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Der perfekte Lehrer-PC

IMG_20170512_131540_446Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich mir ein Surface Pro 4 als Arbeits-Notebook gekauft. Dabei handelt es sich um ein Tablet mit anklickbarer Tastatur, auf dem ein richtiges Windows als Betriebssystem läuft. Mit emuliertem Android-System als Programm konnte ich darauf meine Notensoftware und spezielle Apps laufen lassen und hatte gleichzeitig einen vollständigen PC mit meinem gesamten Unterrichtsmaterial immer dabei.

Das Gerät hat sich perfekt in meinen Unterricht eingefügt. Die Einbindung ging so nahtlos, dass es von mir nicht mehr als Werkzeug wahrgenommen wurde, sondern natürlicher Bestandteil des Unterrichts geworden ist. So wie ich nicht darüber nachdenke, auf die Armbanduhr zu schauen, habe ich nicht mehr über das Surface nachdenken müssen. Es lief einfach. (Hier eine längere Auseinandersetzung mit dem Gerät.)

Inzwischen haben sich acht oder neun Kollegen meiner Schule ebenfalls ein Surface Pro 4 gekauft und ich habe von niemandem gehört, dass er damit unglücklich geworden wäre – die meisten nutzen es sogar in gleich intensivem Maß wie ich.

Als Teil des Microsoft Surface Teams hat mir Microsoft in den Osterferien nun den Nachfolger zum Testen und Spielen zugeschickt: Das „Surface Book“. In diesem Team erhalte ich hin und wieder Einblicke in frühe Software-Versionen und werde als Lehrer gefragt, ob und wie mir diese oder jene Erweiterung gefällt. Die zuletzt veröffentlichten Mathe-Tools für OneNote sind so ein Beispiel, bei dem ich um Feedback gebeten wurde.

Bei dem „Surface Book“ handelt es sich um das MacBook-Äquivalent von Microsoft: Premium-Qualität zu einem Premium-Preis. Über 2000 € kostet das Gerät neu und es ist nicht nur der Preis, der mich zunächst skeptisch auf das Gerät hat blicken lassen.

Im Überblick:

  • das Book ist schwerer als das Pro 4
  • das Book braucht auf dem Pult auch mehr Platz – einen Kickstand sucht man hier vergeblich
  • ich kann keine MicroSD-Karte einsetzen – erst recht nicht dauerhaft, da der SD-Slot mit der Tastatureinheit verbunden ist. Meinen Onlinespeicher (OneDrive bzw. Dropbox) darauf umleiten wie beim Pro 4 geht also nicht, denn beim Abkoppeln der Tableteinheit würden Fehlermeldungen produziert.
  • das Book hat zwar zwei USB-Anschlüsse – keinen davon jedoch am Bildschirm. Will ich Peripherie anschließen, muss die Tastatur mit
  • Der Akku des Books hält ohne die Basis keine zwei Stunden durch, ein weiterer Grund, weshalb die Tastatur immer mit muss.

Hm.

Kein optimaler Beginn.

Nicht, weil das Book ein schlechter Computer wäre, sondern weil das Pro 4 einfach perfekt in meinen Alltag passte.

Ich habe dem Gerät trotzdem eine Chance gegeben und wurde positiv überrascht.

Zunächst einmal ist das Book natürlich saugut verarbeitet. Nichts knarzt oder klappert. Auf der Tastatur lässt sich stundenlang ganz fantastisch schreiben und das Glas-Mauspad ist das beste, das ich je in der Windowswelt gesehen habe. Alle Gesten (drei Finger zum Switchen zwischen Programmen, vier zum Wechseln der virtuellen Bildschirme) gehen flüssig von der Hand. Auch das entkoppeln der Bildschirmeinheit funktioniert jedes Mal. Aussetzer oder Systemabstürze habe ich kein einziges Mal gehabt. Kleine Details mach das Leben schön: Das Book hat bspw. keine Lüftungsschlitze unten, so dass man es problemlos auf einer Decke/dem Bett/dem Bauch ablegen kann, ohne einen plötzlichen Hitzetod befürchten zu müssen.

