Meine wunderbare mittlere Tochter hat heute mit Freund*innen ihren siebten Geburtstag nachgefeiert. Es gab Regenbogen-Kuchen und eine Zuckerwattemaschine und eine aufregende Schnitzeljagd mit einer Entführungsgeschichte, Flaschenpost, geheimnisvollen Rätseln und gruseligen Wikingern, die es zu befragen galt. Außerdem wurde gebastelt und gekreischt, gelacht und gejohlt.
Was für ein Tag!
Einer, in dessen Verlauf meine Smartwatch mich mehrfach fragt, ob ich nicht sofort einen Arzt aufsuchen wolle. Ein absoluter Horror. Und gleichsam wunderbar.
Gestern dagegen war einer der schlechteren Tage in meinem Leben: Bis spät in der Schule, in Klassen mahnend auftreten müssen; schwierige Gespräche gehabt und auch später noch gedanklich dort verhaftet geblieben. Kein schöner Geburtstag für meine Tochter.
Es ist diese Ambivalenz, dieses volle Leben, das ich manchmal bedaure aber bewusst gewählt habe. Den Beruf nicht nur auf Autopilot, sondern bewusst leben. Und zu Hause das volle Programm.
Jetzt sitze ich allein im Garten und genieße die Stille.
Weder Schüler noch Kollegen, die an meine Tür klopfen, keine ToDo-Listen und E-Mails. Und keine kleinen Prinzessinnen und Detektive, die um mich herumtoben. Alle Kinder sind im Bett und nur der Hund räkelt sich gemütlich zu meinen Füßen.
Vor vielen, vielen Jahren habe ich angefangen, meinen Kindern einen Brief zu schreiben. Eine Art Testament. Ein Abschiedsbrief.
Ich stelle mir vor, dass sie diesen Brief in vielen, vielen Jahren lesen. Schwelge heute in Vorstellungen über ein Morgen, so wie sie zukünftig in Erinnerungen an ein Gestern miteinander anstoßen. Vielleicht, wenn ich schon gestorben bin und sie eigene Familien haben. Ich stelle mir vor, dass wir weit entfernt voneinander sind – vielleicht unerreichbar weit weg. Und genau in diesem Moment – getrennt und doch verbunden über die vielen Jahre die zwischen uns liegen – erzähle ich vom heutigen Tag: Wie meine älteste Tochter mit viel Liebe und Geduld eine ausufernde Schnitzeljagd vorbereitet hat. Wie meine mittlere mit all ihren Freunden den Tag genossen und in sich aufgesogen hat. Und wie meine jüngste Tochter mit großen Augen diese neue Welt entdeckt und jeden neuen Morgen als Abenteuer erlebt.
Was für ein Tag.