da spricht der „Praktiker“. In der Schule will ich etwas, das funktioniert. Mit Servern habe ich bei Moodle in BW allerdings auch nichts zu tun. Als Admin bin ich für das Anlegen von Nutzern, Kursen, Integration von externen Diensten,… veranwortlich. Ich denke, dass das ein ähnlicher Aufwand wie bei Teams sein wird.
        Weiterhin denke ich, dass die Diskussion nicht nur im Blick auf das hier und jetzt zu führen ist. Als Lehrer ärgere ich mich zwar auch, dass im März eine Software wie Teams nicht bereits vom Land bereitgestellt war. Aber jetzt ist Geld da um die Weichen in eine Richtung zu stellen und das würde ich lieber in den Ausbau der Infrastruktur und vor allem des Personals in BW stecken, als das Geld an einen ausländischen Dienstleister und sich dessen Firmenpolitik unterordnen zu müssen.

      2. Ich habe natürlich auch einen Blick durch die Brille meines Bundeslandes. Wir haben ein, meiner Ansicht nach, sehr gutes Online Kollaborationstool (Lernsax). Daher kann ich durchaus so arbeiten, wie Sie sich das wünschen und bin nicht auf Microsoft angewiesen. Wenngleich ich anmerken möchte, dass Microsoft natürlich mehr bietet. Bis auf das Einrichten der Nutzer/Klassen/Kurse muss ich auch nicht viel mehr machen. Die Rechentechnik wird von einem Team mit tollen Support administriert. Daher haben wir eigentlich keine Probleme auf dieser Front. Wenn das bei Ihnen nicht so ist, dann kann ich Ihren Frust verstehen. Aber die Konsequenz sollte doch sein, dass man im Bundesland etwas entwickelt und nicht der Run auf externe Systeme.
        Tommy

  2. Ich kann Ihren Ausführungen nur zustimmen. Auch ich habe mich wirklich über dieses Papier geärgert. Meiner Meinung nach demonstriert die ILLBW hier (erneut?), dass sie nicht für alle Informatiklehrerinnen und -lehrer spricht, viel eher wird hier aus der Sicht von gymnasialen (!) IL gesprochen. (Man kann das dem ILLBW aber vielleicht nur bedingt übel nehmen, wenn man sich die Zusammensetzung der Mitglieder ansieht.)

    Ein Punkt wird in dem Papier zudem völlig vergessen – wer soll das alles eigentlich administrieren? Vielleicht gibt es an Gymnasien entsprechende Spezialisten. Vereinzelt sicherlich auch an Realschulen. Aber die überwiegende Menge an Schulen, und das hat gerade der erste Lockdown bitter aufgezeigt, ist froh, wenn man auch nur „irgendwas“ hat, mit dem man ganz einfach arbeiten kann…
    Das mag sicherlich nicht direkt ein Argument pro MS365 sein. Gleichwohl zeigt es, dass es sich hier um ein Arbeitsfeld handelt, dass studierte Profis übernehmen müssen und nicht Lehrer, die das irgendwie nebenher in ihrer Freizeit stemmen müssen.

    Wahrscheinlich jede Firma mit annähernd so vielen digitalen Endgeräten wie ein Schule hat eine eigene IT-Abteilung. Da wird auch nicht der Verwaltungswirt oder die Technische Zeichnerin mit diesem Job beauftragt…

  3. Vielen Dank Herr Klinge,

    Sie sprechen mir aus der Seele. Bin selbst Lehrkraft und habe mittlerweile zig Stunden Freizeit für die EDV geopfert, dafür jetzt auch eine Ermäßigungsstunde bekommen, wofür ich dankbar bin, wenngleich es den Aufwand nicht ausgleicht. Geht aber weg von den Lehrerstunden, ist halt so.

    Der Sachauswandsträger, eine Stadt, hat zwar eine IT-Abteilung (die ist auch gut!) aber die können sich nicht um alle Ämter und nebenbei um >100 Schulen kümmern, die alle unterschiedliche Anforderungen haben, von der Grundschule bis zur Berufsschule. Ja, wir bräuchten 2 direkte Ansprechpartner für unsere Schule (einer kann krank werden oder in Urlaub sein). Eine anonyme Hotline reicht nicht. Unsere derzeitigen Admin-Strukturen sollte man wirklich mitdiskutieren, wenn man eine Abkehr von Microsoft fordert. So eben nebenbei das Backend wuppen funktioniert nicht und professionell ist das auch nicht. Zur Grunddatenverwaltung wäre im Übrigen noch eine IT-affine-Sekretariatskraft hilfreich.