Im Vergleich zum Surface erscheint mir das Book auch noch einen Tick schneller. Anmelden, Programme starten, Bilder schneiden oder Bücher schreiben – alles geht völlig flüssig von der Hand. Man vergisst mit der Zeit, wie es war, als man noch richtige Festplatten in den Geräten hatte. Vom Neustart zum Desktop in unter 10 Sekunden – das macht schon Laune. Auch der Android-Emulator mit Tapucate startet gefühlt noch einen Tick schneller, als auf dem Surface. Zum handschriftlichen Schreiben habe ich den Bildschirm oft verkehrt herum aufgesetzt – also abkoppeln, umdrehen, ankoppeln. Auch hier keinerlei Probleme, wie sie zu Anfangszeiten berichtet wurden. Das Display ist doch ein ganzes Stück größer als beim Surface – wer viel zeichnet oder mit dem Stift arbeitet, wird es lieben.

Der Nachteil, stets den schweren Tastaturblock mitschleppen zu müssen gereicht mir insofern zum Vorteil, als dass die Akkulaufzeit des Books unfassbar ist. Ich komme drei ganze Arbeitstage ohne Steckdose mit dem Gerät aus. Das bedeutet bei mir: Immer wieder mal die Kamera nutzen, eine Doppelstunde über den Beamer ein Arbeitsblatt anwerfen und im Hintergrund den Emulator laufen lassen. Dazwischen viel Standby. Beim Surface Pro 4 musste ich, wenn ich mal in der 10. Stunde einen Film zeigen wollte, doch sicherheitshalber ein Ersatznetzteil parat haben (ich habe für alle Kollegen mit gleichem Gerät eines in meinem Fach liegen). Auch Fortbildungstage werden jetzt wirklich entspannt angegangen. Beim Book ist das kein Thema.

Im Unterschied zum kleinen Surface besitzt das Book überdies eine zweite, richtige Grafikkarte. Leider bin ich überhaupt kein Computerspieler. Ich habe früher nächtelang Sid Meier’s Civilization (und jede Menge anderen Kram) gezockt und das Book hätte auch mit dem aktuellen sechsten Teil der Reihe keine Probleme. Doof nur: Ich spiele nicht. Es erscheint mir wie sinnlose Zeitverschwendung und stets ärgere ich mich im Nachhinein, kostbare Lebenszeit an solchen Mumpiz vergeudet zu haben. Ich trauere meiner fehlenden Begeisterung selbst hinterher. Was haben wir früher mit dem Hex-Editor die DSA-Spiele zerlegt und editiert… hach.

Nach zwei Wochen im Einsatz ist meine Haltung zum Surface Book zwiegespalten.

Für einen reinen Arbeitsrechner – in meinem Fall also den Zweit-PC – empfinde ich das Gerät als zu schwer und too much. Eigentlich möchte ich in die Schule kein ganzes Notebook mitnehmen – da reicht mir ein kleineres, mobiles Gerät. Ich benötige ein vollwertiges Office, Stiftbedienung und Tapucate – dabei aber alles auf möglichst kleinem Raum. Die eigentliche Arbeit mache ich zu Hause.

Bei mindestens einem meiner Kollegen sieht die Sache anders aus: Er möchte keine zwei Computer haben, sondern nur ein einziges Gerät. Das Surface Pro 4 war ihm zu klein und wackelig – das Book dagegen entspricht exakt seinem Anforderungsprofil. Es ist ein vollwertiger Computer, mit dem man alles anstellen kann und das bei Bedarf ein vollwertiges Tablet sein kann, um mit Touch und Stift im Unterricht glänzen zu können. Ich selbst habe festgestellt, immer mehr Arbeit auf dem Book erledigt zu haben – nach und nach hat es meinen Haupt-PC ersetzt. Habe ich früher das Surface ausschließlich in der Schule genutzt, wird das Book von mir auch auf dem Schreibtisch eher mal angeschlossen. Ich kann gar nicht genau sagen, woran das liegt.

