Vor einiger Zeit war ich mit meiner Tochter abends auf einer kleinen Abschiedsfeier. Dort bekam sie eine Rose geschenkt und zeigte sie mir stolz. “Hast du dich auch bedankt?”, fragte ich – wohlwissend, dass sie eben dies vergessen hatte.
“Hui… da kommt direkt der strenge Vater!”, murmelte jemand neben mir grinsend. Und einige Umstehende nickten zustimmend. “Armes Pädagogen-Kind.”
Ich habe mich noch kurz über dieses Ereignis geärgert nachgedacht. Nein: Geärgert. Denn solche Sprüche kamen ausnahmlos von Leuten, die keine Kinder haben. Das Thema “Erziehung” ist im Grunde ein Reizwort, nicht wahr? Eines, bei dem ich alle sehr schnell sehr empfindlich werden. Ein afrikanisches Sprichtwort sagt: „Man braucht ein ganzes Dorf um ein…“
Jaja.
Aber nicht mein Kind! Mir redet bitte schön niemand in die Erziehung rein. Oder?
Denn.. ja! Ich bin ein gar förchterlicher und geströnger Hörr Vater. Statt sich über die süße blonde Prinzessin mit der Rose zu freuen, habe ich nur mahnende Worte übrig. Aus der Sicht eines Außenstehenden bin ich der Böse. Zu streng. Zu unbarmherzig.
Aber: Hätte das garstige Kind einfach nach einer Rose gegraptscht und sie wie selbstverständlich gestohlen genommen, hätten sich die gleichen Leute über das schlecht erzogene Kind geärgert. “So eine Göre.” Aus Sicht der Außenstehenden… wäre ich der Böse! Oder nicht?
Erziehung ist hässlich, nicht wahr?
Jeder will gut erzogene, höfliche Kinder sehen. Inklusive mir. Ich kann es auch im Schulalltag nicht leiden, wenn die Schüler sich schlecht benehmen. Aber den Weg dahin möchte niemand sehen, nicht wahr? Strenge Eltern. Quengelnde Kinder. Konsequenz und Regeln in der Erziehung sind manchmal richtig anstrengend. Aber das katastrophale Ergebnis fehlender Erziehung darf ich jeden Tag in der Schule bewundern. Fragt mal Frau Rot.
Wenn ihr also das nächste Mal einen strengen Vater seht, der seinem Kind an der Kasse kein Überraschungs-Ei kauft… bestärkt ihn in seiner Entscheidung! Lächelt ihm zu. Nickt ihm zu. Kauft von mir aus dem Vater ein Überraschungs-Ei (besser keine Rose!). Aber nicht dem Kind! 😉
In Zeiten zunehmender Sittenverrohung, -verwahrlosung und Werteinflation finde ich die Pflege (und Einforderung) sozialer Umgangsformen wichtiger denn je!
„Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und
verachtet die Autorität.“
(Sokrates, Philosoph, 469-399 v.Chr)
Danke für den (?)Appell, lieber Jan, vielleicht bekomme ich jetzt bald an der Kasse ein Ü-Ei! Oder ist die Strenge bei Müttern normal?
Trotz Strenge benehmen sich meine Kinder sich aber nicht immer genehm (auch nicht in der Schule!)
Sie machen das schon gut.
Die Erziehungswissenschaftlerin in mir applaudiert Dir gerade! 😉