  4. „Baden-Württemberg steht schon lange exzellent da in Sachen Digitalisierung an Schulen.“ WHAT? Da kann ich als betroffener Vater mit 3 Kindern an zwei Gymnasien nur schmunzeln. Ich würde mal sagen, einige Schulen in BW stehen ganz gut da. Und zwar weil der Einsatz der Lehrkräfte enorm hoch ist, was ich sehr bewundere!
    Beispiel: Elternabend vor 4 Wochen. Schule 1: Präsenz nötig, alle Fenster natürlich offen, saukalt. Beamer fährt hoch. Oberfläche von Windows 7 erscheint! Schule 2: Liebe Eltern, hier der Moodle-Link zur Videokonferenz via BBB. Läuft.
    „Ein Messengersystem ist nur bedingt notwendig und eingeschränkt sinnvoll.“ HÄ? Wäre dringend notwendig! Schule 1: Lehrer kommunizieren nach dem Lockdown per Mail, Moodle, WhatsApp. Anhänge werden im .doc-Format verschickt. Mailadressen im Verteiler nicht geprüft, sodass man erst nach 3 Wochen feststellt, dass man ein paar Aufgaben nachholen sollte. Abgaben über Mooodle, Mail, Foto… CHAOS!
    Schule 2: Von Tag 1 alles über Moodle. Läuft.

  5. „Der Witz ist ja: Office 365 A1 ist seit Jahren kostenlos“

    Haha, ja. Sicher. Solch eine Aussage lässt sich aber im besten Fall als naiv bezeichnen. Wenn man kein Geld bezahlt heißt das nicht, dass es kostenlos ist. Das gehört dann eher der Satz „wenn es nichts kostet bist vielleicht du das Produkt“ dazu.
    Und den Preis bei Teams zahlt dann nicht der Schulträger, sondern für Hauptnutzer, die Schüler!
    Auch wenn das vielen egal sein mag – in Ordnung ist es nicht.

    1. Kostenlos… Facebook ist kostenlos… Google ist kostenlos… WhatsApp ist kostenlos … Kostenlos ist doch super. Ist doch schön, dass es so viele Wohltäter in der IT-Branche gibt 😉

      Bei Microsoft ist es natürlich ganz anders. Da geht es „nur“ um Kundenbindung. Oder nicht? Evtl. wird mal Teams nur noch in A3 verfügbar sein. Das ist vom Datenschutz eh leicht besser und kostet nur ein „bisschen“ mehr. Soll man deshalb ein funktionierendes und eingeführtes System ablösen … sicher nicht. Vielleicht erhalten die Schüler sogar ab und an ein tolles Angebot für ein Surface Gerät … oder von anderen Partnern. Wollen wir das? Nein. Aber deshalb ein funktionierendes System ablösen….

      Dann stellen sich gleich noch andere Wettbewerbsfragen. Warum Microsoft und nicht gleich Google Education, was aus meiner Sicht noch nen Tick schlimmer ist. Aber darf man des eine verbieten und das andere empfehlen?

      Ich traue es meinen Oberstufenschülern zu differenziert und reflektiert mit Teams umzugehen. Aber bedenklich finde ich, wenn man einem 5. Klässler einen Office365 Account in die Hand drückt mit den Worten: „Das brauchst Du. Das gehört dazu, wenn Du bei uns mitmachen willst.“

      Es ist praktisch und funktioniert. Für eine komplette Schulschließung auch sicherlich eine Art „Eierlegende Wollmilchsau“. Aber wo soll das hinführen… Die Schulkantinen an Mc Donalds auslagern, wenn sie das kostenlos anbieten. Die haben das logistisch sicherlich gut drauf und die Schüler kommen gut damit zurecht…. Das ungesund kann man schon verkraften. Für die Verkehrserziehung finden sich dann sicherlich auch einige Automobilfirmen…

      1. Hm. Um in dem amüsanten Beispiel zu bleiben:
        „Cool wäre natürlich ein eigener Schulgarten, wo man das Essen anbaut. Und ganz bestimmt kommt auch ein Bauer mit Ahnung, notwendige Gartengeräte bis spätestens 2030. Bis dahin können die meisten Kinder halt in der Schule nichts essen. Das ist schade, aber allemal besser als FastFood. Denn natürlich trauen wir unseren Kindern nicht zu, jemals etwas anderes zu essen, wenn sie einmal FastFood probiert haben.

  6. Ich denke, der Punkt ist wirklich der, dass die Kollegen, die das Positionspapier veröffentlicht haben, nicht für alle Lehrer sprechen, sondern eben für diejenigen, die schon länger gern mit Moodle und co arbeiten. Es sind wahrscheinlich diejenigen, die bereits viel Zeit und Mühe investiert haben, um mit den vorhandenen Open-Source-Angeboten, die es ja zweifellos gibt, ein funktionierendes System an ihrer Schule aufzubauen – und die nun Angst haben, dass das umsonst war, weil das Land möglicherweise ein anderes – und aus ihrer Sicht schlechteres – System vorschreibt.