Plakativ könnte man sagen: Ich bin jetzt zwei Wochen mit einem Ferrari zur Schule gefahren. Wunderbares Fahrgefühl, ein Wahnsinnsgerät – aber halt ein Ferrari.
Eines ist mir nach den Wochen und Monaten wider Erwarten deutlich geworden: Ich werde so schnell kein anderes Gerät mehr nutzen – quasi der Fluch der Qualität. Äquivalent zu vielen Apple-Nutzern, die von sich auch stets sagen würden, sie würden niemals wieder auf ein anderes Produkt umsteigen, bin auch ich Ich jetzt so sehr an diesen Standard gewöhnt, dass mein nächstes Gerät ganz sicher wieder ein Surface wird, ungeachtet des Preises.

Nur die Frage, ob „Pro“ oder „Book“ ist noch nicht geklärt.

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Disclaimer: Ich arbeite nicht für Microsoft. Oder für die Leute hinter Tapucate. Aber ich würde gerne mal Sid Meier treffen. Ich bekomme weder Geld noch sexuelle Gefälligkeiten für den Artikel. Niemand (außer der geheimen Regierung der BRD GmbH und Xavier Naidoo) hat Einfluss auf diesen Artikel genommen. Ich schreibe nur aus Spaß und gedenk dem Techniktagebuch-Motto: „Ja, heute ist das langweilig! Aber in 20 Jahren!“ Ich habe keinen Zweifel, dass man mit Konkurrenzprodukten auch ganz wunderbar produktiv arbeiten und zufrieden sein kann.

11 Gedanken zu „Der perfekte Lehrer-PC“

  1. Ich kann deine Argumente voll und ganz nachvollziehen und habe es folgendermaßen gelöst:
    Ich habe einfach Surface Book UND Surface 4 Pro in der Schule mit 😀

    Zuhause ist das Book dank offiziellem Dock auch mein Hauptcomputer. Das SP4 wird auch dementsprechend selten genutzt, es langweilt sich hauptsächlich als Ebook-Reader und als Notfallbinnendifferenzierung, wenn SuS mich wieder mit ihrem Tempo überraschen.

      1. Sorry, mein Kommentar war ziemlich missverständlich formuliert… den Spectre benutze ich eher selten im Unterricht, sondern als „Wohnzimmergerät“ und zur Unterrichtsvorbereitung (OneNote-Stiftbedienung auf 15,6 Zoll… muss man erlebt haben…-). So *wahnsinnig* schwer ist er aber auch nicht (2 Kilo), weswegen er hin und wieder für Freistunden-Arbeit mit dabei ist. – In der Schule hingegen ist das Surface Pro 4 durch das Galaxy Tab S3 abgelöst worden, das akkumäßig deutlich bessere Leistung bringt. OneNote für Android ist mittlerweile wirklich brauchbar, v.a. die lange Zeit nervigen Syncprobleme scheinen jetzt gelöst zu sein. Grundstock sind OneNote, Notenbox und Xodo (beste PDF-App – auf PDF-Ausdrucke nach OneNote versuche ich mittlerweile weitestgehend zu verzichten, da sie unglaublich viel Speicher und Speed kosten), das läuft alles auch parallel und im Screensplitting wunderbar… darin, dass es in der Schule nicht too much sein muss, stimmen wir also überein. Für mich wäre das Surface Pro 4 mittlerweile aber auch schon ebendieses Too much…-)

        1. Hallo Matthias, bin seit kurzem auch im Besitz eines Galaxy tab s3, nutze onenote und notenbox, kannst du mir noch andere hilfreiche Apps empfehlen? Eine weitere Frage hätte ich auch noch, auf die ich im Netz keine Antwort erhalten habe: ist es irgendwie möglich, mit dem s-pen in geöffneten Websites Markierungen/Unterstreichungen zu setzen? Nicht im Screenshot sondern im normalen Surfmodus? Das tab s3 verbinde ich mit dem microsoft wireless Adapter mit dem Beamer, gibt es dafür auch eine hilfreiche App? Danke für deine Antwort.

