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Revision und Hospitation in Klassenzimmer und Rathaus

Nach einem langen Schultag und einer Hospitation in meinem Unterricht habe ich den Abend im Rathaus verbracht, um meiner politischen Verantwortung gerecht zu werden. So anstrengend die Tage auch sind – es macht unglaublichen Spaß.

Ich hatte einer Kollegin angeboten, eine anstehende Revision an mir zu üben. Speziell den Part „Hospitation einer Unterrichtssituation mit anschließender Auswertung/Beratung“ empfand ich als tricky. Hinten drin sitzen und zuschauen ist natürlich leicht, aber im Anschluss ein zielführendes Gespräch anzuleiten, hat es in sich. Man braucht selbst ein grundsätzliches Verständnis von gutem Unterricht, Erfahrung in Bezug auf unterschiedliche Lerngruppen und einen Kollegen anschließend auf Schwachstellen in seinem Unterricht hinzuweisen ist in der Praxis selten vergnügungssteuerpflichtig.
Aber ich bin ein dankbares Hospitationsobjekt: Einerseits bin ich oft genug in geradezu kindlich-naiver Weise von meinem eigenen Unterricht so begeistert, dass ich keine Besucher scheue und andererseits so schlecht, dass es genug Gesprächsanlässe gibt, meine Stunden zu zerlegen.

Stunde und anschließendes Gespräch hat nicht nur mir Spaß gemacht, sondern auch der Kollegin.

Anmerkung: Es ist etwas anderes, ob eine Lehramtsanwärterin in meinem Unterricht hospitiert oder eine gestandene Kollegin. Letztere hat einen viel schärferen, viel erfahreneren Blick auf das Geschehen und kann pädagogische Taschenspielertricks gnadenlos erkennen. Wie wenn ein Zauberer die Vorstellung eines anderen Zauberers besucht und hinterher sagt: „Bei dem Kartentrick nach 10 Minuten ist dir kurz die Herz-Dame entglitten – aber du hast das Publikum ziemlich geschickt abgelenkt. Hat keiner gemerkt.“ „Außer dir..“ „…“

Hospitation im RathausAbends tagte dann der noch der Schulträgerausschuss meiner Verbandsgemeinde. Seit über einem Jahr bin ich nun auf ganz kleiner, kommunaler Ebene mit der Lokalpolitik beschäftigt. Anlass war meine eigene Unzufriedenheit: Ich kann nicht immer über Politik reden, zu allem eine Meinung haben und es auch besser wissen, ohne selbst politisch aktiv zu sein. Ich habe mich selbst nicht ernst nehmen können.

Nun sitze ich abends schonmal im Rathaus und darf als Mitglied einer demokratischen Partei das Land mitgestalten.

Eine Selbstbeobachtung, die mir heute Abend wieder aufgefallen ist: Auch wenn ich zwischendurch echt stöhne und die Arbeit nicht weniger wird: Dieser Teil meines Lebens erfüllt mich mit ehrlichem Stolz. Mehr als an anderen Stellen habe ich das Gefühl, uneigennützig für die Gesellschaft dieses Landes zu arbeiten. Nicht als Beruf, der mir Essen und Miete bezahlt. Sondern, gewissermaßen, als Dienst am Land. Wiederum eine kindlich-naive Begeisterung – aber sie erfüllt mich.

Die Tätigkeit bietet mir immer wieder eine neue Perspektive auf Schule. Einerseits erlebe ich Schule als Vater dreier Töchter. Außerdem gestalte ich Schule als Teil einer Schulleitung. Und nun auch als Politiker mit noch einmal anderem Blickwinkel.
Beispiel: Als Vater ärgere ich mich, dass im Sekretariat der Schule meiner Töchter niemand abhebt. Als Lehrer kenne ich die Belastung und Überlastung der Mitarbeiter*innen aus der Praxis. Und in der Lokalpolitik habe ich hoffentlich die Gelegenheit, vielleicht auf diese Missstände aufmerksam zu machen und etwas daran zu ändern: Mehr Stunden, mehr Wertschätzung, höherer Lohn.

An dieser Stelle bin ich derjenige, der hospitiert. Der vorsichtig seine Nase in neue Dinge steckt. Lernt. Zuhört.

Das erfüllt mich sehr.

 

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