Zum Inhalt springen

Das Kohlensäure-Problem

Vor einigen Tagen stellte Jan folgendes Problem vor: Verringert die aufsteigende Kohlensäure in einem Glas Sprudel das Volumen?

Kohlensäure, wie der Laie sagt, liegt in Wasser immer als gelöstes Teilchen (Ion) vor. In dem
Mineralwasser wird während der Herstellung gasförmiges CO2 zugeführt, welches mit dem Wasser
sofort zu gelöstem CO2 (Hydrogencarbonat-Ion) reagiert

image

Unter hohem Druck und in einem geschlossenen System ist das Hydrogencarbonat-Ion nicht in der
Lage wieder aus der Lösung zu entweichen. Durch das öffnen der Flasche kommt es zu einer
schlagartigen Druckänderung und das Hydrogencarbonat fängt an zu „Sprudeln“. Dabei reagiert das
Hydrogencarbonat wie in Gleichung (1) gezeigt mit einem positiv geladenen Wasserstoff-Ion unter
Bildung von CO2 und Wasser. Da sich außerhalb der Flasche weniger CO2 als in der Flasche befindet
(Konzentrationsgradient) blubbert das CO2 so lange aus der Flasche, bis ein
Konzentrationsgleichgewicht mit der Umgebungsluft entstanden ist. Da die Menge an CO2 in einer
Wasserflasche nicht ausreicht um die Umgebungsluft zu sättigen blubbert fast das gesamte CO2 aus
der Flasche.

Nun zur Berechnung:

In einem durchschnittlichen Mineralwasser sind ca. 1000 mg/l CO2 gelöst. Theoretisch würde das
Wasserglas also um 1g leichter werden, wenn das gesamte CO2 aus der Lösung entweicht ist. Wie zu
erwarten war ist es in der Realität ein wenig komplizierter. Auch bei der Zugabe von 1g Haushaltssalz
zu einem Glas Wasser wir das Wasserglas nach dem Lösungsvorgang keinesfalls um 1g schwerer das selbe Volumen größer.
Da sich die Wassermoleküle beim Lösungsvorgang um die neu gebildeten Ionen anordnen kommt es
zu einer Änderung der Dichte der Flüssigkeit.
Die Dichte einer Flüssigkeit (p) ist definiert als der Quotient der Masse der Flüssigkeit (m) in kg und
dem Volumen (V) in m³.

image

Da die Dichte einer Flüssigkeit Temperaturabhängig ist gehen wir einfach davon aus, dass unser
Wasser eine absolute Temperatur von 21 °C hat diese Temperatur während der Rechnung konstant
bleibt, woraus sich eine Dichte von 998 kg/m³ ergibt. Außerdem muss davon ausgegangen werden,
dass das Wasser während dem Versuch nicht in die Gasphase übergeht (verdampft). Um ein
aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten, werde ich berechnen wie sich die Massen von 1000g Wasser
bei der Zugabe von 1g CO2 ändert, woraus der umgekehrte Fall ebenfalls erklärbar wird.
Nach den Gesetzen von François Marie Raoult lässt sich die Änderung der Dichte des Wassers bei der
Zugabe von 1g CO2 wie folgt berechnen:

image

image

[Wer Interesse am vollständigen Rechenweg hat kann mich gerne kontaktieren☺]
Nach dem Lösen des CO2 im Wasser besitzt die Flüssigkeit eine Dichte von 998,543969 kg/m³. Das
entspricht einer Dichte von 0,99854397 g/ml.

Aus der Formel für die Dichte (2) lässt sich nun eine Formel für das neue Volumen des Wassers
formen und mit dem Alten Volumen Vergleichen:

image

Daraus folgt:

image

Somit ändert sich das Volumen von 1l Wassers bei der Zugabe von 1g CO2 um 0,4556 ml oder anders
ausgedrückt:

Wenn man eine 1l Wasserflasche offen stehen lässt verliert das Wasser mit dem Verlust der
Kohlensäure 455,6 μl an Volumen.

10 Gedanken zu „Das Kohlensäure-Problem“

  1. „Da sich außerhalb der Flasche weniger CO2 als in der Flasche befindet
    (Konzentrationsgradient) blubbert das CO2 so lange aus der Flasche, bis ein
    Konzentrationsgleichgewicht mit der Umgebungsluft entstanden ist.“