  2. Danke für deinen Erfahrungsbericht. Ich bleibe bei meinem Surface Pro 4. Für mich ist es das ideale Lehrergerät. Auch allein deshalb, da ich nicht kostenlos an das Book komme 😉
    Ich selbst nutze mein Pro 4 als alleiniges Arbeitsgerät. Habe mir die Docking Station gekauft und daran hängt zu Hause ein 32 Zoll Monitor, sowie externe Tastatur und Maus. Perfekt zum Arbeiten. Die Power meines Pro 4 i5 8GB reicht aus um mit Photoshop, In Design und Premiere Pro zu arbeiten. Da ich ebenfalls nicht mehr spiele, vermisse ich die Grafikkarte nicht.

    So sehr ich (aufgrund deiner Empfehlung) Tapucate auch schätze, da es einfach die beste Lehrer App, mit dem größten Funktionsumfang, ist, so sehr nervte mich das ständige switchen in den Emulatur und das Umdenken von Windows- auf Androidbedienung. Mittlerweile bin ich zum TeacherStudio gewechselt. Für mich die zweitbeste Lehrerapp. Sie bietet zwar (noch) nicht ganz den Funktionsumfang von Tapucate, hat aber alles, was ich benötige, lässt sich am PC deutlich besser bedienen und läuft nativ unter Windows.

  3. Ist dir in der Zeit mit dem SP4 die faktische Unmöglichkeit einer Aufrüstung (SSD oder RAM)oder eines Akkutausches mal negativ aufgefallen? Was sagt der Akku des SP4 mit der Zeit? Kriegt das Gerät nach drei-vier Jahren eine zweite Karriere im Kinderzimmer, oder rechnest du mit dem Karriereende bei entsprechendem Nachwuchs? (Ich bin aus besagten Gründen ein begeisterter ThinkPad-Freund. Allerdings fasziniert mich ab und an der Gedanke, nur 786 Gramm statt 1,8 Kilo immer dabei zu haben…, na ja, plus 310gr Type-Cover)

    1. Da das Surface nur mein mobiler ArbeitsPC gewesen ist, bin ich von der Aufrüstungsschiene nicht so betroffen. 128 GB intern plus x via microSD-Karte dauerhaft eingebunden reichen völlig. Dazu ist das Gerät mit einem aktuellen i5 wahnsinnig schnell – ich nutze es allerdings nur für Office-Kram. Und da wird das Gerät auch in fünf, sechs Jahren noch schnell und leicht genug sein.
      Im Unterschied zum Smartphone sollen meine Computer schon einige Jahre halten.
      Ich habe bei meinem Surface nach einem Jahr des täglichen Gebrauchs keinerlei Einbußen festgestellt. Sehe das auch eher entspannt: bei meinem bald 4 Jahre alten Lenovo hält der Akku auch immer noch 3-4 Stunden (von damals 4-5) – so empfindlich sind die Dinger nicht. Und als Nachwuchs-Computer auf dem Schreibtisch in fünf Jahren ist das eh kein Problem.

  4. Hallo Markus – Apps gibt es einige, was genau suchst du? DIE App für PDF-Management ist für mich immer noch Xodo. Website-Markup mache ich über Sharing nach OneNote und/oder Copy/Paste aus Diigo und Pocket, so dass die Werbung herausgeschnitten und somit das Wesentliche fokussiert wird. So etwas wie Edge mit OneNote-Markup (wie unter Windows) ist mir für Android noch nicht begegnet, am nähsten kommt dem doch die „“Scrollaufnahme“. Gute Erfahrungen im Beamer-Szenario mache ich mit den GoogleDrive- und MS-Office-Apps, insbesondere aber OneNote und …Xodo – ferner BookCreator, SimpleMind, Plickers, Socrative…; experimentieren möchte ich demnächst wieder mit den Triptico-Tools, die unter Puffin laufen… etc. – Freue mich schon auf das Update vom Tab S3, die 32 GB sind mir echt eng geworden, zumal OneNote-Notizbücher ja nicht auf SD-Karte speicherbar sind. Oh wie schön und luftig da doch die 256 GB interner Speicher meines Note 8-Imports sind…-)

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