In den letzten Jahren sind in meiner Familie einige Traditionen entstanden. Rituale und Abläufe, auf die meine Kinder später verklärt zurückblicken und ein wenig wehmütig sagen werden: „Ach, das war doch schon irgendwie schön!“
Freitags zum Beispiel ist bei uns Kinotag. Wenn es irgendwie reinpasst, wird Popcorn besorgt und der Beamer angeworfen und wir schauen, wonach uns der Sinn steht.
Samstags ist Lesetag. Jim Knopf und Astrid Lindgren. Die drei Ausrufezeichen oder Stephen King. Audible oder Kindle.
„Papa, weißt du was morgen ist?“, erzählt mir meine 6jährige strahlend, bevor ich sie ins Bett bringe: „Morgen iiiissssstt..“, sie könnte auch auf dem Jahrmarkt die „letzte Runde, meine Damen und Herren, nur noch einmal und dann gehts rrrrruuuunnnnddd“ ansagen.
„Morgen iiissssttt… Familien-Schatzsuch-Tag!!!!“
Nicht nur wir Eltern haben das Recht, Familientraditionen ins Leben zu rufen. Also: Augen zu und durch.
Über viele Tage hinweg hat meine Tochter ihre Schatzsuche vorbereitet: Zettel geschrieben, Hinweise versteckt und einen Schatz zusammengestellt. Ich liebe ihre Begeisterung und ihren Eifer – aber zur Schatzsuche muss ich mich quälen. Ein Zettel mit einem „T“ soll mir zeigen, dass unter Omas Tttttteppich der nächste Hinweis zu finden ist. Ein winziger Zettel ist tief im Flügel ihrer kleinen Eule versteckt. Ich werde schier wahnsinnig. Es geht rauf und runter, ab in den Garten und wieder aufs Dachgeschoss. Am Ende habe ich knapp 3000 Schritte gemacht und bin innerlich genervt.
Ich liebe, dass meine Tochter so begeistert ist. Aber zwischendurch möchte ich mich einfach nur noch auf die Couch legen und schlafen.
Statt dessen steht Gartenarbeit an. Die Garten-Terrasse meiner Frau harrt ihrer Fertigstellung. Als Verfechter des Pareto-Prinzips ist es gut, dass aus mir kein Handwerker geworden ist. „Das passt doch!“, ist der häufigste Satz, den ich denke. Aber Opa toleriert solche Dinge nicht. „Wenn ich früher die Steckdose einen Millimeter schief angesetzt hätte, weißt du, was mein Chef dann gesagt hätte?“
Ich liebe, dass er so leidenschaftlich misst und schraubt und stemmt. Und ich liebe, dass meine Frau mit dem Kaffee in der Hand dabei steht und uns hilfreiche Tipps gibt. Aber zwischendurch möchte ich mich einfach nur hinlegen und schlafen.
Nur noch sechs Wochen, bis zu den Sommerferien.