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Loriots Jodelschule

„Man, mit deiner Klasse kann man ja gut arbeiten“, spricht mir Herr Buhren ein Lob zu. „War eine gute Vertretungsstunde und ich glaube, die kommen jetzt besser miteinander aus!“
Ich nicke nur und lasse mir meine Irritation nicht anmerken. Wovon redet er?
Ich habe in meinem Berufsleben das Glück gehabt, eigentlich nur liebenswürdigen Kindern begegnet zu sein. Nicht immer einfachen – und viele hatten es faustdick hinter den Ohren. So sehr, dass ich viele Geschichten nur mit großem, zeitlichem Abstand schreiben kann. Aber es sind oft lustige Anekdoten und sie sind es mir wert, aufgeschrieben zu werden.

Ich erinnere mich daran, dass einer meiner Schüler in jener Vertretungsstunde so getan hat, als litte er unter dem Tourette-Syndrom. Schon zu Beginn der Stunde begrüßte er den Kollegen mit (anscheinend überzeugend) trauriger Miene, er würde deswegen von den anderen Schülern gehänselt und er, der Lehrer, möge doch bitte ein ernstes Wort sprechen. Der engagierte, junge Kollege nahm ihn denn auch in Schutz.
Mit ernsten Worten erinnerte er die Klasse an ein gemeinsames Miteinander.

An Verantwortung. An Freundschaft.

Worte, die auch ich benutzt hätte! Hand aufs Herz!

Und er ließ sich auch nicht davon irritieren, dass Jeremias zwischendurch immer wieder jodelte. Er konnte ja nach eigener Aussage nicht anders.
Die Klasse verfolgte diese Darbietung mit einer Mischung aus Staunen und Loyalität – und die Schüler lösten die Situation nicht auf, sondern nickten artig und entschuldigten sich in der Stunde sogar bei Jeremias für die angeblichen Hänseleien. Der jodelte wieder. Und zog das Affentheater auch die ganze Stunde durch.

Was für Halunken! Wie lieb ich sie hatte! Alle miteinander!

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