    Bei den Schulen, die noch gar kein funktionierendes System haben und auch niemanden, der bereit und fähig wäre, sich da einzuarbeiten, sieht es möglicherweise anders aus; die wären wohl über ein einfacher zu handhabendes System froh, auch wenn da Microsoft-Produkte drinstecken. Aber grundsätzlich kann ich die Einwände gegen Office365 schon nachvollziehen, wenngleich ich auch nicht jedes Argument plausibel finde. Ein Messenger-System halte ich schon für sinnvoll (aber dafür brauche ich auch kein Microsoft, da gibt es gute Alternativen).

    Um das Schulgarten-Beispiel noch ein bisschen zu strapazieren: In manchen Schulen gibt es noch gar nichts zu essen, die sind dann froh, wenn sie wenigstens Fast-Food geliefert bekommen. Aber manche Schulen haben schon den eigenen Schulgarten und kooperieren mit den lokalen Bio-Bauern – die sind dann verständlicherweise nicht erfreut, wenn sie das möglicherweise aufgeben und zu McDonalds wechseln sollen.

  7. Ich bin Software-Entwickler und verwende bei meiner Arbeit Teams. Als im Frühjahr der Lockdown begann, stieß ich auf das Education Angebot von Microsoft. Da ich kostenlos einen Teams-Dienst anlegen konnte, habe ich das mal für die Schule meiner Frau getan, habe ihn mit ein bisschen Leben gefüllt, ein paar Accounts eingerichtet, exemplarisch für Lehrer (meine Frau und zwei Kollegen) und Schüler (meine drei Kinder). Schließlich habe ich noch eine eMail verfasst, die man direkt an alle Eltern hätte schicken können mit einer kleinen Anleitung für die Installation/Verwendung im Browser oder auf dem Handy. Das hat mich einen Tag gekostet und das System hätte am Folgetag in Betrieb gehen können.
    Leider hat sich die durch Datenschutz-Diskussionen vollkommen verunsicherte Schulleitung dagegen entschieden und sich der in RLP angepriesenen Landeslösung zugewandt (MNS+). Diese besteht aus einer Ansammlung von Open Source Komponenten, von denen NextCloud noch am positivsten hervorsticht, die auf einem Windows Server IN DER SCHULE läuft (damit man damit auch den Windows Deployment Server für die Rechnerräume). Es gibt keine einfach funktionierende übergreifende Nutzerverwaltung, keine Messaging whatsoever, nicht mal eMails. Der Zugang von einem Handy aus funktioniert, wenn man eben mal den richtigen Link findet. Gewartet werden muss das System von einem Vollzeitlehrer, der jung, motiviert und vor allem kinderlos sein sollte. Separation of concerns? Clear responsibilities? Letzte Woche (!) ging das System dann live, inzwischen mit BigBlueButton als Videokonferenzsystem (https://www.golem.de/news/big-blue-button-das-grosse-blaue-sicherheitsrisiko-2010-151610.html) nach dem WebEx-Desaster unserer Landesregierung.Irgendwie funktioniert das auch, meine Frau legt Dateien mit Links in der Schulcloud ab. Arbeitet sich grade in die Formular-Funktionen von LibreOffice ein.
    Ich habe damals einige Schelte von meinen Kollegen für die Empfehlung von Teams bekommen, stehe aber immer noch auf dem Standpunkt, dass es bis jetzt (wo es immer dringender gebraucht wird) keine Lösung gibt, die auch nur annähernd an die kommerziell verfügbaren Systeme herankommt. Die akuten Anforderungen an ein solches System haben sich für mich in den letzten Monaten wie folgt dargestellt:
    – Kommunikation: Telefonate mit Eltern? WHATSAPP Gruppen? Emails die nur auf einzelnen Handys eines Elternteils empfangen werden können? Die SCHÜLER sollen mit den LEHRERN kommunizieren.
    – Endgeräte: in der Mittelstufe haben nur ein Teil der Kinder exklusiven Zugang zu einem Laptop, aber ALLE haben ein Handy
    – Data-Storage: Alle müssen jetzt erstmal lernen, was ein Dateisystem/eine Ordnerstruktur ist, bevor überhaupt an Inhaltliches gedacht werden kann.
    Dabei habe ich von digitaler Bildung noch gar nichts gesehen. Infrastruktur ist erstmal von Nöten. Danach können sich alle deutschen Lehrer dann von zu Hause in ihrer (nicht existenten) freien Zeit kollaborativ in digitale Bildungssysteme wie Moodle einarbeiten.
    Die akuten infrastrukturellen Probleme können alle mit kommerziellen (professionellen) Produkten gelöst werden. Sollten die damit einhergehenden Probleme (Datenschutz, Produktbindung,..) sich wirklich als solche herausstellen, werden die großen Anbieter sicherlich gegen einen kleinen Obolus Anpassungen/Änderungen/Verbesserungen vornehmen, vor allem, wenn sie sich den Education-Sector auf ihre Fahne malen wollen.
    Ansonsten kann die Bundesregierung (und nicht die Länder) ja von ihren 40 Mio. einfach eine gutes Softwareschmiede kaufen und sich was Einheitliches Bauen lassen. Vielleicht bewerbe ich mich dann ja da.
    Heute morgen hatte meine Tochter an ihrer Schule übrigens den ersten virtuellen Tag-Der-Offenen-Tür mit sechs Stunden Online-Unterricht inklusive einer Sportstunde draußen auf dem Hof. Mit Teams.