    Ist das Gleichgewicht (Gleichgewichtspfeil fehlt) nicht vielmehr druckabhängig? Man kann über Partialdrücke indirekt auch Gaskonzentrationen bestimmen – schwierig ist da aber, dass du ein heterogenes Gleichgewicht mit zwei Phasen hast – für einen Gradienten brauchst du für die direkte Vergleichbarkeit besser homogene Phasen – ich kenne das z.B. aus dem Bereich der Osmose. Das Gas blubbert als raus, weil das den kleinsten Zwang darstellt und zudem ja zusätzlich aus dem Gleichgewicht entfernt wird (deswegen ist das Ganze strenggenommen auch gar kein Gleichgewicht, weil in dem offenen System ständig Produkt flöten geht). Bei deiner Erklärung über die Konzentration müsste die Reaktion in einem hohen, schmalen Glaszylinder, der nicht vollständig mit dem Sprudelwasser gefült ist, bald zum Erliegen kommen, da sich das Kohlenstoffdioxid durch seine hohe Dichte über dem Sprudel schnell anreichert.
    Flüssige Stoffe nehmen aufgrund ihrer vergleichweise hohen Dichte ein erheblich niedrigeres Volumen als Gase ein. Spannend wäre für mich eher eine Abschätzung, wie viel Wasser durch die aufsteigenden Gasbläschen verdrängt wird.
    Dazu idealisierst du ja ganz erheblich durch die Annahme, es seien lediglich Hydrogencarbonat- und Hydroniumionen gelöst – tatsächlich hast du ja ein hübsches Ionengemisch im Wasser. Bestimme mal die Dichte von (stillem) Leitungswasser in verschiedenen Region fair.
    Wenn du von 1000g Wasser ausgehst, musst du deinen Wert für ein Glas Wasser ja nochmal fünfteln. Ich schätze, dass der Beitrag der Gasbläschen da schnell in Regionen jenseits der Volumenzunahme durch das gelöste Hydrogencarbonat kommt – selbst unter Annahme aller Idealisierungen, die man als Lehrer gerne so macht…

    1. Hallo Maik,
      vielen Dank für deinen Comment 🙂
      Du hast völlig recht, was die Erklärung des „Rausblubberns“ angeht. Natürlich ist das „Gleichgewicht“ des rausgeblubberten Gases von einigen Parametern, wie Druck, Temperatur und Konzentration abhängig. Mir war es wichtig einen Parameter zu erläutern, der dazu führt, dass das CO2 überhaupt in die Gasphase übergeht. Aber, du hast recht. Mit einem Konzentrationsgefälle kann ich den Vorgang hier eher weniger erläutern. Ebenfalls gebe ich dir recht, was das Ionengemisch angeht. Dabei muss ich aber sagen, dass ich diese vereinfachte und idealisierte Form der Darstellung gewählt habe um einen kurzen Einblick in das Lösungsverhalten von CO2 zu geben. Diese Arte der Idealisierung sei der vielzahl an Lesern dieses Blogs geschuldet, die nur über eine geringe Kenntnis über die Chemie verfügen. Ich versuche die Verwendung von Reaktionsgleichungen und die genauen theoretischen Prozesse zu minimieren, damit jeder Versteht um was es geht.
      Natürlich befinden sich im Wasser noch verschiedenste Formen von protonierten und deprotonierten Ionen, doch eine ausführliche Ausführung dahingehend würde glaub ich den Rahmen sprengen, da sich dieser Blog auch nicht ausschließlich mit Naturwissenschaftlichen fragen beschäftig. Ich hoffe du verstehst warum ich so minimalistisch und idealisiert schreibe und danke dir nochmals für dein kommentar. 🙂

  2. „Auch bei der Zugabe von 1g Haushaltssalz zu einem Glas Wasser wir das Wasserglas nach dem Lösungsvorgang keinesfalls um 1g schwerer“.
    Echt??? Das halte ich für ein Gerücht. Wohin soll denn die Masse verschwinden?

    1. Hallo Wolfgang,
      vollkommen richtig. Ich entschuldige mich für diesen Fehler. Bin auch nicht immer ganz bei der Sache!!

      Eigentlich müsste es heißen:
      „Durch die Zugabe von einem bestimmten Volumen Haushaltssalz ändert sich das Volumen des Wassers nicht proportional zu der Zugegebenen Menge“

      LG

      Nils

  3. Hallo Nils,

    in der Formel Stoffmenge des Lösungsmittels ist dir ein kleiner copy paste Fehler unterlaufen. Das Tiefergestellte s muss wohl gelöscht werden. 😉

    Die Seite ist echt spitze, ich konnte das Problem und die Lösung gut nachvollziehen.

    Grüße Jessica

  4. Hallo Herr Steinbrück,

    ich hätte eine Bitte:
    Könnten sie mir den Rechneweg der Formel zukommen lassen?
    Stimmt die Berechnung auch für Zuckerhaltige Getränke?

    Vielen Dank,

    Hubert Walter

  5. Hallo. Mir ist schon seit langem aufgefallen , dass beim einschenken von Cola in ein Glas so viel Kohlensäure entweicht, dass das Getränk flau schneckt.

    Ich möchte kein Salz hinzugeben. Vllt hat ja jemand einen Tipp. Liegt es an der Form des Glases oder der Schnelligkeit des einschenkens???

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert