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Urlaubstagebuch #4

Ich bin ganz sicher, dass, wenn ich diese Reihe in einigen Jahren nochmal lesen werde, irritiert den Kopf schüttle ob des absurden Inhalts. Zu unwirklich, zu unwahrscheinlich scheint die Erzählung – und doch ist alles wahr.

Weil ich in der Nacht nicht habe schlafen können, bin ich durch unsere kleine Hütte gewandert und entdeckte plötzlich, dass es hinter einer der Fußleisten matt leuchtete. Als Physiker bin ich ja nicht ganz auf den Kopf gefallen und vermutete zuerst, dass im hinterliegenden Raum ein Licht brennen würde – aber das war nicht der Fall. Schritt für Schritt schloss ich Möglichkeiten aus (soweit man das nachts um 3 tun kann): Womöglich eine Reflektion oder Spiegelung von draußen? Negativ. Eventuell phophoreszierendes Silikon oder ein ähnlicher Kleber – aber das Schimmern verschwand nicht. Als vorletzte Möglichkeit (vor der letzten, die ich nicht wahrhaben wollte) vermutete ich eine Halluzination meinerseits. Ich weckte die liebste, geduldigste Ehefrau von allen, damit sie sich der Sache annähme. Gutgelaunt und dankbar, mir nachts assistieren zu dürfen, bestätigte sie das Schimmern. „Vielleicht ein Keller oder so“, murmelte sie schläfrig und ging wieder ins Bett.

Unbefriedigt blieb ich zurück und wartete auf das beständige Kratzen von kleinen Krallen (oder abgebrochenen Fingernägeln?) hinter der Wand. (Ich ahne, dass diese Geschichte euch zu wunderlich erscheint und gerne hätte ich nachts ein Foto von dem leuchtenden Spuk gemacht, indes, meine Kamera ist kaputt…)

Als wir morgens ins Auto steigen wollten, funktionierte der Funkschlüssel nicht. Und die Zentralverriegelung auch nicht. Und das Radio. Und die Zündung. Jemand (oder etwas?) hatte die Batterie leerlaufen lassen.

Ausgerechnet.

Wir erinnerten uns dunkel daran, dass Carolina in der Nacht jemanden ums Haus hatte schleichen sehen. Ich bat die wunderbarste Ehefrau von allen, in ihrer Funktion als Pastorin tätig zu werden und die bösen Geister zu verscheuchen, die uns so beheligten. Und sie tat, was ordentliche Pastoren in solchen Situationen eben tun: Sie sammelte eine Kollekte ein.

Zum Glück sind wir seit Jahren Mitglied im ADAC. Ich mache da gar keinen Hehl draus: Mir ist völlig egal, welche Mitgliedsbeiträge in welche Prunkbauten und Hubschrauberrundflüge versickern – die vertrauenerweckende Stimme am Telefon weckte ein tiefes Urvertrauen in mir. Nach nichteinmal zwanzig Minuten kam endlich ein großer Abschleppwagen den Waldweg entlanggepoltert. Bedauerlicherweise sprach der Fahrer kein einziges Wort deutsch. Oder englisch. Ich wußte nicht, ob das nun jemand vom ADAC ist oder irgendein anderer, dubioser Automobilclub. Also radebrechte ich stümperhaft: „Quelqu’un a tué la voiture!“ („Jemand hat mein Auto getötet!“ oder hatte ich gesagt: „Jemand hat im Auto getötet?“) Der Fahrer warf einen Blick auf den großen roten Fleck auf den Rücksitzen, sah mich mit großen Augen an und telefonierte anschließend hektisch mit irgendwem. Danach gab er mir erfolgreich Starthilfe und wies mich an, mir in die Werkstatt zu folgen. „Contrôler!“, sagte er und ich war unsicher, ob er mich, mein Vorstrafenregister, den blutigen Marmeladenfleck im Auto oder die Batterie meinte. In der Werkstatt dann ein ähnliches Spiel. Himmel, schämte ich mich für mein schlechtes französisch! Immerhin, die Kollegen dort waren sehr freundlich und störten sich nicht im mindesten daran. Alles wäre super – nur die Batterie war halt leer.

Schlechter Start in den Tag – aber letztlich war nichts schlimmes geschehen. Vermutlich hatte irgendein Trottel gestern Abend das Licht im Auto angelassen. Und meine Kinder sind nicht gefahren. Auch nicht meine Frau. Aber näher wird man diesem Geheimnis wohl nicht auf die Spur kommen.

Urlaubstagebuch #4 1Die Tropfsteinhöhle, unser eigentliches Ziel an diesem Tag, war indes ganz und gar zauberhaft. Nach einer beeindruckenden Anfahrt, zahlreiche, steile Serpentinen hinauf kamen wir in Aves Armand an. Dort fährt man mit einer kleinen Eisenbahn sechzig Meter unter die Erde und bekommt eine atemberaubende Führung (auf französisch – ich habe nichts verstanden) durch zahlreiche Stalaktiten und bis zu 30 Meter hohe Stalagmiten. Die ganze Höhle wurde bunt und in verschiedenen Farben beleuchtet und war schlicht wunderbar. Carolina hat in ihrem Leben noch nie was so schönes gesehen – Amélie begeisterte sich mehr für die kleine Zugfahrt.

Auf dem Rückweg noch kurz in einem Eisenwarengeschäft angehalten – heute abend will ich dem merkwürdigen Leuchten auf die Spur kommen.

4 Gedanken zu „Urlaubstagebuch #4“

  1. Oh, ein Urlaubskrimi in vielen Teilen! Ich bin begeistert und gespannt, ob sich Marmeladenfleck, Leuchteecke und leere Batterie im Nachhinein noch zu einem spannenden Kriminalfall zusammen fügen.
    Ah… der ADAC darf darin natürlich auch nicht fehlen. Denn die kennen sich ja aus mit kriminellen Energien. Ui. Ob sie mich nach dem Spruch noch umgehend abschleppen? Jedenfalls zahle ich dafür brav. Eine schöne Zeit weiterhin!

  2. Licht im Auto und Licht hinter der Leiste können aber in keinem Zusammenhang stehen? Auf jeden Fall der ultimativ spannende Urlaubsbericht. Und Hut ab vor deinem Familiensinn/der Liebe zu deiner Frau. Ich denke nicht, dass ich mich für einen Urlaub begeistern lassen könnte, bei dem ich schon im Vornherein von schlechtem Schlaf ausgehen müsste. Viele Grüße und -wenn auch meiner Leselust widersprechend- noch ein paar entspannte, nicht ganz so abenteuerliche Tage.

    1. Das Auto stand relativ weit weg von der Hütte – sonst wäre mir auch aufgefallen, dass ich jemand die Scheinwerfer nicht ausgemacht hat…

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