  8. Wir brauchen gar nicht darüber diskutieren, dass Teams oder Google Education wunderbare und mächtige Tools sind. Sehr geschmeidig, hip und einfach in der Nutzung.
    Wenn man als Schulleitung den Datenschutz ausblendet und nur etwas funktionierendes haben möchte, ist es sicherlich der einfachste Weg.

    Die Frage ist natürlich immer, wie man mit Schülerinnen und Schülern umgeht, deren Eltern nicht mit einer O365 Nutzung einverstanden sind. Fallen die dann hinten runter. Vorschreiben kann man es als Schule derzeit „noch“ nicht. Obwohl es hier wohl auch Schulleitungen gibt, die sanften Druck ausüben.

    Bedenklich ist, welche Informationen man als Teams Admin hat. Hier ist es ein leichtes eine „Scoring“ zur Nutzungsaktivität von Lehrer:innen und Schüler:innenn zu erstellen. Soll dieses Scoring dann irgendwann mal Beurteilungen oder Noten ersetzen und wer hat alles diese Informationen.

    Was mich noch stört ist die Teams App an Smartphones. Diese wird von vielen Schüler:innen genutzt und teilweise sogar von Schulen proagiert wird. Die Liste der Berechtigungen ist eher erschreckend.

    „Die akuten infrastrukturellen Probleme können alle mit kommerziellen (professionellen) Produkten gelöst werden. Sollten die damit einhergehenden Probleme (Datenschutz, Produktbindung,..) sich wirklich als solche herausstellen, werden die großen Anbieter sicherlich gegen einen kleinen Obolus Anpassungen/Änderungen/Verbesserungen vornehmen, vor allem, wenn sie sich den Education-Sector auf ihre Fahne malen wollen.“ –> Die Anpassungen werden schon lange gefordert. Bewegung insbesondere von Microsoft gibt es hier nicht.

  9. Der Rant zum Statement der GfI bzgl. Kollaboration beruht mMn schlicht auf Fehlinterpretation. Informatiker haben keinen Nachholbedarf in Sachen Kollaborationwerkzeuge. Sie haben vielmehr den Marketing-Bullshit aufgegriffen, von welchem sich Entscheider und LuL, welche bisher nicht in der Lage waren, ein Passwort einzugeben und sich jetzt als Digitalisierungsmotor betrachten, haben blenden lassen und etwas ironisch überspitzt verschriftlicht. Kollaboration wird nicht erst durch O365 möglich.
    Die GfI prangert die geballte Inkompetenz sämtlicher Verwantwortlicher an, welche ein dilletantisch geplantes Projekt (Ella) an die Wand gefahren, seitdem nichts auf die Reihe gebracht haben und nun mit dümmlicher Arroganz versuchen, unter völliger Missachtung von Grundrechten einen schwäbischen Deal mit einem US-Konzern einzutüten und sich dabei in mehrfacher Hinsicht über den Tisch ziehen zu lassen.

    Das Know-How ist da, sogar vor der Haustür (Stuttgart: Nextcloud und zahlreiche kompetente Dienstleister im Ländle, die sich nicht nur mit Microsoft-Zertifikaten schmücken). Teams und O365 lässt sich flächendeckend mit Nextcloud, OnlyOffice, BBB und Matrix substituieren. Und das ohne Komforteinbußen in bunt und ohne Massen-Profiling.

    Btw. Ob das Papier mit LibreOffice 6 oder einer noch früheren Version geschrieben wurde, ist völlig irrelevant und tut der digitalen Souveränität keinen Abbruch. Denn bei {Libre|Open}Office hält man sich an internationale offene Dateistandards (OASIS), welche über Jahrzehnte Bestand haben.

    TL;DR: Das Positionspapier war dringend nötig. ASV im selben Abwasch anzupreisen war aber tatsächlich ein nicht vernachlässigbarer Fauxpas. Spätestens da muss ich beipflichten. 😉

  10. Pingback: Baden-Württemberg: Schulen ohne Microsoft? - Grabenkämpfe um Bildungsplattform | Microsoft 365 für Lehrer

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert