Meine Freundin Heike saß neulich mit mir in einer Pizzaria. Bei einem Glas Wein erzählt sie, dass sie eine Fortbildung gemacht habe. Und seitdem glaube sie, dass der Spruch „Love it, change it or leave it“ im Prinzip für alle Bereiche des Lebens gelte. Das Gute an dieser Art der Lebensführung sei, dass dann auch keiner mehr rummault, weil dann müsste er ja ändern, was ihn nervt. Und wenn er´s nicht ändert, dann muss er sich halt was anderes suchen: einen anderen Beruf, einen anderen Mann, einen anderen Chef. „Iskla“, sage ich.
Ja, ist klar? In der Zeit-online habe ich einen Kommentar gelesen, der in das selbe Horn stößt: http://www.zeit.de/kultur/2014-10/mely-kiyak-deutschstunde-papst
Der Papst hat wohl gesagt, eine Ehe sei Arbeit. Franziskus, dem ja wohl noch niemand unter die Bettdecke gepupst hat und der – so stell ich mir das vor – noch nie langweiligen Sex hatte, hat gut reden. Aber Franziskus ist bestimmt auch schon mal das Messer unter seiner Soutane aufgegangen, wenn sein Vorgesetzter ex cathedra Mist erzählt hat oder gemacht hat. Deswegen muss man seine Worte zur Ehe ja nicht direkt verwerfen, zumal er – und ich denke mal, das ist Konsens – ein Guter ist.
Wenn wir immer direkt gingen, wenn´s schwierig wird, dann gäbe es keine einzige lange Ehe und vermutlich nicht mal eine lebenslange Freundschaft. Dann müssten wir auch die Schule wechseln, wenn der Schulleiter nicht nach unserem Geschmack ist, und die Klassenleitung abgeben, wenn man merkt, dass die Kinder in die Pubertät kommen. Nein, ich liebe nicht alles immer in allen Bereichen meines Lebens, aber manche doofen Sachen kann man leider nicht ändern. Dann eben nicht. Dann doch eher wie Eva-Maria Zuhorst in „LIebe dich selbst…“ schrieb, dass man sich selbst ändern müsse. Ihr zufolge ist jede Beziehung ein kybernetisches System. Ändere ich mich resp. meine Haltung, dann ändert sich auch mein Gegenüber. Also: change it. Aber das ist auch nur graue Theorie. Manche Sachen machen einen einfach krank, da kann man drehen und reden wie man will. Aber ich finde der Papst hat recht: Liebe ist auch eine Entscheidung. Und ich kenne keine lange Ehe , in der nicht auch mal 10 Jahre echt Scheiße waren.
P.S.: Sagte ich, dass ich geschieden bin?
Da kann ich nur zustimmend nicken. Übrigens ich lebe sehr gut nach dem Spruch: Love it, change it or leave it! Es ist nicht immer leicht. Aber das hat ja niemand gesagt.
Deswegen sage ich gerne statt “Love it, change it or leave it”
“Accept it, change it or leave it”.
Meine Mutter sagte mir mal zu ihrer über Jahrzehnte sehr, sehr schwierigen Ehe: „Weißt du, ich war ja viele Jahre sehr verzweifelt. Aber dann habe ich deinen Vater zu meiner Aufgabe gemacht und aufgehört, für mich etwas zu erwarten. Von da an habe ich viel von dem bekommen, was ich, als ich jung war, so sehr entbehrt habe. Und jetzt im Alter leben wir gut miteinander. Ich bin so froh, dass ich nicht aufgegeben habe. Ich wäre vielleicht öfter fröhlich gewesen, aber ich hätte die wichtigsten Erfahrungen meines Lebens nicht gemacht.“
Oh je …. das ist schrecklich. Wie viele unserer Mütter haben nichts mehr für sich erwartet (und in ihrer Ehe auch nichts bekommen, außer zig Kindern, dummen Sprüchen und Hausarbeit)? Unsere Mütter waren finanziell abhängig und mussten sich eine Konstruktion bilden, die es ihnen ermöglichte, in dieser Ehe zu leben. Ich bin ambivalent: Ja sicher, das kann mann so sehen und viele alte Frauen sagen das so. Aber: Unglücklich und traurig sein ist schrecklich. Nicht für den Menschen, auch für die Kinder, die in dieser Struktur groß werden. In der Ehe bleiben um jeden Preis? Es gib hier in der Ecke ja viele Pietisten und die sagen dann, dass dann der himmlische Lohn nach dem Tod auf sie wartet (echt, kein Scheiß). An der Stelle bin ich draußen – sorry!
Vor kurzem gelesen:
„Wir sind in einer Zeit groß geworden, in der kaputtes repariert und nicht gleich weggeworfen wurde.“
Diamantenes Hochzeitspaar auf die Frage, wie sie es geschafft hätten die lange Zeit verheiratet zu sein.
„Love it, change it or leave it“ ist hübsch eingängig, aber als Lebensmotto scheinen die meisten nur „love it or leave it“ zu haben.
Denn meistens wird „geleavet“, wenn es mal schwierig wird.
Wobei das Problem meistens ganz woanders sitzt und daher der Ansatz zum „changen“ gar nicht da ist.